Personaldebatte

Die Zeit, den Erfolg des Parteitages zu genießen, war irgendwie ziemlich kurz. Noch während der Debatte über die Satzung setzt sich ein Journalist neben mich, klaut meiner Nachbardelegierten den Platz und fragt mich die seit Stunden vermisste Frage: „Fordern Sie eine Personaldebatte?“ Meine Antwort ist klar und die gleiche wie in den Wochen vor dem Parteitag: „Nein, es geht nicht um eine Personaldebatte.“ Stoisch verweise ich darauf, dass wir gerade in diesem Moment über eine Satzungsvorlage abstimmen, dass in Zukunft deutlich weniger Bundestagsabgeordnete gleichzeitig Mitglied im Parteivorstand/ geschäftsführenden Parteivorstand sein sollen. Diese Vorlage wird mit großer Mehrheit bestätigt, verfehlt allerdings die satzungsändernde Zweidrittelmehrheit. Der Parteitag scheint es so zu sehen, wie ich es auch empfinde: Es muss eine klare und scharfe Trennung zwischen dem Mandatsträger (Partei) und den Mandatsinhabern (Abgeordnete) geben. Dazu hatte ich vor einem Jahr auch einen Artikel für den Disput geschrieben. Die Fraktionen sollten Dienstleister des jeweiligen Vorstandes sein. Das gilt auf der Bundesebene in Richtung Bundestag und Europaparlament, auf der Landesebene in Richtung Landtag und auf der kommunalen Ebene für Kreistage bzw. Stadtparlamente. Dies wiederhole ich auch gegenüber dem Journalisten. Er stellt stattdessen die Frage, ob ich nicht Wagenknecht und Bartsch als neue Doppelspitze vorgeschlagen hätte. Nein, ich habe eine Urabstimmung für die zukünftige Doppelspitze vorgeschlagen. Und es wäre schön, wenn es neben Lötzsch und Ernst auch Kandidaturen geben würde, zum Beispiel Wagenknecht und Bartsch aber auch weitere.
 
Nach dem erfolgreichen Parteitag können wir die Voraussetzungen klären, wie eine solche Urwahl aussehen könnte. Die Parteivorsitzenden könnten dann mit dem Schwung und der Legitimation der Basis arbeiten. Das war mein Wunsch. Und dann rutscht mir der Satz raus, dass Wagenknecht und Höhn vor dem Parteitag und auf dem Parteitag zur Programmarbeit einen sauguten Job gemacht haben. Den Dank übermittle ich den beiden auch noch am gleichen Abend. Und was lese ich am Montag im Pressespiegel? „Ramelow schlägt Höhn zum Bundesgeschäftsführer vor“. Und was lese ich am Dienstag im Pressespiegel? „Ramelow schlägt Wagenknecht und Bartsch als neue Parteivorsitzende vor“. Das war jetzt nicht so ganz so wie gedacht. Aber wenn ich schon einen Vorschlag für die Parteiführung machen soll, geht mir noch was ganz anderes durch den Kopf: Eine Doppelspitze hat doch in der Regel vier Beine. Ich kenne auch jemand mit vier Beinen. Wäre nicht unser Attila eine echte Alternative? Der ist überall beliebt. Der sagt nichts falsches, sondern wird höchstens falsch verstanden. Und vor allem hört er auf mich ;-).