Schreckliche Stunden

Mein Wochenende war geprägt von der gedanklichen Nachbereitung meiner Reise nach Den Haag und den drei sehr guten Veranstaltungen anlässlich des Tags der Deutschen Einheit, an denen ich teilhaben durfte. Die Thüringer Bürgerdelegation in Hamburg und unsere wunderbare Installation einer Ritterburg in der Mönckebergstraße direkt vor Karstadt waren für mich besondere Highlights der diesjährigen Feierlichkeiten. Die Ritterburg war ein magischer Anziehungspunkt. Beim Rundgang durch die Fußgängerzone wurde ich von vielen Menschen angesprochen und es wurden mir viele gute Wünsche mit auf den Weg gegeben.

Von Hamburg aus ging es nach Nordhausen, wo wir nach den ereignisreichen Wahlsonntagen einen wirklich gelungenen Abend im Anbau des Theaters Nordhausen erleben durften. Das wunderbare Loh-Orchester hat den Abend hervorragend gestaltet und es wird deutlich, wie sehr sich die Investition in das Theater auszahlt, denn die Bürgerschaft von Nordhausen und die ganze Nordthüringer Region schauen mit Stolz darauf. Seit über 40 Jahren ist dort keine umfassende Sanierungsarbeit mehr geleistet worden. Umso wichtiger ist es, jetzt in dem Anbau die Ausweichspielstätte zu haben, damit der laufende Baubetrieb weder gestört noch die Bürger von ihrem Theater getrennt werden.

Von Nordhausen aus ging es weiter Richtung Westen nach Den Haag und auch dort war es ein ganz besonderes Erlebnis, für Deutschland als Patenland der Deutschen Botschaft fungieren zu dürfen. Dazu gesondert mehr. Stichwort: „Poldern“ wird uns wohl noch länger begleiten, denn auch in den Niederlanden stehen Wahlen bevor. Poldern bedeutet ins Deutsche übertragen, dass alle politischen Parteien – freilich mit Ausnahme von Rechtsextremen – nach einer Wahl miteinander gesprächs- und koalitionsfähig sein müssen.

Kaum hatte ich meinen Koffer nach der Heimreise ausgepackt, erreichten mich die schrecklichen Nachrichten aus Israel. Die Vorstellung, dass die Hamas wahllos Zivilisten tötet, um damit Terror und Schrecken zu verbreiten, ist für mich unerträglich. 260 Menschen, die friedlich auf einem Festival gefeiert habe, wurden ermordet, weil sie Juden waren. Die Worte „Terror“ und „Krieg“ reichen kaum noch, um das Maß an antisemitischem Hass zu beschreiben, das sich hier Bahn gebrochen hat. Es ist Massenmord und Barbarei. Auch wenn die Zahlen noch schwanken: circa 1000 Menschen wurden ermordet, Hunderte entführt.

Antisemitismus ist die zentrale Triebkraft dieser Gewalt – verbrämt als angeblich gottgewollter Akt der Rache. Die Bilder der betenden Hamas-Führung machen deutlich, dass sie und ihre Helfershelfer von der vom Iran unterstützten Hisbollah den Gottesbezug missbrauchen, um Terror und Barbarei zu rechtfertigen.

Ja, im Koran ebenso wie in anderen religiösen Schriften finden wir Textstellen, die zumindest als Rechtfertigung für Gewalt missinterpretiert und missbraucht werden können. Entscheidend ist aber, wie wir die göttliche Botschaft des Friedens und der Feindesliebe tatsächlich verstehen und leben. Der Rückfall in die Barbarei öffnet die Tore zu Hass und Gewalt und zerstört den Traum und die Hoffnung von einer friedlicheren Welt. Am Ende der von Deutschland zu verantwortenden Barbarei des Holocaust, dem gelebten Antisemitismus und dem Judenhass sowie der massenweisen Ermordung politischer Gegner stand der Versuch, eine Weltfriedensordnung mit dem Weltsicherheitsrat als Herzstück zu installieren.

Mein ganzes Leben lang habe ich mich von dieser Hoffnung leiten lassen, auch wenn ich weiß, dass die Realitäten häufig anders waren. Die Pol-Pot-Barbarei der Roten Khmer habe ich genauso in Erinnerung wie den Genozid in Ruanda oder aktuell gerade im Sudan. Hier hätte ich mir gewünscht, dass die Nationen der Welt näher zusammenrückten und sich von der Sehnsucht nach Frieden leiten ließen. Nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine wird aber deutlich, dass die Weltordnung ins Rutschen gerät. Russland und China verhindern aktuell im Weltsicherheitsrat eindeutige Resolutionen, wenn es um das Verurteilen der Massenmörder von der Hamas geht. Es ist ein unbegreiflicher Vorgang, dass Staatsführungen sich nicht dazu durchringen können, einen Massenmord auch Massenmord zu nennen und zu akzeptieren, dass Antisemitismus nicht nur in Sonntagsreden zu verurteilen ist, sondern dann, wenn er als Terror blutig sichtbar wird, auch mit Konsequenzen geahndet werden muss.

Ich würde es sehr begrüßen, wenn die Weltgemeinschaft deutlich machte, dass die Hamas und die Hisbollah ihre kriegerischen Aktivitäten sofort einzustellen haben, sich zu Verhandlungen bereiterklären und als Zeichen des guten Willens alle Geiseln sofort freizulassen sind. Will man eine weitere Eskalation verhindern, muss das Morden jetzt enden und die Ermordung und Entführung von Zivilisten als das bezeichnet werden, was es ist: Barbarei und Terror.