Ein gemeinsamer Haushalt für eine gemeinsame Zukunft

Wer irgendwann einmal eine Geschichte Thüringens im 21. Jahrhundert schreiben will, der wird um die Legislaturperiode 2019 bis 2024 nicht herumkommen. Ohne die bekannten Vorgänge der letzten beiden Jahre noch einmal aufzählen zu wollen, können wir dieser Geschichte jedoch mit dem heutigen Tag ein neues Kapitel hinzufügen.

Mit der Verabschiedung des Haushaltes für das Jahr 2022 hat der Thüringer Landtag nicht nur bewiesen, dass er handlungsfähig ist, sondern auch, dass über Parteigrenzen hinweg – wenn auch ab und an unter Schmerzen – Kompromisse zum Wohle der Bürger und Bürgerinnen des Freistaates geschlossen werden können.

Mir ist in der Tat ein Stein vom Herzen gefallen, dass es R2G und der CDU gelungen ist, gerade auch in der inhaltlichen Auseinandersetzung bei vielen Themen genügend Übereinstimmung zu erzeugen, die zur Herstellung der Abstimmungs- und Beschlussfähigkeit notwendig war. Und man soll mich nicht missverstehen. Freilich gibt es zwischen Parteien wie beispielsweise DIE LINKE. und der CDU zum Teil erhebliche inhaltliche und programmatische Unterschiede. Das ist ebenso Demokratie wie der Streit mit Anstand und nach Regeln um die besten Ideen.

Gleichzeitig ist meine feste Überzeugung, dass es bei Zukunftsthemen, die uns alle angehen, unter Demokraten auch Gesprächsbereitschaft und Kompromissfähigkeit geben muss. Die Weiterentwicklung des ländlichen Raumes, eine zukunftsfähige Daseins- und Gesundheitsvorsoge ebenso wie die zahlreichen Finanzbeziehungen, die es immer wieder neu auszutarieren gilt, können niemals Gegenstände sein, über deren ziel- und fortschrittsorientierte Bearbeitung nur oder vorrangig ein Parteibuch entscheidet. Das wäre fatal.

Es ist daher keine kleine Leistung aller beteiligten Fraktionen und insbesondere ihrer Fraktionsvorsitzenden, dass sie zu diesen Themen Fragestellungen und Problemaufrisse entworfen haben, die die Basis für eine vertiefte inhaltliche Annäherung bieten werden.

In den nächsten Monaten wird es darum gehen, entlang der Arbeitsschritte Analyse – Ideenwerkstatt – Priorisierung in enger Abstimmung aller Demokraten auch Ergebnisse zu produzieren. Über transparente Absprachen und Arbeitsabläufe schaffen wir Vertrauen untereinander, das nichts weniger als die entscheidende Voraussetzung für ein gutes Miteinander zum Wohle unseres Freistaates sein muss.

Ich schreibe diese Zeilen am Vorabend des 05. Februar – des Tages, an dem im Jahr 2020 die AfD Demokraten Fallen stellte, Leimruten auslegte und einen Ministerpräsidenten Kemmerich ins Amt hievte. Die demokratische Krise, die aus diesem Dammbruch entstanden ist, habe ich auch in meiner Rede am 04.03.2020 anlässlich meiner Wiederwahl zum Ministerpräsidenten angesprochen. Im Chinesischen nämlich teilen sich „Krise“ und „Chance“ dasselbe Schriftzeichen – mehr als nur Zufall. Denn Krisen bergen bei aller Verunsicherung und Gefahr, die sie erzeugen können, auch immer Chancen für Neues. In Thüringen können wir gerade genau das beobachten. Eine Minderheitsregierung R2G geht in das dritte Jahr der Legislaturperiode ohne formal von der demokratischen Opposition im Landtag toleriert zu werden. Dass die regierungstragenden Fraktionen heute dennoch einen Haushalt gemeinsam mit der CDU verabschieden konnten zeigt, eindrücklich, welch neue Wege wir beschreiten wollen, aber auch müssen, um den Bürgerinnen und Bürgern zu zeigen, dass die parlamentarische Demokratie mehr ist und sein kann, als die Summe parteipolitischer Einzelinteressen. Was heute zählte, war damit auch nicht das Einzelabstimmungsverhalten, sondern vielmehr das wichtige Zeichen, dass wir gesetzt haben: Unser Auftrag ist das Wohl der Bürger Thüringens. Diesem Anspruch versuchen wir als Demokraten jeden Tag gerecht zu werden – ja, mit verschiedenen Parteibüchern, aber dem gleichen Ziel.

Und am Ende noch ein letztes Wort zu historischen Tagen: nicht nur der 05. Februar 2020 hat in Thüringen – in der Tat eher unselige – Geschichte geschrieben. Denn gehen wir von heute aus 30 Jahre zurück war es auch ein 05. Februar – damals im Jahr 1992 – als Bernhard Vogel erstmals zum Ministerpräsidenten des Freistaates Thüringen gewählt wurde. Es war der CDU-Politiker Vogel, der in über 11 Jahren Amtszeit den Freistaat maßgeblich prägte – seine Politik, aber auch seinen gesamten Aufbau nach 1990. Er legte das Fundament auf dem wir heute stehen und von dem aus wir als R2G gemeinsam mit der CDU an der Zukunft bauen wollen – ganz nach dem Motto des CDU’lers Vogel: „Zuerst das Land!“

Deshalb habe ich heute nur eine Botschaft: Danke!