Mea Culpa?

Ich bin Schuld. Den ganzen Vormittag höre ich es im Autoradio auf dem Weg nach Berlin, dass ich Schuld bin. Zitiert wird Christoph Matschie, der sagt, dass ich während der Sondierungsgespräche immer wieder etwas anderes erzählt hätte, dementsprechend kein vertrauenswürdiger Partner und folglich verantwortlich für das Scheitern der Gespräche sei. (Die FAZ nennt das „Die Dämonisierung Bodo Ramelows“.) Dabei habe ich doch vom 30. August bis zum 30. September immer wieder das Gleiche gesagt, nämlich dass Herr Matschie nicht Ministerpräsident wird. Die Aussage war nicht nur konstant, sondern auch richtig. Von diesem Punkt abgesehen, haben wir als Partei von Anfang an erklärt, dass wir ohne Vorbedingungen in die Verhandlungen gehen. Auch da gab es keine Veränderung während der gesamten Sondierungszeit.
Die ganze Entwicklung lässt sich hier im Tagebuch nachlesen und seit gestern sind auch die verschiedenen Analysen zu den Sondierungsgesprächen online. So kann sich jede und jeder selbst ein Bild machen, warum keine reformorientierte Landesregierung zu Stande gekommen ist.
In Berlin haben wir eine Beratung mit Genossen aus allen Teilen der Republik und unser Thema ist die Programmdebatte unserer Partei, die wieder an Fahrt gewinnen soll. Wir sollten die nächsten Monate nutzen, um die Sache voran zu bringen. Nach der Beratung habe ich einen Termin beim neuen kubanischen Botschafter. Wir sprechen über die Entwicklung der letzten 20 Jahre und die Zukunftsperspektiven, die sich für Deutschland und für Lateinamerika bieten. Die Wirtschaftskrise zeigt, wie überholt die neoliberale Maxime ist. Jetzt müssen weltweit die Weichen für ein solidarischeres Miteinander gestellt werden. Das wird mit der neuen Bundesregierung nicht einfach werden, aber wir werden als die linke Opposition im Bundestag dafür sorgen, dass auch die Schwachen in der Gesellschaft eine Stimme haben.
Am Abend lese ich, dass sich die Schwarz-Rosa-Koalition einen straffen Fahrplan für ihre Verhandlungen vorgenommen hat. Dazu äußert sich auch der Interimsvorsitzende der Thüringer CDU, bei dem ich mich nun wieder frage, wann seine Vergangenheit in den Verhandlungen ausdiskutiert wird. Als ehemaliger DDR-Grenzsoldat könnte er sicher hervorragend den Unterschied zwischen Vergatterung und Schießbefehl erklären. Wenn man ihn denn fragen würde.