Ist denn der Sozialismus ausgebrochen?
Immer wurde gesagt, DIE LINKE wolle alles Verstaatlichen und das sei die Morgendämmerung des Sozialismus. Dann wurde weiter argumentiert, dass in der Krise gespart werden müsse und nicht investiert werden darf. Antizyklische Investitionen seien Teufelszeug und auch eine Vorstufe des bösen Sozialismus.
Und nun? Verblüffung allenthalben. Erst werden 480 Milliarden Euro staatliche Bürgschaften für das Bankensystem gegeben. Dann wird viel staatliches Geld direkt in die Commerzbank gepumpt, immerhin 25 Mrd. für 25 Prozent Aktienanteil, auch wenn die ganze Bank nur 4 Mrd. Euro wert ist. Also hätte man sie für 4 Mrd. auch ganz kaufen und die restlichen 21 Mrd. als frisches Kreditkapital an die Wirtschaft und Verbraucher ausgeben können. Und jetzt – oha – wird die Deutsche Bank durch Aktientausch ebenfalls teilverstaatlicht! Wenn ich mich richtig erinnere, wollte doch dieser Herr Ackermann partout nichts von dem staatlichen Geld und nun bezahlt er die Postbank mit Aktien und nicht mit Bargeld. Ergebnis: 10 Prozent der ganzen Deutschen Bank gehören über die Deutsche Post dann dem Staat.
Dazu kommen noch ein 50Mrd.-Paket antizyklischer Investitionstätigkeit des Staates und die Freigabe von Bürgschaftsmitteln für die großen Betriebe. Für letzteres sollte doch das 480Mrd-Bürgschaftspaket sein, damit die Banken der Wirtschaft endlich wieder Kredite geben, oder? Erst das eine und nun das andere Paket! Was passiert da? Die Banken gehen in Staatsbesitz und die großen Firmen bekommen vom Staat die Bürgschaften – verkehrte Welt! Das muss doch – nach all dem, was uns vorgeworfen wurde – der reine Sozialismus sein. Dabei wollte ich ihn so wirklich nicht. Einen fairen Staat habe ich mir vorgestellt, der die Regeln schafft, damit alle Marktteilnehmer gemeinsam wirtschaften und handeln können. Faire Regeln und Wohlstand für alle – so stand es auch mal im Ahlener Programm der CDU. Nun ist kein Geld für Hartz-IV-Empfänger da und auch kein gesetzlicher Mindestlohn für alle beschlossen, aber Steuergeld für Banken und Geldhäuser ist im Überfluss da.
Immerhin bringt das Konjunkturpaket zusätzliches Geld für Thüringen. Das muss jetzt aber auch direkt in konkrete Projekte gegeben werden. Die Ortsumgehung Gößnitz und die Höllentalbahn müssen sofort in Angriff genommen werden. Die Bahnanbindungen nach Bayern in Südthüringen genauso wie die sofortige Sanierung der Kyffhäuserbahn. Auch viele Schulen brauchen sofort Mittel, um Sport- und Schwimmhallen zu erneuern. Das sind nur ein paar konkrete Beispiele, die ich mir für Thüringen vorstelle. Wir werden sie der CDU und der SPD im Landtag vorschlagen und hoffen auf offene Ohren, denn bis zur Genesung von Dieter Althaus wollen wir auf Kampfabstimmung verzichten. Auch wenn ich das Konjunkturpaket der Bundesregierung völlig unausgewogen und sozialpolitisch falsch finde, müssen wir mit dem Geld in Thüringen nun klug umgehen.
Die Klausur der Bundestagsfraktion in Frankfurt war wirklich gut (und wir waren Dank konzentrierter Arbeit sogar zwei Stunden früher fertig). Viele Vorlagen – auch die, für die ich verantwortlich war – wurden einstimmig angenommen. Froh bin ich auch darüber, dass die Überlegungen zum Nahen Osten, über die ich gestern im Tagebuch öffentlich gegrübelt habe, heute von der Fraktion angenommen wurden. Morgen wird Gregor Gysi in der Sondersitzung des Bundestages diese Positionen für uns vortragen. So können die Leser meines Tagebuches Zeugen sein, wie politische Initiativen gegen die fantasielose Kriegslogik entstehen.