Von großen Prinzipien und konkreten Herausforderungen

Für einen Teil in meiner Partei ist die Sache klar, genau wie für die „linke“ Tageszeitung „junge welt“.
„Danke für Nichts“, so überschrieb der SDS Köln eine Grafik auf Facebook um meinen „vermeintlichen Verrat an der Sache“ auch visuell zu unterstreichen. Und die „junge welt“ schreibt: „Ramelow kippt um.“
Gar nicht zu reden von all jenen, die meinen, mir und der Welt auf Facebook oder Twitter oder auch persönlich per E-Mail mitteilen zu müssen, warum ich Verrat geübt und was nun mit mir zu geschehen habe.
Mich lässt das nicht kalt. Es verletzt mich, ja, es tut weh. Nein, ich habe nichts gegen kritische Debatten, gegen harte Auseinandersetzungen um inhaltliche Positionen. Was mich aber bewegt, ist der moralische Zeigefinger, ist die ideologische Keule und ist vor allem die mangelnde Solidarität. Fakten stören dabei manche in meiner Partei auch eher (um nicht zu sagen, dass sie verunsichern!). Kein Vergleich ist klein genug, als dass er nicht herangeführt wird, um meine vermeintliche Missetat herauszustellen. Ich bin 1999 bewusst in die PDS eingetreten, weil ich der Überzeugung war und bin, dass dieses Land eine starke Kraft links von der SPD braucht, ich habe mich für das Zusammengehen von Linkspartei.PDS und WASG als Parteineubildungsbeauftragter engagiert, bis an die Grenze des physisch und psychisch Zumutbaren, weil ich diesen Vereinigungsprozess für eine historische Chance für die Neuaufstellung der parteipolitischen Linken in Deutschland hielt. Ohne eine starke LINKE gäbe es heute keine Regierungsbeteiligungen in Berlin und Brandenburg und auch keinen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow. Ich habe aber die Aufgabe meiner Partei immer so verstanden, dass es uns darum geht, die konkreten Lebensbedingungen von Menschen in diesem Land zu verbessern. Wir tun das in dem Bewusstsein, dass wir letztlich eine andere Gesellschaft wollen aber uns ist eben nicht egal, ob es im hier und jetzt gelingt, konkrete Schritte zu unternehmen, auf diesem Weg voran zu kommen. Als Gewerkschafter habe ich jede Tarifauseinandersetzung genau in diesem Bewusstsein geführt: „Was kann ich konkret für die Beschäftigten im Unternehmen erreichen!“ Das war mal mehr, mal weniger erfolgreich und verband sich auch ab und an mit Niederlagen.
Mir war vom Zeitpunkt meiner Wahl zum Ministerpräsidenten des Freistaates Thüringen am 5. Dezember 2014 klar, dass die Beziehung zwischen dem Ministerpräsidenten und der Partei, der er angehört, nicht konfliktfrei sein wird. Deswegen habe ich auch gleich zu Beginn gegenüber dem Parteivorstand deutlich gemacht, wie ich meine Rolle sehe. Ich bin Mitglied der Partei DIE LINKE aus Überzeugung und Leidenschaft. Ich stehe zum Programm meiner Partei und das nicht nur mit Worten sondern auch mit Taten. Aber als Ministerpräsident des Freistaates Thüringen bin ich schon der Verfassung nach immer und zuerst dem Wohl des Freistaates und seiner Menschen verpflichtet. Im besten Falle lassen sich Programmatik meiner Partei und die Interessen meines Bundeslandes durchaus in Übereinklang bringen aber es wird auch Situationen geben, wo sich diese Übereinstimmung nicht herstellen lässt.
Seit ich zum Ministerpräsidenten gewählt wurde, trage ich Sorge dafür, dass wir in einem engen Austausch mit dem Parteivorstand und auch mit der Bundestagsfraktion sind. Wir haben dazu konkrete Vereinbarungen getroffen und führen auch regelmäßig Gespräche miteinander. Ich will ausdrücklich betonen, dass ich die solidarische Unterstützung meiner Arbeit durch die Partei- und Fraktionsvorsitzenden Katja Kipping, Bernd Riexinger, Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch sehr schätze, auch, wenn wir nicht in allen Fragen einer Meinung sind. Ich habe jedenfalls das Gefühl, dass wir immer bemüht sind, uns gegenseitig über die Schritte unseres Handels zu informieren und gemeinsam Verabredungen zu treffen.
So war das auch in den vergangenen Wochen. Ich weiß, dass gerade jene, die jetzt am lautesten rufen: „Haltet den Schuft“ sich ungern mit den konkreten Fakten befassen. Trotzdem kann ich es nicht ersparen darauf hinzuweisen, worum es bei der Entscheidung am gestrigen Freitag im Bundesrat ging.
Über Jahre gab es Debatten und Diskussionen um die Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen dem Bund und den Ländern. Es war klar, dass wir vor dem Hintergrund des Auslaufens der aktuellen Regelungen 2019 spätestens in diesem Jahr eine Neuregelung brauchten. Gerade die ostdeutschen Länder hatten ein hohes Interesse daran, zu einer Verständigung zu kommen, denn 2019 läuft auch der Solidarpakt II aus. Nach wie vor sind aber alle ostdeutschen Bundesländer auf Transferleistungen angewiesen, wiewohl ich auch immer betont habe, dass ich finde, dass solche Mittel nach dem wirklichen Bedarf eben nicht etwa nur Artern, sondern auch Bremerhaven oder Oberhausen zugute kommen sollten. Viele Sitzungen waren nötig, in denen ich immer eine hohe Solidarität der Bundesländer untereinander wahrgenommen habe. Wir wollten seine Lösung, die etwa auch Bremen und dem Saarland eine größere Handlungsfähigkeit gibt. Am Ende haben die 16 Ministerpräsidenten gemeinsam erreicht, dass der Bund ab 2020 grundgesetzlich garantiert 9,75 Milliarden Euro an die Bundesländer überweist. Für Thüringen sind das wahrscheinlich einige Millionen Euro mehr, aber nicht ansatzweise soviel, wie Thüringen bis dahin aus den Solidarpaktmittel verliert. Darin enthalten sind dann Mittel, die der Bund für den Hochschulausbau, die Sanierung von Schulen und Kitas beisteuern wird. Letzteres wird vor allem finanzschwachen Kommunen helfen. Und nicht zuletzt wurde im Zusammenhang mit den Verhandlungen auch der Unterhaltsvorschuss neu geregelt, der nun bis zum 17. Lebensjahr an alle betroffenen Kinder gezahlt wird.
All das taugt nicht dazu, den Sozialismus auszurufen aber es sind konkrete Schritte, die Lebensverhältnisse von Menschen zu verbessern und darum, so dachte ich jedenfalls bisher, ging es uns als Linken?
Dazu muss ich für alle ostdeutschen Bundesländer noch auf ein großes Risiko hinweisen. Wenn der Brexit vollzogen sein wird, dann werden wir Gefahr laufen, alle Mittel aus Europäischen Fonds zu verlieren. Noch ein Grund mehr, das alle Bundesländer solidarisch zusammen halten müssen. Die neuen Bundesländer würden auf sich selbst gestellt, diese dann anstehenden Verhandlungsrunden nur als Verlierer bestreiten können. 16 zu 1 ist eben keine Selbstverständlichkeit, wenn die Parteibücher der Ministerpräsidenten dem gemeinsamen Handeln im Weg stehen würden.
Und dann ging es eben auch um die Forderung des Bundes, die Verwaltung der Bundesautobahnen und Bundesfernstraßen zu übernehmen. Der Bund wird die alleinige Verantwortung für Planung, Bau, Betrieb, Erhaltung und Finanzierung von Bundesautobahnen übernehmen. Das Für und Wider mag man lange debattieren, ich finde, manches spricht dafür, hier die Planung zu zentralisieren. Bei der Frage nach der Steuerverwaltung habe ich jedenfalls für die LINKE in der FöderalismusKommission 2 (Föko2) genau diese Forderung unterstützt: Einführung einer Bundessteuerverwaltung um den einheitlichen Steuervollzug auch bei der Steuerprüfung in den Unternehmen endlich zu gewähren.
Die Debatte bei den Fernstraßen ging ja weniger um die Frage, wo die Verwaltung angesiedelt ist, sondern mehr um die Frage, ob garantiert ist, dass der Staat auch weiter uneingeschränkter Eigentümer der Bundesautobahnen bleibt. Es bleibt festzuhalten, dass die von der Großen Koalition gefundene Regelungen Hintertüren offen lässt. Ich empfehle dazu den Beitrag von Axel Troost (https://www.axel-troost.de/de/article/9569.die-quasi-privatisierung-der-%C3%B6ffentlichen-fernstra%C3%9Fen.html) , der das recht ausführlich darstellt. Ich habe in dieser Frage keinen Dissens zu Fraktion und Partei. Aber erwähnen möchte ich doch, dass Thüringen in der Frage der Bundesfernstraßenverwaltung sofort eine Protokollerklärung abgegeben hat und eine Anstalt Öffentlichen Rechtes verlangt hat. Später haben wir noch Gutachter beauftragt um unsere Argumente zu schärfen. Da ging es immer darum, die Privatisierung durch die Hintertür zu verhindern. Ich habe da den Finger als allererster im Kreis der Ministerpräsidenten in die Wunde gelegt.
Die Ministerpräsidenten hatten sich auf Grundzüge des gesamten Paketes der Länderfinanzen verständigt, dass all die gerade beschriebenen Regelungen beinhaltet hat und ich habe zugestimmt, weil die gefundene Lösung für mein Bundesland eine absolut akzeptable war. Nicht die bestmögliche aber eine, mit der ich in der Lage bin, weiter Politik zu gestalten.
Es sei am Rande erwähnt, dass in dem Moment, wo sich meine Partei vor allem mit der Entscheidung des Bundesrates und dem Abstimmungsverhalten der drei Regierungen mit Beteiligung der LINKEN befasst, die Fraktionen von LINKEN, SPD und GRÜNEN im Thüringer Landtag, dass beitragsfreie Kitajahr und ein Investitionspaket von 100 Millionen Euro für die Thüringer Kommunen auf den Weg gebracht haben. Reformpolitik real und praktisch!
Ich stand also vor der Frage, ob ich eine einstimmig unter den Ministerpräsidenten gefundene Vereinbarung aufkündige, mich distanziere oder ihr im Bundesrat zustimme. Diese Frage hatte ich zu entscheiden. Gemeinsam mit dem Parteivorstand, der Bundestagsfraktion, mit Christian Görke und Klaus Lederer haben wir diese Frage intensiv besprochen. Meine Haltung ist klar: Wer Solidarität einfordert, muss sich auch solidarisch zeigen. Deswegen habe ich in meiner Rede im Bundesrat am Freitag die Begleitregelungen zu den Bundesfernstraßen klar kritisiert und gemeinsam mit Brandenburg und Berlin den Versuch unternommen diesen Giftzahn der ÖPP-Finanzierung bei Autobahnen vorher zu ziehen.
Damit wir diesen Versuch starten konnten, erwarteten unsere Koalitionspartner ein klares Bekenntnis zu dem Paket der Länderfinanzen und deshalb habeich genauso deutlich gemacht, dass meine Landesregierung dem Gesamtpaket zustimmen werde. Und wer meine Rede liest, der wird auch feststellen, wie korrekt oder eben auch nicht, die „junge welt“ so zitiert. Da wird aus:
Und ehrlich gesagt, die Reden, die ich gestern im Deutschen Bundestag gehört habe, und zwar unabhängig vom Parteibuch, waren eher bei mir so, dass ich gedacht habe tatsächlich, wir sind Bittsteller, wir sind Bettler, wir sind irgendwie undankbar, undankbare Kinder, die viel zu viel verlangen. Das ist eine Haltung, die mir sehr weh tut, weil ich das Gefühl hatte, dass die eigenen Bundestagsabgeordneten nicht mehr aus unseren Bundesländern kommen, sondern von einem anderen Planeten.“
der Satz:
Gegen die eigenen Genossen stänkern und sich den Herrschenden anbiedern: Beides konnte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) am Freitag wieder einmal nicht lassen. Im Bundesrat ergriff er vor der Abstimmung über die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen das Wort: »Ich hatte das Gefühl, dass die eigenen Bundestagsabgeordneten nicht mehr aus unseren Bundesländern kommen, sondern von einem anderen Planeten.«”
Das ist die journalistische Qualität der “linken” Tageszeitung “junge welt”.
Berlin, Brandenburg und Thüringen haben mit der Anrufung des Vermittlungsausschusses den Versuch unternehmen, die Frage der Bundesfernstraßen nochmals aufzurufen und eine andere Regelung zu erreichen. Wir haben hierfür keine Mehrheit gefunden. Jede/jeder mag nun abwägen, ob es diese Frage rechtfertigt, den anderen 13 Ländern die Solidarität zu verweigern.
Ich finde das nicht.
Deswegen hat Thüringen am Ende mit „JA“ gestimmt und ich würde mir wünschen, dass wir weniger ideologisch und besser konkret diskutieren. Wir erreichen wir eine gesellschaftliche Stimmung, die dazu führt, dass das „Öffentliche“ auch öffentlich bleibt. Gemeinsam mit anderen aus meiner Partei habe ich gestern eine Volksabstimmung zu dieser Frage gefordert aber auch dafür braucht es Mehrheiten, sonst haben wir zwar ein schönes Programm aber bewirken werden wir nichts.
Und deswegen habe ich mich gestern mehr darüber gefreut, dass der Bundesverkehrsminister Thüringen schriftlich mitteilte, dass die Elektrifizierung der „Mitte-Deutschland-Verbindung“ kommt, was die konkrete Schienenanbindung vieler Menschen zwischen Weimar und Chemnitz verbessert und unsere Fachleute beziffern das Investitionsvolumen auf rund 250 Mio. Euro.
Auch dass wir gestern die Verwaltungsvereinbarung zur Fortsetzung der Braunkohlesanierung abschließen konnten kann man noch mal mit rund 100 Mio Euro beziffern und dass ich mit dem Bayerischen Ministerpräsidenten, Horst Seehofer, weiter im Gespräch bin über die Reaktivierung der Höllentalbahn zwischen Thüringen und Bayern rundet meine Wahrnehmung des Freitags ab. Konkret und Schritt für Schritt kommen wir voran und das macht mir Mut und ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass dann vielleicht sogar der SDS in Köln noch mal überlegt, ob „Danke für Nichts!“ da die richtige Parole ist. Ausgerechnet von einer Studierendenorganisation aus einem Bundesland, in dem die neue Landesregierung Studiengebühren wieder einführen will und Kindergärten wieder kostenpflichtig werden sollen. Am gleichen Tag startete in Thüringen die Gebührenfreiheit im letzten Kindergartenjahr, als Einstieg in die Gebührenfreiheit für Bildung und Betreuung! Danke für nichts, von Linken Studierenden deutet eher auf Wahrnehmungsstörung oder größeren Qualitätsmängel in der bisherigen Bildung hin. In Thüringen freut man sich auf die Gebührenfreiheit, die MDV, die Wismutsanierung, Braunkohlesanierung und gesicherte Landesfinanzen.
Ich bin dann doch bei meiner Landes- und Fraktionsvorsitzenden, Susanne Hennig-Wellsow:
Wieder einmal hat sich bewiesen, dass Wolfgang Schäuble keine Skrupel kennt. Im schmutzigen machtpolitischen Geschäft liegt seine Begabung. Mit Rückendeckung der Kanzlerin hat er auf Erpressung gesetzt.
Mittel aus dem Länderfinanzausgleich und Regionalisierungsmittel gibt es nur gegen politisches Wohlverhalten.Mit der Koppelung der Bund-Länder-Finanzen an die Gründung einer privatrechtlichen Infrastrukturgesellschaft erleben die Landesregierungen in Thüringen wie auch Brandenburg und Berlin jetzt dasselbe, was der griechischen SYRIZA-Regierung 2015 widerfuhr: Die deutsche Bundesregierung macht gnadenlos Politik auf dem Rücken der Bevölkerung.
Wolfgang Schäuble ist bereit die Zukunft der Bürgerinnen und Bürger in diesen drei Bundesländern zu opfern, um parteipolitische Interessen von CDU und CSU und Lobbyinteressen durchzusetzen. Er ist bereit sie nach Auslaufen des Solidaritätszuschlages finanzpolitisch ausbluten zu lassen.
Letztlich hatten wir als kleine ostdeutsche Bundesländer gegen die geballte Macht der Bundesregierung und ihrer Verbündeten kaum eine Chance.
Doch – um es mit Erich Kästner zu sagen – wir sind nicht bereit den Kakao durch den man uns zieht, auch noch zu trinken. Wir haben die Auseinandersetzung verloren, aber bleiben bei unserer Position:
Die Infrastrukturgesellschaft ist die Vorbereitung einer Privatisierung der Autobahnen und Bundesfernstraßen, die die Bürgerinnen und Bürger teuer zu stehen kommt. Politisch lehnen wir ÖPP-Projekte ab. Nur mit Zwang und Erpressung konnte die Bundesregierung die Verfassungsänderung durch den Bundesrat bekommen.
DIE LINKE und DIE LINKE. Thüringen werden gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern weiter alles tun, um die vollständige Privatisierung unseres Fernstraßennetzes zu verhindern & fordern ua. deshalb eine Volksabstimmung gegen die Autobahnprivatisierung.”
In diesem Sinne: Ein erholsames Pfingstwochenende!

Zum Nachlesen meine Rede vom 2. Juni 2017 im Bundesrat:
Rede Ministerpräsident Bodo Ramelow beim Bundesrat am 2. Juni 2017
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
meine sehr verehrten Damen und Herren,
wenn man den gleichen Sachverhalt aus verschiedenen Perspektiven betrachtet, kommt man durchaus zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen. Die Kolleginnen und Kollegen, die vor mir gesprochen haben, haben Wert gelegt auf die Feststellung, dass unsere Solidarität unter den 16 Ländern bei den Verhandlungen über den Länderfinanzausgleich und die Länderfinanzbeziehungen unsere gemeinsame Kraft waren. Dieser Formulierung schließe ich mich ausdrücklich an. Ich will aber einen Hinweis geben, weil ich mir selber treu bleiben will. Am 29. Mai 2009 habe ich meine letzte Rede als Mitglied des Deutschen Bundestages gehalten. Es war die Rede zum Abschluss der Föderalismuskommission II und es war mein Hinweis, dass ich die Kolleginnen und Kollegen davor warne, den gleichen Fehler zu machen, der am Abschluss der Föderalismuskommission I auch schon gemacht wurde. Nämlich, dass die Länder auseinandergetrieben wurden, dass die Länder gegeneinander in Stellung gebracht wurden und dass es auch mit dem Ergebnis der Föderalismuskommission I Ergebnisse gegeben hat, die ich gestern im Deutschen Bundestag wieder gehört habe von den gleichen Akteuren, die ich gebeten habe, der Grundgesetzänderung nicht zuzustimmen.
Stichwort Kooperationsverbot. Meine Formulierung war, „Gebt bitte eure Hand nicht dafür her, das Kooperationsverbot in das Grundgesetz aufzunehmen, sondern sorgt dafür, dass das was der Bund vorgibt an einheitlichen Lebensbedingungen in ganz Deutschland über die Finanzbeziehung auch so ausfinanziert wird, damit wir es in allen Ländern auch erfüllen können.“ Und die Umwechslung des Föderalismus zum Wettbewerbsföderalismus – ich bin froh, im Deutschen Bundesrat davon nichts mehr zu hören und ich bin froh, dass Frau Kramp-Karrenbauer auf die Solidarität hingewiesen hat, aber ich erinnere mich: Im Deutschen Bundestag gab es da große Freude auch von Parteien, deren Ministerpräsidenten anschließend das ausbaden müssen, wenn man Bundesländer unterfinanziert und gegeneinander in Stellung bringt. Ich erinnere mich gut als Mitglied der Föderalismuskommission II, dass wir am Beispiel von Bremen, Saarland und Schleswig-Holstein ein Benchmarking der Haushalte gemacht haben und festgestellt haben, es wäre gut und richtig, wenn an diesen drei Haushalten deutlich gemacht wird, dass eine Entschuldung notwendig ist, damit wir die drei Bundesländer, heute würde man sagen, „nicht weiterhin in griechische Verhältnisse stürzt“, also rausnimmt aus der Solidarität der Länder, finanziell knapp stellt und anschließend sagt, aber erfüllt mal eure Aufgaben.
Und das selbe gilt, meine sehr verehrten Damen und Herren, für die Solidarität der neuen Länder, die eine besondere Kraftanstrengung erfüllen müssen, nämlich aus der teilungsbedingten Sonderlast, aus der Schwäche der Entwicklung auch der Wirtschaftsbeziehungen eine eigene Kraft zu entwickeln. Ich will das Beispiel mal sagen. Wenn ein einheitlich in Deutschland agierender großer Konzern seine Produktionsstellen in einem der neuen Bundesländer hat, ist die Haltung der Konzernzentrale so ähnlich, als ob diese Produktion auch in China oder sonst wo ist. Denn aus der Sicht der Konzernzentrale wird die Steuer am Sitz des Unternehmens generalabgerechnet und in meinem Bundesland und in allen anderen neuen Bundesländern können wir besichtigen, ich will jetzt keine Namen nennen, aber Körperschaftssteuer oder Kommunalsteuer geht gegen Null. Die höchsten Anteile an Steuern, die wir aus diesem Teil der Produktion erzielen, ist der Anteil der Lohn- und Einkommenssteuer der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Deswegen sind wir durchaus dankbar, dass auch diese verlängerten Werkbänke Teil unserer Wirtschaft sind.
Aber wenn wir nicht unsere kleinen und mittelständischen Betriebe hätten, aus denen langsam erst die neue Kraft erwächst, wären wir ziemlich monokausal alleine gestellt, weil die Frage der Steuererhebung und der Steuerkraft, die wir abrechnen, liegt nach wie vor etwas über 60 Prozent. Das heißt, wir haben eine Eigenfinanzierungsquote als neue Bundesländer, die uns dann doch nochmal in einer besonderen Situation zu allen Bundesländern stellt.
Deswegen, meine Damen und Herren, bin ich froh und dankbar, dass gemessen an meiner Rede vom 29. Mai 2009 ich die Solidarität aller 16 Länder erlebt habe bei der Frage, wie ist unser Verhältnis 16 zu 1, also unser Verhältnis zur Bundesregierung und zum Deutschen Bundestag. Und ehrlich gesagt, die Reden, die ich gestern im Deutschen Bundestag gehört habe, und zwar unabhängig vom Parteibuch, waren eher bei mir so, dass ich gedacht habe tatsächlich, wir sind Bittsteller, wir sind Bettler, wir sind irgendwie undankbar, undankbare Kinder, die viel zu viel verlangen. Das ist eine Haltung, die mir sehr weh tut, weil ich das Gefühl hatte, dass die eigenen Bundestagsabgeordneten nicht mehr aus unseren Bundesländern kommen, sondern von einem anderen Planeten. Als ob sie bei der Fahrt über die Landesgrenze auf einmal eine neue Perspektive auf das gleiche haben, was wir am Ende bei uns vor Ort erfüllen müssen. Kollegin Kramp-Karrenbauer hat er gerade erläutert.
Wenn im Kreis oder in der Stadt etwas fehlt, kriegen wir von den gleichen Bundestagsabgeordneten die Briefe. Da steht dann drin, was wir denn doch alles tun sollen. Wenn wir dann die gleichen Abgeordneten fragen, woher bekommen wir dann bitte das Geld, vergessen die irgendwie, dass sie damit was zu tun haben. Das ist eine seltsame Situation. Und so kam ich mir gestern über weite Teile in der Debatte vor.
Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, Winfried Kretschmann hat darauf hingewiesen und ich will es nochmal deutlicher unterstreichen. Der Soli in den Finanzbeziehungen zu den neuen Ländern, die Bürger draußen denken nach wie vor, also da gibt es ja viele Mythen, nur die Westdeutschen zahlen, die Ostdeutschen zahlen nicht oder die ostdeutschen Länder damit richtig reich und fett gefüttert, nur 2019 haben wir aus den Finanzbeziehungen gar nichts mehr. 2019 endet die letzte Überweisung, die die neuen Länder aus dem Soli bekommen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, werter Finanzminister, Bundesfinanzminister, der jetzt nicht mehr da ist, aber zur Wahrheit gehört doch, dass nach der aktuellen Steuerschätzung und der Prognose und der Hochrechnung im Jahr 2020, wenn die neuen Bundesländer Null bekommen aus dem Steueraufkommen, der Bund 20 Milliarden Einnahme generieren wird. Es ist nicht abgeschafft worden. Die Einnahmeseite ist nicht abgeschafft worden. Die Verteilungsseite ist abgeschafft worden. Deswegen, Kolleginnen und Kollegen, habe ich sicherlich immer wieder genervt im Kreis der Ministerpräsidenten und habe gesagt, wollen wir nicht mal gemeinsam über den Soli reden, also über das Volumen der 20 Milliarden und sagen, einen Teil davon für die neuen Ländern, für die teilungsbedingten Sonderaufgaben, aber der größere Teil, das war jedenfalls immer meine Sicht auf die Dinge, verteilt nach den Methoden wie auch die europäischen Gelder verteilt werden.


Der, der Strukturhilfe braucht, um sich damit besser aufzustellen. Die Zielrichtung ist nicht eine dauerhafte Abhängigkeit von diesem Geld, sondern die Zielrichtung soll eine Investition sein, damit diese benachteiligten Regionen sich besser entwickeln. Und da sage ich ganz entspannt, dazu gehört Bremerhaven genauso wie bei mir Artern. Also das hängt doch davon ab, wie die Situation vor Ort ist und wer dort Hilfe braucht, der muss diese Hilfe auch gezielt bekommen. Das war jedenfalls meine Überlegung. Ehrlich gesagt hat am Ende kein Mensch mehr über den Soli reden wollen, weil öffentlich wahrgenommen wird, endlich muss der Soli abgeschafft werden, und tatsächlich bekommen die neuen Länder keine Auszahlung aus dem Soli mehr, aber abgeschafft ist er auch nicht. Deswegen bleibe ich dabei, der Bund macht sich einen schlanken Fuß, behält 20 Milliarden und wir sollen dankbar sein für die 9,7 Milliarden, die jetzt auf alle 16 Länder verteilt werden. Also 16 Milliarden hatten wir vorher mal für sechs neue Länder einschließlich Berlin. Aber 9,7 Milliarden verteilen wir jetzt unter uns und dafür sollen wir dankbar sein. Für die Halbierung des Geldes sollen wir dankbar sein. Liebe Kolleginnen und Kollegen, also mein Mathematikunterricht hat mir zumindest gesagt, dass die Hälfte von was eben die Hälfte ist und nicht das Doppelte. Dafür kann ich also keine doppelte Dankbarkeit entwickeln, sondern einfach nur sagen, das Geld ist gut angelegtes Geld. Ich bin froh, dass wir 16 Länder untereinander dann gesagt, okay diesen Streit führen wir jetzt nicht mehr parteipolitisch untereinander, wir lassen uns auch nicht mehr auseinander dividieren.
Die Südländer haben andere Interessen als die Ostländer, die Nordländer andere Interessen als die Südländer, das hängt mit der jeweiligen geographischen Lage und damit mit der Herausforderung zusammen, die wir dann zu stemmen haben. Aber, und darauf hat Kollegin Kramp-Karrenbauer gerade Wert gelegt und das unterstreiche ich, im Grundgesetz steht drin, der Auftrag im Föderalstaat der Bundesrepublik Deutschland, gleiche Arbeits- und Lebensbedingungen für alle Bürger, ist nach wie vor Verfassungsauftrag. Und wenn in unterschiedlichen Situationen es nötig haben, dort eigentlich ausfinanziert zu werden, dann ist es schwierig, wenn man uns immer nur so diese Wurst über die Nase hält und wir dann gemeinsam hüpfen. 9,7 Milliarden ist eben doch nur die Hälfte von den 20 Milliarden, von denen ich gesprochen habe. Deshalb, Kolleginnen und Kollegen, ich habe auch mit dem heutigen Tag und auch mit dem Ergebnis der Länderfinanzbeziehungen, die uns über lange lange Zeit endlich Finanzklarheit und Finanzplanungssicherheit schafft, das finde ich ist ein wichtiger Wert.
Ich habe trotzdem ein Problem damit, dass wir einerseits dem Bund gegenüber Dankbarkeit entwickeln sollen, oder den Bundestagsabgeordneten, beides fällt mir schwer, weil die Steueraufkommen werden bei uns erwirtschaftet und zwar vor Ort, in den Städten und Orten, wo die Betriebe sind. Und am Ende ist es eine gemeinsame Aufgabe, dass die Voraussetzungen für Betriebe überall gleich gut sind und die Voraussetzungen für Bildung überall gleich gut sind. Davon rede ich nicht von einer Einheitsschule oder von einem Einheitssystem, sondern von einer einheitlichen Aufgabenstellung, die wir zu erledigen haben. Und eine zweite Bemerkung, ja, Kolleginnen und Kollegen, wir gehen jetzt in die Bundestagswahl, na klar. Und dann wird alles Mögliche versprochen. Wenn aber wieder versprochen wird zum Beispiel den längst überfälligen Steuerbauch abzuschaffen oder andere steuerliche Dinge zu korrigieren, die alle den Bürgern schon drei Mal versprochen worden sind, ich will nur im Kreis der Ministerpräsidenten und der Bundesländer darauf hinweisen, wenn 15 Milliarden Steuern ausgeschüttet werden, wird man uns mit der Hälfte der Kosten belasten. Das heißt, von dem, bei dem wir heute Dankbarkeit entwickeln sollten, dürfen wir hinterher nochmal zur Kenntnis nehmen, wie wir die Aufgaben, die an uns gestellt sind, erledigen sollen.
Ich habe mit dieser Art der Methode, dass die einen die Steuervergünstigungen verkünden und die anderen sehen müssen, wie sie dann anschließend ihre Aufgaben zu erfüllen haben, ein Problem, das will ich klar benennen. Und da ich keine Redezeit im Deutschen Bundestag gestern hatte, habe ich mir eben vorgenommen, das heute hier zu sagen und hoffe, dass es auch im Bundestag gehört wird. Weil ich werde das auch meinen eigenen Abgeordneten nochmal erklären, dass die Frage der gemeinsamen Verantwortung für bundesstaatliche Aufgaben bei uns gemeinsam liegt und nicht getrennt. Und dann, meine sehr verehrten Damen und Herren, will ich darauf hinweisen, dass wir in dem Paket der Länderfinanzbeziehungen irgendwann vom Bundesfinanzminister gesagt gekriegt haben, bei acht Milliarden ist Schluss. Dann haben wir ein einer langen Nachtsitzung zusammen gesessen, A-Länder und B-Länder getrennt, Ost und West getrennt, dann wieder zusammen und haben gesagt, das geht so nicht. Dann gab es die Überlegung, der Umsatzsteuervorwegabzug soll rausgenommen werden, was ich inhaltlich falsch finde. Der ist dann kompensiert worden mit einem durchs Grundgesetz geschützten Prozentanteil aus den Umsatzsteuerquoten. Das finde ich alles in der Summe akzeptabel und wir haben uns darauf verständigt. Aber ich habe ja eben auf das Verhältnis der verlängerten Werkbank und der Steuerabrechnung hingewiesen. Deswegen fand ich es gerechter, den Umsatzsteuervorwegabzug als Ausgleichsmechanik drin zu haben. Die Summe der Ausgleichsmechanik ist jetzt eingerechnet worden. Dann sind bei 8,5 Milliarden gewesen und als wir die 8,5 Milliarden zum ersten Mal in der Transferleistung untereinander überschritten hatten, kam der Bund auf die Idee zu sagen, da haben wir auch noch andere Dinge, mit denen mal Geld verdienen kann. Und daran will ich erinnern, weil die Frage der Bundesfernstraßenverwaltung, die wurde uns offeriert in einer Nachtsitzung als ein ganz normaler Vorgang, dass eine Behörde besser organisiert werden soll, weil die Bundesländer untereinander sich nicht so gut abstimmen würden, dass die Autobahn ordentlich von A nach B gebaut wird. Das war die Begründung. Und alle Ministerpräsidenten, ich erinnere mich gut an diese Sitzung, sagten, wir können doch nicht einfach unser Personal abgeben und wir können das doch nicht hier auf Zuruf machen und was bedeutet das denn eigentlich für Mitbestimmung, für Personalräte, für Dienstrecht, für Pensionslasten und Ähnliches. Daraufhin kam die Idee, das wird eine einheitliche Bundesverwaltung. Ich habe damals eine Protokollnotiz an dem Abend abgegeben und darauf hingewiesen, dass mein Vorschlag dann wäre, eine Anstalt des öffentlichen Rechtes, damit – und darüber waren wir uns als Ministerpräsidenten einig schon in der Nacht – keine Privatisierung eintritt. Und dann wurde in der Nacht und am darauffolgenden Tag das Wort Privatisierung immer wieder ausgeschlossen.
Und dann entwickelt sich etwas, was auf einmal außerhalb der Verhandlungen mit den Ministerpräsidenten stattgefunden hat. Nämlich, dass man über diese Form der privatrechtlichen Bewirtschaftung, man hat gesagt, ach die Protokollnotiz von Thüringen sei doch überflüssig und unsinnig und unnütz, sie würde gar nichts helfen. Daraufhin haben wir dann Gutachter eingeschaltet, Prof. Hermes und Prof. Beckers haben uns gutachterlich unterstützt und nochmal deutlich nicht machen lassen, dass man eine vom Steuerzahler bezahlte Infrastruktur nicht nochmal dem privaten Kapitalmarkt zur Verfügung stellen kann. Das führt zu keiner Verbesserung, sondern nur zu einer Umschichtung von Finanzen und Vermögen. Und ich habe darauf hingewiesen, dass die Finanzschwäche, an der wir teilweise arbeiten, und der Wettbewerbsföderalismus, mit dem wir umgehen müssen, in die wir auch hineingebracht worden sind, also Föderalismuskommission I wurden die Beamtenrechte auf die Länder übertragen. Gestern haben wir untereinander mal festgestellt, dass wir ein Problem haben, dass wir langsam unsere Behördenvertreter und unsere öffentlichen Bediensteten langsam immer schwieriger noch gewinnen können und wir mittlerweile gegeneinander in den Wettbewerb gestellt werden. Am Ende wird das eine ungute Entwicklung sein, ob wir noch alle gemeinsam ausreichend Lehrer und Beamte haben werden, die wir so finanzieren können. Das hat was mit der Föderalismuskommission I zu tun. Und wenn wir in dieser Wirkung gegeneinander mit chronischer Unterfinanzierung dann das Danaer geschenkt bekommen, dass man öffentliche Partnerschaft über Kreditwirtschaft organisieren kann, dann ist das Öffnen einer Tür in eine Richtung, bei der ich große Sorge habe, dass die Fehlentwicklung, die wir jetzt gesamtstaatlich schon haben, immer weiter vorangetrieben wird.
Ich will das Beispiel sagen, schauen Sie sich an, wie Unternehmerinnen und Unternehmer, die ihr Leben lang auf Lebensversicherungen vertraut haben, weil Lebensversicherung in Deutschland sichere Kapitalanlagen waren, dass diese Lebensversicherungen keine Erträge mehr haben. Und dass das bedeutet, dass Menschen, die ihre Altersvorsorge darauf aufgebaut haben, zunehmend in Sorge geraten, wie sie im Alter klarkommen. Und dasselbe ist das Modell der Riesterrente. Die, die es am nötigsten haben, kriegen es am Ende mit staatlicher Leistung verrechnet. Das heißt, die Umschichtung von öffentlichem Geld oder öffentlich verwaltetem Geld zu kapitalmarktgedecktem Geld führt zu einer Entwicklung, die am Ende dazu führt, dass sie immer mehr Verlierer kennt. Ich glaube nicht, dass die Umschichtung eines öffentlichen Haushaltes, eines öffentlich finanzierten Infrastruktursystems durch private Gelder wirklich dazu führt, dass wir damit einen Mehrwert haben. Und ich habe auch keinen gehört, der meint, dass die Effizienzsteigerung wirklich eintritt. Wenn diese Frage also ansteht und dazu werbe ich nochmal, wir haben eine Anrufung des Vermittlungsausschusses nur zu diesem Punkt, nur zu diesem Punkt, nicht zu irgendeiner anderen Frage, die ich angesprochen habe, nur zu der Frage, soll in die öffentliche Infrastruktur private Renditewirtschaft Tür und Tor geöffnet werden? Wollen wir das wirklich mit zulassen? Und ich werbe dafür, dass wir das nicht zulassen, dass wir deutlich sagen, und diese Diskussion gab es gestern auch von Kollegen der SPD aus der Bundestagsfraktion, die deutlich gemacht haben, sie haben sich bemüht, möglichst viele Giftzähne dem Privatisierungsdruck zu nehmen, aber den letzten Giftzahn Öffnung für ÖPP und renditeorientierte Kapitalwirtschaft, dieser Giftzahn ist nicht gezogen. Und ich verweise deshalb darauf, wenn unsere öffentlichen Haushalte immer weiter reduziert werden, wenn uns dann der Kapitalmarkt angeboten wird als fetter Ausgang, führt dies dazu, dass wir immer mehr öffentliches Eigentum privatwirtschaftlich übertragen. Ob das der Weg ist, den Sie, meine Damen und Herren, richtig finden, darüber möchte ich gerne, dass wir darüber gemeinsam nachdenken. Deswegen, wenn ich heute darauf hinweise, dass überall da, wo dieser Veränderungsprozess stattgefunden hat, wir am Ende als politisch Verantwortliche nicht mehr Herren des Verfahren sind.
Ich nenne das Beispiel Hochspannungs-Gleichstromübertragungsnetze. Also ich rede jetzt nicht vom SuedLink als Trasse, sondern die Frage, ob eine Hochspannungs-Gleichstromübertragung mit sieben Prozent Rendite, die gesetzlich garantiert ist, im Verhältnis zum Sparbuch, das die Bürgerinnen und Bürger haben, ob das noch irgendwie gerechtfertigt ist, denn der Bürger mit seinem Sparbuch, der keinerlei Ertrag mehr hat, der muss am Ende die Infrastrukturverzinsung doppelt, dreifach, zehnfach zahlen. Ich halte das für einen Weg in die falsche Richtung. Und auch das will ich anmerken. Ob eine Hybridleitung nicht viel besser wäre und preiswerter baubar wäre, am Ende haben sich die durchgesetzt, die sagen, naja wir ziehen da mit zehn Milliarden eine Leitung durchs Land, weil zehn Milliarden und darauf sieben Prozent Verzinsung ist doch ein gutes Geschäft. Ich halte das für ein schlechtes Geschäft am Ende für uns alle, weil wir jeweils als Landesregierung daran nicht mehr beteiligt sind. Wir haben die Planungsrechte weg genommen bekommen, wir haben die Einflussmöglichkeiten weg genommen bekommen und wir müssen den Bürgern am Ende erklären, dass sie die Netzausbaukosten auch noch bezahlen müssen. Das ist der Umstieg von öffentlich verwaltetem Eigentum hin zu privat finanziertem Eigentum.
Deswegen, meine Damen und Herren, ich werbe dafür, dass wir gemeinsam eine Anrufung des Vermittlungsausschusses nur in diesem Punkt des ÖPP machen. Bei der Frage des Länderfinanzausgleichs teile ich ausdrücklich alles, was meine Kollegen vorher gesagt haben und bitte darum, dass wir zumindest den vergifteten Zahn aus dem Gesamtpaket rausnehmen. Ehrlich gesagt, meine Damen und Herren, der Bundesfernstraßenverwaltung habe ich zugestimmt und ich werde auch jetzt nichts anderes sagen, weil ich zugestimmt habe, einer öffentlichen Infrastruktur, die auch öffentlich bleibt, und die auch weiterhin staatlich verwaltet und staatlich finanziert wird. Das ist der Umgang mit Staatsvermögen, den uns die Bürger übertragen haben. Und wer diese Proportion verändert, der verändert auch die Abläufe. Deswegen habe ich das Beispiel von den Hochspannungsleitungen mal genannt, weil da geht es gerade ganz konkret drum und jeder vor Ort bei uns muss am Ende den Kopf hinhalten. Die Bürger sagen, warum macht ihr nichts dagegen, warum wehrt ihr euch nicht dagegen. Und ja, meine Damen und Herren, mir haben Bundestagsabgeordnete gestern gesagt, über Länderfinanzausgleich zu reden ist nicht so schick, weil Länderfinanzausgleich verstehen die Bürger nicht. Da sage ich, das stimmt. Die Angst vor der Autobahnprivatisierung, die mobilisiert, das haben wir heute Morgen auch vor der Tür gesehen. Aber den Länderfinanzausgleich müssen wir genauso mit im Blick haben wie das, was ich als Gefahr beschrieben habe. Deshalb, meine Damen und Herren, unser Ja zum Länderfinanzausgleich ist verbunden mit der Bitte zu einem Ja von Ihnen für die Anrufung des Vermittlungsausschusses. Vielen Dank.