Aufbau Ost nicht als Nachbau West

Zum Mittwochmorgen bin ich zunächst beim Notar, weil ich ein paar Fragen zum Vereinsrecht klären muss. Da gibt es einiges an Bürokratie zu bewältigen, aber dafür gibt es ja den guten Rat vom Fachmann. Natürlich kommen wir auch wieder über die Erfurter Stadtpolitik ins Gespräch und tauschen uns über verschieden aktuelle Debatten aus. Danach muss ich in den Landtag, wo ich mich mit einem Unternehmer treffe, der ein klasse Erfinder ist und damit auch eine Firma betreibt. Leider hat ihn die Wirtschaftskrise schwerer getroffen, als seine Rücklagen es verkraften können. Hinzu kommt, dass auch in dieser Situation viel Bürokratie bewältigt werden muss. Gemeinsam mit einem Anwalt überlegen wir, was nun zu tun ist und wie es mit der Firma weitergehen kann.

Am Nachmittag bin ich zu einer Tagung der Uni Erfurt auf Schloss Ettersburg eingeladen. Ich darf einen Vortrag über die soziale Entwicklung in Ost- und Westdeutschland halten. Da es für die Studierenden ein Leichtes ist, sich über die statistischen Unterschiede wie Lohnentwicklung etc. zu informieren, erwähne ich das nur am Rand und konzentriere mich auch die psychologischen Unterschiede zwischen Ost und West. Es ist gescheitert, den Aufbau Ost als Nachbau West anzugehen. Dieser Versuch des Nachahmens bei völlig anderen Rahmenbedingungen kann an vielen Stellen nur zu Frust führen. Entscheidend ist, sich auf die eigenen Stärken zu konzentrieren und daraus Chancen zu entwickeln. Thüringen kann mit seinen Universitäten und Hochschulen junge Menschen aus der ganzen Republik anziehen, wenn das Studium gebührenfrei bleibt und die Qualität bei Lehre und Forschung gewahrt wird. Die Tourismuswirtschaft müsste noch besser vernetzt werden, um Thüringen als Gesamtpaket zu bewerben anstatt auf nebeneinander agierende Tourismusverbände zu setzen. Die Verwaltung darf nicht so kleingliedrig bleiben, wie sie es jetzt ist, denn dadurch werden unnötige Kosten erzeugt. Und was die Industrie angeht, müssen wir uns noch stärker dem Thema regenerative Energie und regionale Energieerzeugung widmen. Für alle diese Ideen muss politisch über Grenzen hinweg gedacht werden. Zukunft lässt sich nur gemeinsam entwickeln.