Im Gedenken an Boris Romantschenko

Jeden Tag erreichen uns neue, furchtbare Nachrichten aus der Ukraine. Immer mehr Menschen fallen dem Angriffskrieg, den Russlands Präsident Putin befohlen und auch zu verantworten hat, zum Opfer.
 
Heute wurde mir mitgeteilt, dass am Freitag der Buchenwald-Überlebende und langjährige Vizepräsident des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora, Boris Romantschenko, bei einem Raketenangriff in Charkiw, der auch seine Wohnung traf, gewaltsam ums Leben gekommen ist

Boris Romantschenko, Jahrgang 1926, wurde 1942 aus seiner ukrainischen Heimat von der deutschen Wehrmacht als Zwangsarbeiter nach Deutschland verschleppt. Er überlebte die unmenschlichen Arbeitsbedingungen beim Bau der V2 in Peenemünde sowie die KZs Bergen-Belsen, Mittelbau und Buchenwald. Erst im Jahr 1950 – nachdem er fünf Jahre für die Rote Armee in Deutschland Dienst tun musste – durfte er endlich in seine Heimat Ukraine zurückkehren und konnte sich dort ein neues Leben aufbauen. Noch im Jahr 2012 war er bei den Gedenkfeierlichkeiten auf dem Appellplatz der Gedenkstätte Buchenwald dabei und sprach in russischer Sprache den Schwur von Buchenwald.
 
Mir fällt es schwer, Worte dafür zu finden, wie fassungslos mich der Tod dieses KZ-Überlebenden macht. Die mörderische NS-Zeit hatte er überlebt, sein Leben dem Gedenken und dem Kampf für das „Nie wieder“ gewidmet, um nun in Putins völkerrechtswidrigem Terror- und Angriffskrieg den Tod zu finden.
 
Der Tod Boris Romantschenkos zeigt in aller Tragik die Sinnlosigkeit und Grausamkeit dieses Krieges. Wie er lebten und leben noch viele andere KZ- und Holocaustüberlebende in der Ukraine, die nun, im hohen Alter, abermals miterleben müssen, wie der Krieg zurückkehrt und alles zu zerstören droht, was sie sich mühsam nach dem Zweiten Weltkrieg aufgebaut hatten.
Die Lehren unserer Geschichte, aber auch das Andenken an Boris Romantschenko verpflichten uns, weiter alles in unserer Kraft Stehende zu tun, um diesen Krieg endlich zu beenden.
 
Der Schwur von Buchenwald war immer eines der Leitmotive des Lebens von Boris Romantschenko:
 
„Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ideal!“
 
Es ist an uns zu beweisen, dass wir ihn und die anderen Überlebenden verstanden haben.
 
Ich schicke eine stille Umarmung an seine Lieben und verneige mich vor einem großen Mann.