Zwei tolle Tage in Thüringen
Der Karneval (oder in Thüringen an manchen Orten auch Fasching) ist eine ernste Angelegenheit. Das konnte man nicht nur bei den Debatten um manche mehr oder weniger gelungene Büttenrede sehen, nein, das merke ich auch, wenn plötzlich fast zwei ganze Tage vom Fasching oder Karneval dominiert werden.
Aber in Thüringen ist der Karneval vor allem eine Angelegenheit mit großer Tradition. Vor allem Menschen aus dem Rheinland, von denen es einige bis in mein Büro geschafft haben, muss ich das immer wieder sagen.
1535 wurde der Wasunger Straßenumzug das erste Mal urkundlich erwähnt. Damit findet dort einer der ältesten Karnevalsumzüge in Deutschland statt und ist seitdem fester Bestandteil des regionalen Lebens und das nun zum 484. Mal am Stück. In Thüringen gibt es in Königsee und in Wasungen sogar zwei Karnevalsmuseen, deren Besuch ich nur empfehlen kann. Dort erhält man einen wunderbaren Einblick in die Entwicklung des Karnevals, die verschiedenen Epochen und die Bedeutung des Karnevals für die Region.
Insofern gehört es zu den angenehmen Pflichten, wenn einen am Rosenmontag morgens um 7 Uhr der Präsident der Thüringer Karnevalsvereine, Michael Danz, auf eine Tour durch den Thüringer Karneval entführt.
Erste Station auf unserer Tour, zu der ich auch unsere Staatsekretärin für Tourismus, Valentina Kerst, die aus der Hochburg des Karnevals, Köln, stammt eingeladen hatte, war der Unweiser Rat Königsee, den es immerhin schon seit 1391 gibt und der dort seit 1947 ununterbrochen jedes Jahr viele Veranstaltungen organisiert. Der Präsident des Rates Regiecanarie vom Wiesenweg (Jens Brand) und der Bürgermeister von Königsee, Volker Stein, empfingen uns und ließen uns die Geschichte des Karnevals lebendig werden. Ein toller Auftakt.
Von Königsee ging es quer durch Thüringen nach Bad Salzungen, wo jedes Jahr der KC Kloster Bad Salzungen ein großes Narrentreffen vor dem Rathaus organisiert. Das Wetter war mit uns und Hunderte Jeckinnen und Jecken feierten ausgelassen den Höhepunkt der Fünften Jahreszeit einschließlich Konfetti-Kanone. Auf der Bühne viele Kinder und Jugendliche als Teile der Tanz- und Musikgruppen und wieder ist zu sehen, wie wichtig der Karneval auch für ein funktionierendes Miteinander vor Ort sein kann, wo Herkunft und soziale Stellung selten eine große Rolle stehen. Und besonders unterhaltsam die beiden Veranstaltungen in der Narrengasse. Da feiert die Wartburgsparkasse gleich neben der VR Bank Bad Salzungen. Regionale Kreditinstitute, die übrigens auch für viele Sport- und Kulturvereine wichtiger Sponsor und die regionale Wirtschaft guter Geschäftspartner sind.
Aber schon geht es weiter, denn ich Vacha warten die Mitglieder des Vachaer Carnevals Club (VCC), die mich eingeladen haben, den Rosenmontagsumzug auf dem Festwagen zu begleiten. Bewaffnet mit Kamelle und Strüssjer geht es durch den Ort und fast hält auch das Wetter durch. Nur ganz zum Schluss wird es mal stürmisch. Den Jecken kann das die gute Laune nicht vertreiben.
Und für mich geht es zu den letzten beiden Stationen in Erfurt, wo jedes Jahr am Faschingssonntag nicht nur der größte Umzug Thüringens stattfindet, sondern wo es gerade in den kleinen Ortsteilen Erfurts eine lebendige Karnevalskultur gibt. Also mache ich noch einen Abstecher bei der Rosenmontagssitzung des KC Alach und der Rosenmontagsparty des Marbacher KC.
Was für ein langer Tag aber schon am nächsten Tag, dem Faschingsdienstag geht es weiter…
Am Nachmittag habe ich die Ehre jede Menge Prinzessinnen und Prinzen, Tänzerinnen und Tänzer und viele Ehrenamtliche in der Staatskanzlei zu empfangen und den Karnval und vor allem die Menschen, die ihn ausmachen für ihre Arbeit zu würdigen. Es ist im besten Sinne Engagement für unsere Heimat, Pflege einer jahrhundertealten Kultur und Tradition und Bestandteil des Lebens in den Städten und Gemeinden. Es lässt sich nur erahnen, wieviel Zeit die Vereinsmitglieder investieren. Das hat meinen Respekt!
Zeit nun also auch für mich, ganz zum Schluss in den Karneval einzugreifen. Traditionell findet an am Dienstag vor Aschermittwoch in Suhle der Politische Aschermittwoch statt. Ursprünglich ein Büttenrednerwettbewerb der Suhler Stadtratsfraktionen um den Rasselbock und ich bin nun schon zum vierten Mal hier…
https://www.youtube.com/watch?v=wfh0PYoPDwk
Aber an dieser Stelle muss ich dann doch kurz politisch werden. Wer hätte das gedacht, dass in einer Region, wo vor nicht ganz zwei Jahren, ganze Dörfer auf die Straße gingen, um gegen die Gebietsreform zu demonstrieren, wo Suhl und Zella-Mehlis sich in inniger „Abneigung“ verbunden waren, nun die Erkenntnis wächst, dass nur dem die Zukunft gehört, der Kooperation und Zusammenarbeit organisiert, sich abstimmt, voneinander lernt. Was für eine Freude, die Bürgermeister von Oberhof, Schleusingen, Suhl und Zella-Mehlis auf einer Bühne zu sehen und die beiden jetzt Ortsteilbürgermeister Suhls aus Schmiedefeld und Gehlberg von ihrem Sieg gegen die „Rennsteig-Hexe“ berichten. Hier ist die Zukunft unseres Bundeslandes mit den Händen zu greifen. Eine ländliche Region, die sich aufmacht, das Miteinander zu gestalten.
Als hätte es der alte Haudegen Egon Olsen mit seinem Frankenplan geahnt… Zum Glück hat er einen neuen Plan, aber das ist eine andere Geschichte…