Stunden intensiver Israeldebatte

Da der Dienstag so intensiv und voller Informationen war, habe ich mich dazu entschlossen ihn zu teilen.

Nun also der zweite Teil vom Diensttagnachmittag und Abend.
Begonnen hat dieser mit einem Gespräch mit Frau Professorin Naomi Chazan, Politologin, ehemalige Knessetabgeordnete der Partei Meretz und zur Zeit Präsidentin des New Israel Fund. Sie analysiert den inneren Zustand der Israelischen Gesellschaft. Zugespitzt beschreibt Sie einige Facetten von Israel:

a) Institutionelle Ungleichheit kennzeichnet den Zustand der Sicherheitspolitik.
b) Alles jenseits der grünen Linie (67’er Waffenstillstandsgrenze) ist eindeutig und unbestreitbar eine demokratiefreie Zone.
c) Wenn laut aktuellen Umfragen 80% der Israelis für Demokratie sind, aber 70% einen starken Führer wollen, dann läuft es ihr eiskalt den Rücken herunter. Auf ein Frage aus unserer Delegation ob man die Zustände in Israel oder durch Israel ausgelösten Zustände als Apartheid bezeichnen könne, sagte Sie, dass dies nicht ihre Sprache sei. Als Professorin arbeitet sie u.a. an afrikanischen über diese Zeit der Apartheid in Südafrika. Ja, man findet Elemente von Apartheid in oder durch die derzeitige israelische Politik. Sie würde es trotzdem nicht als Apartheid bezeichnen und immer versuchen im Gespräch Erklärungen zu geben.
Warum sie sich eigentlich seit über 40 Jahren für Israel engagiert wollten wir wissen. Sie kämpfe nicht für ein rein physisches Überleben des Staates Israel, sondern für die Seele des Staates! Wenn wir als Israelis scheitern, zerstören wir die Zukunft unserer Kinder und Enkel in einem lebendigen Israel. Am Schluss bittet sie uns freundlich lächelnd und eindringlich, dass wir nicht die Hoffnung für unser Land verlieren sollen und uns weiterhin für ein lebens- und liebenswerte Israel begleiten sollen. Ohne Besatzung, ohne Diskriminierung, ohne Raketen und Bomben und mit zwei real existierenden Staaten die in Frieden verbunden sind.

Danach kommt Herr Dov Khenin zu uns ins Büro der RLS, er war Oberbürgermeister Kandidat von Tel Aviv und hat immerhin 35% der Stimmen bei der letzten Wahl gewonnen. Er ist Knesset Abgeordneter für die Chadasch Partei und er war auch im Parlament, als wir zufällig Zeuge wurden, wie eine Abgeordnete der Siedler einem Abgeordneten der arabischen Minderheit einfach ein Glas Wasser ins Gesicht schleuderte. Alleine das mit ansehen zu müssen hat uns als deutsche Parlamentarier tief erschüttert. Es mag nur Wasser gewesen sein, aber in dieser Handlung war auch Hass, Verachtung und Rassismus deutlich erkennbar.

Deshalb waren seine Eingangssätze für uns auch Schlüsselsätze:
„Ihr Besuch ist nicht nur für uns ein Zeichen der Solidarität, sondern er ist vor allem auch wichtig für Sie selber. Wenn uns der Konflikt um die Ohren fliegt, dann wird das nicht ohne Wirkung auf Sie in Deutschland sein. Wir müssen gemeinsam an der Lösung dieses Problems arbeiten, denn es ist unser aller Problem.“
Weiter führt er aus, das er fest davon überzeugt ist, dass die derzeitige Regierung extremistisch und militaristisch ist. Alle ergriffenen Maßnahmen, die nach Innen wirken, führen zu massivem Demokratieabbau (Siehe dazu die sehr interessante Online-Publikation „Israel Kontrovers“ Nr. 10.) und gegenüber den Palästinensern zu Einschüchterung und Schikanierung.
Er bittet uns zu helfen, am Frieden zu arbeiten und zu unterscheiden zwischen dieser Politik die zu immer mehr Gewalt führt und ihren Aktivitäten die auf ein friedliches Konzept der Zweistaatlichkeit hinarbeitet. Die Mehrheit der Israelis lehnt die Besatzung der Westbank ab, aber das setzt sich leider nicht in Wählerstimmen um. Die Protestbewegung im November war beeindruckend, aber die Regierung macht einfach weiter. Es wird also noch viel mehr zusammenkommen müssen, damit mehr in Gang kommt. Wir werden als Deutsche und als Linke von allen Beteiligten aufgefordert uns weiter zu engagieren und den Prozess mit unseren Mitteln aktiv zu begleiten.
Es gibt wieder neue Bilder in der Bildergalerie.