Verkrustete Strukturen aufbrechen
Nach den Aufregungen des Sonntags fahre ich heute zuerst zum Bahnhof Friedrichstraße, um alle heimatlichen Zeitungen zu kaufen. Dort gibt es ein umfangreiches Sortiment von Tageszeitungen und zum Glück eben auch sämtliche Thüringer Ausgaben.
Mein Sonntag war ja schon geprägt von den vielen Telefonaten, die sich auf den gestern schon erwähnten Vorgang bezogen, den ich den drohenden Kulturskandal von Weimar nenne.
In einer Thüringer Tageszeitung lese ich die Stellungnahme der CDU Weimar: Es ginge gar nicht um das Pro und Contra Märki. Es ginge vielmehr um die künstlerische Zukunft des Staatstheaters. Es ginge um die Steigerung der künstlerischen Qualität. Es ginge um die Vermeidung von Substanzverlust und um die deutlichere Nutzung des „mentalen und künstlerischen Schubs“, der sich durch die Gründung des Staatstheaters ergeben habe. Es soll sogar um die Fortentwicklung des Programms gehen, um gegen Verkrustungen zu wirken. Soweit der wirklich entlarvende Text.
War es nicht die CDU-Landesregierung, die das DNT Weimar zwangsfusionieren wollte? Habe ich da irgendwas vergessen? Ich glaube, dieser Weimarer CDU, unter dem Kreisvorsitzenden Dr. Peter Krause, geht es nur um eine Fortentwicklung, nämlich all diejenigen „fortzuentwickeln“, die sich öffentlich zu eben diesem Herrn Krause samt seiner krausen Gedanken geäußert haben. Das meint aber nun wirklich nicht Fortentwicklung im eigentlichen Sinne, sondern schlicht und einfach fort zu jagen! Möglicherweise möchte Herr Krause ja in Zukunft das DNT zur leichten Muse entwickeln? Möglicherweise sollen touristische Überlegungen den Spielplan prägen? „Phantom der Oper“ soll ja lange ein sehr lukratives Geschäft versprochen haben.
Vielleicht will nun der leicht zu erkennende Freundeskreis Krause die kulturelle Messlatte schön tief hängen. Da stört natürlich jeder, der in den letzten Jahren in Weimar wirklich kulturelle Maßstäbe gesetzt hat. Welcher Hohn spricht aus den Zeilen, dass man über künstlerische Qualität debattieren wollte! Das, nachdem in den vergangenen Jahren die Qualität hart erarbeitet wurde, ja sogar gegen CDU-Kulturpolitiker durchgesetzt werden musste! Wenn jemand gegen Verkrustungen gewirkt hat, dann war es Stephan Märki und der Freundeskreis des DNT. Jetzt muss man nicht nur in Weimar, sondern auch zu Märki Farbe bekennen. Herr Krause fabuliert in der Presseerklärung, dass das Schauspiel gestärkt werden sollte. Das erinnert mich, an den seltsamen Begriff des „Kulturdarwinismus“, den eben dieser Herr Krause in einer Jenaer Zeitung benutzte. Jetzt erkennt man den Darwinismus! Erst hungert man die öffentliche Förderung für Kultur aus, um dann gönnerhaft die Spielstätten mit leichter Muse zu füllen. An eine Lesung aus den gesammelten Werken des Herrn Krause wird wohl sicherlich nicht gedacht sein. Ich glaube auch nicht recht, dass das DNT geeignet wäre, um es mit diesen seltsam verqueren Gedanken zu füllen. Vielleicht sollte man, konsequent der Anregung von Herrn Krause folgend, mindestens ein Stück im Schauspiel jetzt aber dringend auf die Bühne bringen: „Biedermann und die Brandstifter“ von Max Frisch!