Wieder mitten im Geschehen
Nach ein paar freien Tagen bin ich heute wieder voll in die politische Arbeit eingestiegen und habe den ganzen Tag volles Programm. Es beginnt mit einem Gespräch bei den Erfurter Stadtwerken, an dem nicht nur unser Fraktionsvorsitzender Dieter Hausold und ich teilnehmen, sondern auch ein Gast aus Berlin: unser Wirtschaftssenator Harald Wolf. Es entwickelt sich ein hervorragendes Gespräch, in dem wir uns nicht nur darüber einig sind, dass Stadtwerke an sich gestärkt werden sollen, sondern wir reden auch über das Projekt eines Energieclusters. Wir finden viele Anknüpfungspunkte zu den Ideen von Stadtwerkegeschäftsführer Rainer Otto und überlegen gemeinsam, wo sich Kräfte über die Region hinaus bündeln lassen. Die anderthalb Stunden vergehen wie im Flug und ich bin froh, dass wir uns nach all den Aufregungen um die Stadtwerke wieder auf die inhaltlichen Debatten konzentrieren können.
Nach dem Stadtwerketermin geht es zu einer Pressekonferenz, an der neben Dieter, Harald Wolf und mir auch Professor Heiner Flassbeck teilnimmt. Professor Flassbeck ist Chefökonom der UNO-Organisation für Welthandel und Entwicklung (UNCTAD) in Genf und Experte für Nachfrageorientierte Wirtschaftspolitik. Zu viert erläutern wir den anwesenden Medienvertretern die wirtschaftspolitischen Maßnahmen, die gerade in Anbetracht der Krise dringend notwendig wären. Heiner Flassbeck bringt auch die europäische Perspektive ein und berichtet, dass in der Schweiz gerade diskutiert wird, ob der Mindestlohn nicht von 15 auf 20 Franken (9,50 bzw. 13 Euro) erhöht werden soll. Für Beschäftigte im Thüringer Friseurhandwerk, die nicht einmal 4 Euro pro Stunde verdienen, muss das wie eine Geschichte aus dem Märchenland klingen. Harald Wolf nennt Beispiele, wo die Zentralbank billige Kredite an Banken herausgibt und die Banken dann das Geld wieder für bedeutend höhere Zinsen an die Zentralbank zurück verleihen. Das zeigt doch, dass trotz der katastrophalen Finanzkrise noch immer keine Regelungen getroffen wurden, die zukünftig solche Spekulationsblasen verhindern. Der Geist des Kasinokapitalismus ist immer noch fest verankert und er muss von der Politik durch klare Vorgaben gestoppt werden.
Am späten Nachmittag besuchen wir noch alle gemeinsam die Industrie- und Handelskammer und diskutieren drei Stunden über die Möglichkeiten eines Netzwerks Mittelstand und die Frage, wie die Politik jetzt den kleinen und mittelständischen Unternehmen beistehen kann. Eine Möglichkeit wären Eigenkapitaldarlehen. Dazu müsste die Thüringer Aufbaubank weiterentwickelt werden, damit unkompliziert geholfen werden kann. Ansonsten droht die Gefahr, dass viele Firmen wegen der Krise aufgeben müssen.
Ein guter Tag, an dem Wirtschaft und Soziales in vielen Punkten zusammengedacht wurden. So wie es sein sollte.