Kein Grund zur (Schaden-) Freude

Nachdem der vorläufige Höhepunkt des Superwahljahres vorbei ist, stellt sich für uns die Frage, ob das Glas halb voll oder halb leer ist. Ich finde, das Glas bleibt halb voll. Wir hatten das Ziel zum ersten Mal in die Landtage von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz einzuziehen. Leider haben wir den Zuwachs nicht erreicht, den wir gebraucht hätten, um die Fünf-Prozent-Hürde zu knacken. Das liegt einerseits an der nicht ausreichenden Mobilisierung, andererseits war es in der Schlussphase des Wahlkampfes auch nicht mehr möglich gegen die gestiegene Emotionalisierung anzukommen. Sehr gewundert haben mich die Äußerungen einiger SPD-Genossen, wie sehr man sich doch darüber freue, dass Die Linke den Einzug in die Landesparlamente verpasst hat. Warum die mangelnde Freude über das eigene Ergebnis mit Schadenfreude kompensiert werden muss, bleibt wohl das Geheimnis des SPD-Dilemmas. Das Verhalten zeigt aber, wie weit die Partei noch von einer Wende zu sozial gerechter Politik entfernt ist. Solange man lieber die FDP mit im Landtag sitzen hat als uns, kann der Wunsch nach einer anderen Politik nichts sehr groß sein. Zum Thema FDP fällt mir noch ein, dass ich nach Bekanntgabe der Wahlergebnisse den FDP-Bundestagsabgeordneten Patrick Kurth via Twitter nach seiner Meinung zur Atompolitik gefragt habe. Er baut weiter auf die Kernenergie. Die Meinung ist vielleicht ehrlich, gehört aber spätestens nach diesen Wahlen nicht mehr in Regierungsverantwortung.

Gefreut hat mich das Ergebnis aus Hessen, wo sich 30 Prozent der Wähler gegen eine Schuldenbremse ausgesprochen haben. Dafür, dass unsere Partei die einzige war, die sich gegen eine große Befürworterkoalition aus CDU, FDP, SPD und Grünen engagiert hat, ist das ein hervorragendes Ergebnis. Es zeigt, dass ein Großteil der Menschen eine Haushaltspolitik möchte, die sich an der Situation der Menschen orientiert und nicht pauschal auf Kürzungen setzt.

Noch eine Bemerkung zu einem ganz anderen Thema. Die Lokführer haben nun entschieden, endlich dort zu streiken, wo es auch ankommt, nämlich bei den Privatbahnen. Genau dort gehört der Arbeitskampf hin, denn es sind schließlich die privaten Arbeitgeber, die sich bisher dem Flächentarif verweigern. Meine Kritik an der bisherigen Streikführung war ja nicht von allen geteilt worden, anderen hätte sie dagegen noch spitzer sein können. Da aber spitzer auch nicht immer spitze ist, einfach noch mal konkret: Bestreikt werden sollen die, die auch was ändern können. Das unterstütze ich gerne.