Der Kapitalismus richtet die Welt zugrunde.

Schockiert hat mich heute eine an der Uni Jena erarbeitete Studie über links- und rechtsextreme Einstellung in der Bundesrepublik. Ich will gleich vorweg sagen, dass ich die wissenschaftliche Freiheit sehr schätze und Untersuchungen über Einstellungsmuster der Bevölkerung sozialwissenschaftlich sicher notwendig sind. In diesem konkreten Fall ärgert es mich aber einfach, dass hier erstens links und rechts einfach zusammengepackt wird und zweitens, die Fragen, aus denen auf Linksextremismus geschlossen wird, völlig unpassend sind. Linksextrem sei man zum Beispiel, wenn man der Aussage zustimmt „Der Kapitalismus richtet die Welt zugrunde“. Laut den veröffentlichten Ergebnissen tun das übrigens 45 Prozent der bundesdeutschen Bevölkerung, im Westen sogar noch mehr als im Osten. Es gibt also schon fast eine absolute Mehrheit an Linksextremen hierzulande.

Das Ganze ist schon deshalb seltsam, weil die zuständigen Wissenschaftler in Jena eigentlich für sehr gute Arbeit bekannt sind und ich auch den Projektleiter für seine bisherigen Untersuchungen schätze. Insofern werde ich so bald wie möglich das Gespräch mit den Verantwortlichen suchen, um mir erklären zu lassen, ob wir wirklich alle so extrem sind oder ob diese Studie – so hoffe ich – eher ein Betriebsunfall ist. Wenn die Ergebnisse so bestätigt werden, wäre diese hochproblematisch, denn dann würde wirklich Wissenschaft instrumentalisiert für einen Extremismus der Mitte.

Die Forderung einer radikalen Umverteilung wäre aus Sicht der Studie übrigens auch linksextrem. Im Gegensatz zu linksextrem bin ich aber gerne radikal, denn radikales Denken heißt für mich, sich über wirkliche Alternativen Gedanken zu machen. Die Einführung eines Volksentscheides auf Bundesebene wäre eine radikale Veränderung; die Einführung einer Bürgerversicherung, in die wirklich alle einzahlen, ebenso. Radikalität ist mitunter notwendig, um unsere Gesellschaft zu entwickeln. Weil das so ist, finde ich auch den Titel sehr passend, den die Journalistin Katja Wilke für ein Portrait über mich gewählt hat: „Freier Radikaler“ Das entspricht ganz gut meinen Gedanken und daher möchte ich den Artikel gern zum Lesen empfehlen. Zum Artikel