Neue Website, neues Glück

In den vergangenen Wochen ging es etwas ruhiger in meinem Tagebuch zu. Warum? Mit der großartigen technischen Unterstützung einiger IT-Fachleute ist meine etwas in die Jahre gekommene Website und damit auch mein Tagebuch einer kleinen Frischzellenkur unterzogen worden. Als ich zu Beginn der letzten Woche das Resultat begutachten durfte, war ich nicht nur begeistert vom neuen Design, sondern musste auch über die Geschichte meines Tagebuches nachdenken, das ich seit mittlerweile knapp anderthalb Jahrzehnten regelmäßig führe.

Ursprünglich kam die Idee, Politiker in einem Tagebuch über ihren Alltag berichten zu lassen, von der Thüringer Allgemeinen, die in den frühen 2000ern das neue Medium des Internets über derartige Konzepte für sich zu erschließen versuchte. Da ich als einer der ersten Politiker – und noch recht junger Landtagsabgeordneter – das Internet für meine politische Arbeit intensiv nutzte, wurde ich gefragt, ob ich Lust hätte, an diesem Projekt mitzuwirken. Ich sagte zu – genauso wie übrigens Dieter Althaus und ein weiterer Abgeordneter aus Gotha. Und so kam es, dass wir begannen, zu schreiben.

Irgendwann verlor allerdings die TA das Interesse an der Sache, während ich erst so richtig loszulegen begann. Und so kam es, dass ich die Idee kurzerhand mitnahm und das Tagebuch auf meiner eigenen – damals noch sehr jungen – Website weiterführte. Damit war ich in gewisser Weise auch ganz vorn mit dabei, die Digitalisierung in meiner voranzutreiben und zu zeigen, welche bis dahin ungeahnten Möglichkeiten das WWW bot.

Mein Ehrgeiz war zunächst, jeden Tag, später zwei Mal pro Woche einen Eintrag zu erstellen. Bald musste ich allerdings feststellen, dass ein spannendes Tagebuch, das mehr ist als eine bloße Aneinanderreihung von Ereignissen, in so einer hohen Dichte kaum in Einklang mit meinem Berufsalltag zu bringen war. Deshalb entschied ich mich, weniger Einträge zu verfassen, die dann allerdings ausführlicher ausfielen und auch inhaltlich neue Tiefenschichten erschlossen. Das ist bis heute so geblieben.

Dabei war und ist mein Tagebuch nie ein Ein-Mann-Projekt gewesen. Das heißt, dass an der Entstehung eines Textes immer mehrere Menschen beteiligt sind und ich als Legastheniker auch gern noch einmal andere über meine Einträge schauen lasse. Zu meinen Unterstützern gehörten Viele derjenigen, die mich in meinem politischen Leben seit Langem begleiten – z.B. Frank Schenker, Stefan Wogawa oder auch Jan Imhoff. Für mich war immer wichtig, dass meine Gedanken bei den Lesern ankommen. Dazu muss aber nicht jede einzelne sprachliche Formulierung meine eigene sein. Außerdem verfahre ich so, dass Texte, die dem Inhalt oder den Gedanken nach nicht von mir sind, auch als solche – sprich: mit Verfasser – gekennzeichnet sind. Damit möchte ich Transparenz schaffen, damit der Leser weiß, dass in jedem Text, bei dem als Autor „Bodo Ramelow“ angegeben ist, auch wirklich meine Gedanken ausformuliert sind und nicht die eines Ghostwriters oder Beraters.

Mit den Jahren wurde meine Website immer stärker frequentiert – eben, weil ich hier vor allem während meiner Zeit als Landtagsabgeordneter viele politische Probleme adressierte und auch den einen oder anderen Skandal aufdeckte. Besonders letzteres führte auch immer wieder zu Gerichtsprozessen vor Pressekammern in Hamburg, Frankfurt oder München. Und nicht immer ging ich als Sieger aus ihnen hervor. Auch ich musste im Umgang mit dem Internet noch viel lernen. In einem besonders denkwürdigen Fall hatte ich aufgedeckt, dass Landesmittel auf einem sog. „Enkelkonto“ geparkt wurden, also offiziell als Fördermittel aus dem Landeshaushalt abflossen, aber inoffiziell – ohne dass es für sie einen Verwendungszweck oder Haushaltstitel gegeben hätte – auf sog. „Geschäftskonten„ lagerten. Als Beweis hatte ich unter anderem Kontoauszüge entdeckt, die ich im Internet veröffentlichte. Zwar hatte ich, um den Datenschutzregeln zu genügen, mit einem schwarzen Filzstift alle Individualdaten übermalt, allerdings nicht bemerkt, dass sie beim Scannen plötzlich durchschienen. Der Frankfurter Richter machte mich auf diesen Umstand aufmerksam und so verlor ich 1/3 des Prozesses – nicht ohne damit gelernt zu haben, wozu Tippex-Bänder gut waren.

Immer wieder gab und gibt es bei meiner Website ebenso wie bei meinem Twitter- oder Facebook-Account die Frage, ob es sich hierbei um offizielle Kommunikationskanäle des Freistaates Thüringen handle. Ganz klar: nein. In der Thüringer Staatskanzlei gibt es natürlich eine Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit mit vielen motivierten Mitarbeitern, die unsere tägliche Regierungsarbeit mit Bildern und Texten über mich begleiten. Aber Texte, die meine persönlichen oder gar parteipolitischen Positionen als Bodo Ramelow transportieren, erscheinen dort nicht, sondern werden von mir als Privatperson erstellt und auf meinen persönlichen Accounts veröffentlicht. Deshalb sind diese Profile allesamt bei der Frage nach meiner Funktion mit „Mensch“ gekennzeichnet. Die Verwaltungsrichter, die das einmalin einem Gerichtsstreit bewerten mussten, führten aus, dass dieses Vorgehen eine saubere Trennung darstelle und selbst für Laien klar erkennbar wäre. Wo der Ministerpräsident agiert, ist es die Thüringer Staatskanzlei, die amtliche Sätze auch als solche kenntlich macht und wo der private oder parteipolitisch agierende Mensch sich äußert, ist auch dies klar erkennbar.

Heute freue ich mich jedenfalls, dass mit der neuen Website auch mein Tagebuch einen Tapetenwechsel verordnet bekommen hat. Auf ein Neues! Langweilig wird es hier auch in den nächsten Jahren nicht. Das kann ich garantieren!