140 Seiten Kalter Krieg und dazu zwei dicke Leitzordner

Heute kam die Klagebegründung für die Zweite Instanz des Bundesamtes für den Verfassungsschutz. Kiloweise Material, vom DKP-Pogramm bis Lenin, von Marx bis Murks, alles ein riesiges Sammelsurium von Materialien, die belegen sollen, wie dringend notwendig meine Ausspionierung sei. Leider finde ich selbst nach 140 Seiten schlechter Literatur immer noch nichts was mich als Person selber betrifft. Es geht also nicht um persönliches Verhalten, sondern um meine politische Haltung!

Da wird lediglich die altbekannte Hochzeitsanzeige von 1982 bewertet und als “Beweis” angeboten. Aber, oho, diese Annonce bietet selber keinen textlichen Anlass als eigenständiger Beweis für die Sympathie zur DKP herangezogen zu werden, schreibt der Rechtsvertreter des Amtes und dies sei der Beweis! Weil nichts im Text drin sei, muss man den Ort des Erscheinens und die umgebenen Anzeigen zusammen würdigen und dann würde man das Raffinierte meiner “Verstrickung” erkennen! Ich bin eben ein bekennendes “Nichtmitglied”! Das sei der Beweis! Oh je, warum erinnert mich das an die Logik von Hexenprozessen? Nichts selber getan, aber in der nähe gesehen worden? Das Buch “Die verlorenen Ehre der Katharina Blum” lohnt sich wieder hervorzuholen, denn dieses Klima wird gerade wieder erzeugt.

Prozessual, genauso wie im alltäglichen Leben. Da pöbelt Sonntag Guido Westerwelle bei Anne Will gegen uns: „Ich habe doch nicht für die Freiheit 1989 gekämpft um jetzt mit Sozialisten und Kommunisten zusammenarbeiten zu müssen, oder gar von denen regiert zu werden.“ Da wird der Kampf gegen Billiglohn gegen Lohndiskriminierung als Kommunismusverdacht gebranntmarkt.

Da pöbelt der Hessische Innenminister Bouffier gegen mich mit Worten “linksextremistische Hetze”, weil ich in Lollar beim Hessischen Parteitag darauf hingewiesen habe, dass die üble Tat in Schwalmstadt, mit dem fast tödlichen Überfall auf das Zeltlager unserer Jugendorganisation, einfach als unterlassene Hilfeleistung von staatlichen Stellen, von Behörden bezeichnet werden muss. Der Täter von Schwalmstadt wurde in Jena vom Gericht gesucht und die Polizei nahm ihn am Mittag vor der Tat in Gewahrsam und ließ ihn wieder laufen. Als die Tat begangen war und das 13 jährige Mädchen fast totgeschlagen, wollte niemand die Verantwortung für die Kette der Fehlentscheidungen übernehmen. Jeder der jetzt sagt: die Behörden haben versagt, der ist dann ein Hetzer! Der Täter war bekannter Gewalttäter, aber eben kein “ausländischer” Jugendlicher, nur ein Nazi!

Da wird es bitter! Auf dem Linken Auge wird nur Kommunismus und Gulag gesehen, da rechtfertigt man jede Schnüffelmaßnahme und sobald es braun wird, ergeht man sich in Schweigen. Nur keine Fehlerdebatte heißt da die Devise der Behördenleitungen und CDU Innenminister. Aber auf die Opfern wirkt das als wenn die Tat immer wieder begangen würde.

Ich bin froh das in Jena und Altenburg die Bürger gemeinsam mit den Oberbürgermeistern und zum Glück auch mit allen Stadtratsparteien am Samstag “Gesicht” zeigen werden gegen braunen Ungeist. Hier haben alle bewiesen, dass nur zusammenhalten hilft, gegen solchen Ungeist. Auch die Kirchgemeinden haben aufgerufen am Samstag mitzumachen. Ich denke, endlich! Das Beispiel von Jena macht Schule.11 Busse alleine aus Jena zeigt bürgerschaftliches Engagement und belegt, dass in Thüringen viele Menschen sich aufmachen um dem braunen Geist keine Chance als neuen Zeitgeist zu geben. Auch wenn der Täter aus Schwalmstadt im “braunen Haus” zu Jena Unterschlupf hatte, auch wenn das Gericht in Jena nicht herausfinden konnte, wo sich der Täter aufhält, spüre ich, dass die Bürger für diese keine Rechtfertigung akzeptieren. Hinsehen statt wegsehen, heißt die Devise. Mitmachen statt Schweigen, Einmischen statt Tatenlosigkeit! Der nächste Samstag zeigt in Altenburg, Thüringen ist weltoffen und bunt, nicht braun!