Die Strukturen bestehen noch – Zeit zum Handeln
Kein gewöhnlicher Dienstag, dieser Tag der Befreiung. Während ich sonst an diesem Wochentag von einer Sitzung zur nächsten eile, habe ich diesmal sehr intensive Termine. Am Vormittag bin ich auf dem Erfurter Zentralfriedhof, wo der Opfer der Hitler-Barbarei gedacht wird. Erfreulicherweise findet das Gedenken parteiübergreifend statt und auch die deutsch-russische und die deutsch-amerikanische Freundschaftsgesellschaft sind dabei. Das ist wichtig, denn es gab auf alle Seiten Opfer und so wird denn auch angeregt zusätzlich zum sowjetischen Ehrenfriedhof eine Gedenkstelle für die amerikanischen Opfer einzurichten.
Anschließend geht es in den Landtag zur Buchvorstellung „Made in Thüringen“. Über zwanzig Autoren haben sich darin mit der Entstehung des NSU-Terrornetzwerks auseinandergesetzt – mit den gesellschaftlichen Fehlern, mit dem Versagen des Verfassungsschutzes und dem Wegschauen der Politik. Als Herausgeber will ich das Buch nicht allzu sehr loben. Es ist ja klar, dass ich es nicht herausgegeben hätte, wenn ich es nicht für richtig und wichtig halten würde. Am besten macht man sich selber ein Bild davon: Der Verlag bietet auf seiner Webseite das Inhaltsverzeichnis und eine Leseprobe an. Außerdem hat Salve TV einen Filmbeitrag über das Buch gemacht. Ich kann nur versichern, dass sich das Lesen wirklich lohnt. Für uns ist das Buch Mahnung und Handlungsanweisung zugleich, denn die Strukturen, die den rechten Terror möglich gemacht haben, sind fast alle noch die gleichen wie zur Entstehung der NSU.
Dienstagabend war ich im Erfurter Rathaus zu einem Konzert von Avitall Gerstetter. Sie ist die erste jüdische Kantorin in Deutschland und ihre Musik war einfach wunderschön. Allerdings erreicht mich noch im Rathaus eine sehr dringende Bitte aus NRW. Sahra Wagenknecht sollte am Mittwoch in Mönchengladbach zum Wahlkampfabschluss sprechen, ist aber kurzfristig ausgefallen. Und nun suchen die Genossinnen und Genossen einen Ersatz. Also plane ich meinen Mittwoch rasch um und freue mich, dass ich am Sonntagabend – wenn wir den Wiedereinzug in den Landtag von NRW feiern – sagen kann, dass ich auch ein kleines bisschen dazu beigetragen habe.