Ein Jahr schon

Jetzt kann ich’s ja sagen: Ein bisschen aufgeregt war ich schon, heute vor einem Jahr. Im Landtag stand die Wahl des Ministerpräsidenten auf der Tagesordnung. Zum ersten Mal musste unsere knappe Mehrheit stehen. Und sie stand. Für mich ging mit dem Amtsantritt der rot-rot-grünen Landesregierung ein Lebenstraum in Erfüllung. Spätestens seit der „Erfurter Erklärung“ im Jahr 1997 hatte ich immer wieder um eine progressive Mehrheit gekämpft und gestritten. Ich wollte und will dieses Bündnis aus drei Parteien, die verschiedene Wurzeln und Kulturen haben, aber eben vor allem große politische Schnittmengen. Diese Schnittmengen bereiten uns den Weg, Thüringen gemeinsam voranbringen zu können – sozial, ökologisch und demokratisch.

Ein Jahr ist keine Legislaturperiode, aber wir haben in diesem Jahr dennoch einiges geschafft, worauf ich auch ein bisschen stolz bin. Noch viel mehr haben wir gemeinsam vor. Thüringen wird sich verändern, weil es sich verändern muss. Wir müssen unsere Verwaltungsstrukturen und unsere Finanzen zukunftsfest machen. Wir wollen die Energiewende beschleunigen und dafür sorgen, dass Thüringen zu seinem 50. Geburtstag zu 100 Prozent erneuerbare Energien verbraucht. Wir wollen in Bildung, Infrastruktur und soziale Sicherheit investieren. Ich träume davon, dass eines Tages viele Menschen auf Thüringen schauen und ein Land sehen, in dem sozialer, ökonomischer und ökologischer Fortschritt sichtbar und erlebbar ist.

Für die vergangenen 365 Tage möchte ich vielen Menschen Danke sagen. Danke an die Ministerinnen und Minister, an die Staatssekretärinnen und Staatssekretäre, an die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Staatskanzlei – allen voran Frau Sauer und Frau Wirth, die sich auf mich eingelassen haben und einen sauguten Job machen, an die Kolleginnen und Kollegen in den Ministerien und den Landesbehörden. Sie alle haben dafür gesorgt, dass der Freistaat Thüringen in einer politischen Umbruchzeit stabil und zuverlässig seine Aufgaben erfüllt hat. Ich danke den Parteien und Fraktionen, die unsere Regierung tragen. Wir haben in diesem einen Jahr vieles gemeinsam geleistet und gelernt. Ich danke der demokratischen Opposition im Landtag. Die CDU schenkt uns nichts – das ist gut so, in einer Demokratie, in der es um den fairen Wettbewerb um die besten Ideen geht. Und als vor kurzem Mike Mohring mit der AfD abrechnete, ihre zur Schau getragenen Verachtung für die Demokratie und die Werte unserer Verfassung klar benannte, da gab es Applaus aus alle demokratischen Fraktionen. Weil er einfach Recht hatte.

In diesem Jahr 2015 muss zudem ein besonderer Dank an die Kommunale Familie gehen. Wir ringen miteinander um die richtige Gewichtung von Geld, Aufgaben und Ressourcen, das ist nur selten vergnügungssteuerpflichtig. Aber es muss bei allen heftigen Debatten einfach mal gesagt werden: Thüringen ist eins von wenigen Bundesländern, die trotz fortlaufend steigenden Flüchtlingszahlen niemals einen Zweifel daran gelassen haben, dass hier niemand im Zelt überwintert. Hier wird werden alle ordentlich behandelt, wir nehmen unser humanitäre Verantwortung wahr.

Nicht zuletzt danke ich den Thüringerinnen und Thüringern. Erst gestern habe ich von einem Mann gehört, der früh im Flüchtlingsheim nebenan gefragt hat, wie viele Kinder dort eigentlich wohnen, und dann in den nächsten Supermarkt ging, um für jedes Kind eine Nikolaustüte zu kaufen. Es gibt so viel ehrenamtliche Hilfe, so viel Offenheit – hier leben Realisten mit einem großen Herz. Man verliert das manchmal aus dem Blick, wenn wieder eine geplante Flüchtlingsunterkunft angezündet wird. Die Verbrecher, die so etwas machen, stehen nicht für Thüringen. Die übergroße Mehrheit hier will eine offene Gesellschaft und setzt sich auch dafür ein. Deshalb ist es eine Freude diese Land zu regieren – mit den Menschen.

Zum Schluss das Wichtigste: Ich danke meiner Ehefrau. Danke für die wunderbare Unterstützung und die Geborgenheit. Germana ich liebe Dich.