Eigentum verpflichtet

In dieser Woche erschien in der „Thüringer Allgemeinen“ ein Interview mit mir in Vorbereitung des Treffens der ostdeutschen Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten und der Bundeskanzlerin in Neudietendorf. Das Interview streifte auch das Wahljahr 2019 und die aktuelle Umfrage des „MDR“ nach der der Thüringer Landesregierung mit großem Abstand die beliebteste in ganz Ostdeutschland ist. Der Interviewer bezog sich dann auf die Zufriedenheit mit dem rot-rot-grünen Berliner Senat, die deutlich darunter liegt. Es ist mein Prinzip mich nicht zu anderen Landesregierungen und deren Arbeit zu äußern. Ich halte es für schlechten Stil von außen die Arbeit Anderer zu bewerten.

Das war der Grund, weshalb ich auf die Frage nach dem Volksbegehren in Berlin antwortete:

„Das ist nicht unsere Diskussion, wir enteignen im Wohnungsmarkt nichts. Wir kaufen. Ziel ist, in Thüringen den staatlichen Bestand an Wohnungen auszubauen – und einen staatlichen Wohnungsbau anzuschieben. In diesem Ziel sind wir uns der Koalition inzwischen einig. Die öffentliche Hand, Land und Kommunen, muss mehr für den sozialen Wohnungsbau in den Städten tun. Und sie muss mehr dafür tun, dass im ländlichen Raum barrierefreie Wohnungen für die Älteren entstehen. Bei der Aufbaubank stehen etwa 200 Millionen Euro aus zurückgeflossenen Fördermitteln bereit, die wollen wir aktivieren.“

Hintergrund ist die Situation in Gera. Dort waren 2014 die Stadtwerke in die Insolvenz getrieben worden, einen Vorgang den ich noch heute politisch als Skandal empfinde und überhaupt nicht nachvollziehen kann. Es fehlte der Kommune und der damaligen Landesregierung der Wille, hier öffentliches Eigentum zu sichern. 2016 wurden dann 74.9% der Anteile an der GWB „Elstertal“ an die Investorengemeinschaft Benson Elliot aus London verkauft worden. Nun besteht die Chance, diese Wohnungsbestände in öffentliches Eigentum zurückzuholen und da bleibe ich mir treu. Ich werde alles dafür tun, dass wir dieses Ziel erreichen. Und um künftig mehr Schlagkraft auch beim sozialen Wohnungsbau entwickeln zu können überlegen wir, ob nicht eine Landeswohnungsgesellschaft ein sinnvoller Weg für ein Flächenland wäre, in dem Wohnungsmarkt sich durchaus sehr differenziert darstellt.

In Erfurt und Jena gibt es durchaus Mangel an Wohnraum aber in vielen Kommunen haben wir Herausforderungen mit Leerstand, was letztlich dazu führt, dass die kommunalen Wohnungsbauunternehmen durchaus auch in Schwierigkeiten geraten können oder die Mittel für die nötigen Sanierungen und Investitionen fehlen. Und manches Unternehmen drücken noch sogenannte „Altschulden“, die bei rechtem Licht gesehen, gar keine Schulden sind.

Das Land kann und muss all diese Prozesse sinnvoll begleiten und das ggf. mit einer eigenen öffentlichen Wohnungsgesellschaft. Der gesamte Thüringer Wohnungsmarkt weist also deutliche Unterschiede zum Wohnungsmarkt von Metropolen wie Berlin, Hamburg. Köln oder München auf. Gerade auf dem Land leben viele in Eigenheimen, während in den Städten kommunale und genossenschaftliche Wohnungsunternehmen dominieren. Aber auch die müssen so aufgestellt sein, dass sie ihre Bestände sinnvoll bewirtschaften können. Also sozial verträgliche Mieten, die aber eben auch Kosten decken und Investitionen/Sanierungen ermöglichen müssen.

Und um es klar zu sagen: Wer sein Eigentum nicht so nutzt, wie es Grundgesetz und Landesverfassung vorgeben, der muss auch in Thüringen damit rechnen, dass meine Landesregierung nicht tatenlos zusieht. Ich habe das auch bewiesen:

Wir haben die Gauner, in deren Hände das Schloss Reinhardsbrunn gefallen war, enteignet. Ein Novum in der Bundesrepublik aber aus meiner Sicht ein absolut notwendiger Schritt.

Und genau das gilt in vergleichbarer Weise auch für Immobilienspekulanten, denn Eigentum verpflichtet! Wenn Wohnungen zu reinen Spekulationsobjekten verkommen und Mieten unbezahlbar werden, dann sind Gegenmaßnahmen notwendig. Das gilt besonders in Ballungsgebieten, vor allem auch dann, wenn Leerstände künstlich erzeugt werden. Spekulationen mit Wohnraum muss der Boden entzogen werden.

Und was passierte mit diesem Interview. Der „Spiegel“ machte daraus eine reißerische Überschrift und behauptet darin, dass ich gegen Enteignungen von Wohnraum sei und ohne es zu belegen, wird mir Kritik an der rot-roten-Landesregierung in dieser Frage unterstellt. Dabei habe ich mich nirgends zum Volksbegehren geäußert. Offenbar ein billiger Versuch, Unfrieden zwischen zwei Landesregierungen oder innerhalb meiner Partei anzustacheln.

Das wird nicht gelingen. In Thüringen machen wir weiter unsere Hausaufgaben, stärken öffentliche Wohnungsunternehmen, ob kommunal oder genossenschaftliche und fördern den Wohnungsbau, denn genau das ist unser Auftrag und an dessen Umsetzung werden wir weiterarbeiten.

Ich darf an dieser Stelle an ein Beispiel erinnern, dass deutlich macht, dass die Frage, wem ein Unternehmen gehört, noch nicht allzu viel über dessen Arbeit aussagt. Ich denke, dass vielen der Name „Neue Heimat“ ein Begriff ist. Dabei handelte sich um ein Wohnungsunternehmen, das den Gewerkschaften gehörte. Anfang der Achtziger Jahre geriet sie in den Fokus der Öffentlichkeit, weil mehrere Vorstandsmitglieder sich direkt oder indirekt am Vermögen der Gesellschaft und damit der Mieter bereichert hatten. Am Ende stand die Privatisierung und Abwicklung.

Die Frage ist also, wie werden die Mieterinnen und Mieter behandelt. Wie wird das Eigentum bewirtschaftet. Werden etwa Mängel besichtigt (und dafür hohe Rechnungen gestellt, ohne dass etwas passiert) oder werden die Wohnungen gut instand gehalten und damit das Vermögen gesichert. Denn gerade bei öffentlichem Eigentum muss sichergestellt sein, dass nicht am Ende das Geld sowohl der Mieterinnen und Mieter als auch des Steuerzahlers verschwendet wird.

Und ordnungspolitisch ist da noch eine Menge zu tun. Dass beispielsweise zwei Genossenschaften bei einer Fusion Grunderwerbsteuer zahlen müssen aber große Kapitalgesellschaften darum herumkommen, wenn sie Wohnungsgesellschaften mit Tausenden Wohnungen kaufen und dem alten Eigentümer mit einem kleinen Anteil weiter beteiligen, ist ein Skandal. Solche Steuertricks müssen vermieden werden.

Wohnraum, der nicht nur für die eigene Nutzung bestimmt ist, darf keine normale Handelsware sein. Deswegen bin ich dafür, dass gerade in Ballungszentren der Anteil des öffentlichen und genossenschaftlichen Wohnungsbestandes bei deutlich über 50% liegt. Wie es funktionieren kann, lässt sich in Wien gut beobachten! Aber am Ende und da wiederhole ich mich, geht es darum, auch im öffentlichen Bereich für eine gute Bewirtschaftung des Wohnungsbestandes zu sorgen. Nicht im Sinne der Rendite, sondern im Sinne der Mieterinnen und Mieter.