Wir wollen Thüringen fair ändern!

Das dritte Sondierungsgespräch gestern Abend war aus meiner Sicht sehr produktiv, denn wir haben uns im Bildungsbereich und in der Sozialpolitik auf viele gemeinsame Vorhaben verständigen können. Wenn wir das gemeinsam umsetzen, werden wir Thüringen wirklich sozial regieren. Ich will aber erst noch über ein anderes Thema schreiben, denn wir haben auch miteinander verabredet, dass wir heute Vormittag das gemeinsame Papier zur DDR-Aufarbeitung veröffentlichen, obwohl die SPD es erst am kommenden Montag in ihrem Landesvorstand diskutieren kann.

Auch wenn ich dafür bekannt bin, dass ich im Zweifelsfall gerne aus der Bibel zitiere, will ich jetzt mit Bezug auf dieses Dokument mal an Karl Marx erinnern: „Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kommt drauf an sie zu verändern!“ Wir können uns lange darüber streiten, wie wir vergangenes Unrecht benennen. Dass viele Menschen in der DDR schweres Leid erlebt haben, ist klar und unstrittig. Die Toten an der Grenze müssen für uns ewige Mahnung sein. Als LINKE wissen wir: Ein Sozialismus kann nur demokratisch sein oder gar nicht. Heute ist es aber unsere Aufgabe, konkrete Perspektiven für eine gerechtere Politik zu erarbeiten. Wir wollen nicht über die Interpretation eines einzelnen Wortes streiten – wir wollen Thüringen fair ändern! Und zwar gemeinsam mit SPD und Grünen!

Ich kann nicht ausschließen, dass es bei SPD und Grünen Mitglieder gibt, die sagen: Wenn DIE LINKE die Regierung führen will, dann halten wir ihnen das Stöckchen noch ein bisschen höher als in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern oder Brandenburg. Da würde ich aber gerne antworten, dass wir uns von Stöckchen nicht aufhalten lassen, weil wir eine bessere Politik für Thüringen wollen, die dieses Land nach 24 Jahren schwarzer Traurigkeit einfach verdient hat.

Und ich kann auch mit großer Sicherheit sagen, dass es den Verhandlungsdelegationen von SPD und Grünen nicht um das Hinhalten von Stöckchen geht. Für sie ist das eine tief emotionale Geschichte, es ist eine Gewissensfrage. Das war in den Verhandlungen eindeutig zu spüren. Deshalb haben wir mit dem gemeinsamen Text einen guten Kompromiss erreicht, der auch diesem Aspekt gerecht wird. Wir haben damit eine vertrauensvolle Ausgangslage für die weiteren Gespräche und hoffentlich auch für fünf Jahre gemeinsame Regierungsarbeit geschaffen.