Solarindustrie und Sozialismus chinesischer Prägung
Nun also Peking – dritter Tag unserer China-Reise. Der erste Termin findet im Volkskongress statt, ein Gespräch mit dem Vizevorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses, Herrn Xiu Fujin. Frau Lieberknecht bemüht sich, schnell auf das Thema Solarindustrie zu sprechen zu kommen. Schließlich habe der neugewählte chinesische Staatschef gerade angekündigt, dass es einen gemeinsamen Weg geben soll. Die Ministerpräsidentin stellt Thüringen als Standort der Solarproduktion vor und wirbt für eine Einigung beider Seiten, bevor in Brüssel über mögliche Strafzölle entschieden wird. Unser Gesprächspartner zeigt sich offen, bleibt in seinen Äußerungen aber auch sehr diplomatisch: Es müsse ein gemeinsames Handeln geben, denn auch China braucht selbst mehr regenerative Energien.
Im weiteren Verlauf spricht Herr Xiu Fujin dann von sich aus ganz offen über den Kampf gegen die Korruption in seinem Land und über das Modell des „Sozialismus chinesischer Prägung“. Es entwickelt sich ein recht offenes Gespräch über Gerechtigkeit, Rechtssicherheit von Bürgern und damit auch über deren Freiheitsrechte. Dabei fallen einigermaßen verblüffende Sätze wie: „Wir haben eine 5000-jährige Entwicklung und wir haben festgestellt, dass der sozialistische Weg der beste für uns und unser Land ist.“ Mit dem Bild der riesigen Städte vor Augen, in denen Werbetafeln das Stadtbild prägen, fällt mir zumindest optisch die Abgrenzung von westlichen, kapitalistischen Zentren sehr schwer.
Auch wenn das Wort Menschenrechte nicht direkt fällt, ist es wohl doch der Mittelpunkt des Gesprächs. Das wird insbesondere bei den Themen Offenheit, Kritikfähigkeit und der Rolle des Internets deutlich. Für Xiu Fujin ist wichtig, dass nicht westliche Maßstäbe entscheidend sein können, sondern nur gemeinsames Lernen und Entwickeln helfe hier weiter. Er sieht China auf dem Weg zu einem Rechtsstaat, der seinen Bürgern immer Rechtssicherheit gewähren will. Dies sei noch ein langer Lernprozess. Am Ende des Gesprächs verweist er auf Konfuzius: Man solle immer tolerant und offen sein, um sich kennenlernen zu können.
Anschließend geht es weiter zur Kommunistischen Partei, wir haben einen Termin mit dem Vizeminister der Internationalen Abteilung des Zentralkomitees, Herrn Li Jinjun Auf dem Weg dort hin kommen wir am Platz des Himmlischen Friedens vorbei, Zeit zum Umschauen bleibt aber nicht. Der Zeitplan ist eng.
Zum Beginn des Gesprächs wird uns der Unterschied zwischen KPC und SED erläutert. Selbst Angela Merkel habe nach einem Besuch in der KP-Parteihochschule festgestellt, dass SED und KPC nicht vergleichbar seien. Der heutige Weg Chinas folge nicht den Wirtschaftsideen sowjetischer Prägung und er habe auch nichts mehr mit der Politik vor der großen Öffnung und den Reformen zu tun.
Li Jinjun spricht über Wettbewerbsfähigkeit und Marktwirtschaft. Nur dieser Weg garantiere den schnellen Aufbau von Wirtschaftskraft. Wichtig sei, dass der entstehende Reichtum auch intensiv genutzt wird, um Verteilung davon ableiten zu können. Gesetzgebung und Umverteilung in sozialistischem Rahmen bei gleichzeitiger Entwicklung des Rechtsstaats – das sei der Sozialismus chinesischer Prägung. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit soll dauerhaft gestärkt und die Gesellschaft fortdauernd verbessert werden. Zwischen diesen Polen die Balance zu halten, sei ständige Aufgabe der Partei.
Beim Mittagessen reden wir noch ein mal über die Solarindustrie. Unsere Thüringer Sorgen scheinen hier wirklich gut bekannt zu sein. Auch in diesem Gespräch drückt unser Gesprächspartner den Wunsch aus, dass es keinen Handelskrieg geben darf, sondern gemeinsam eine tragfähige Lösung gefunden werden muss. MP Lieberknecht weist deutlich auf die internationale Preisbildung hin,die eben leider geprägt sei durch Preise unter der Herstellung. Herr Li kann das in Bezug auf Chinesische Solarmodule so nicht akzeptieren aber er lädt zum gemeinsamen Überprüfen und bewerten dieser Fakten ein. Am intensivsten trägt er aber vor,das China so unendliche Umweltprobleme hat,so das die Lösung nicht im Gegeneinander sondern besser im Miteinander liegt. Dazu lädt er die Thüringer Firmen ein.