Irischer Weg

Der Tag beginnt mit politischen Debatten über die Umsetzung bzw. Nicht-Umsetzung des Wählerwillens in Thüringen. Allerdings führe ich die Diskussion weder mit Politikerkollegen noch mit Journalisten, sondern mit Attilas Tierarzt und seiner Mitarbeiterin. Da das Tier offensichtlich im Park zu viele Kastanien gefressen hat, ist ein Arztbesuch unerlässlich und so ergibt sich eben auch ein Gespräch über das Nichtzustandekommen einer reformorientierenten Landesregierung. Beide erklären mir, dass sie am liebsten ihre Stimme zurück hätten, weil sie für einen Politikwechsel und nicht für die Fortsetzung der schwarzen Traurigkeit gestimmt hatten. Das gleiche höre ich von einem jungen Vater, der mich auf dem Rückweg vom Tierarzt anspricht. Er ist Grünen-Wähler (wird das sicher auch bleiben) und sehr enttäuscht darüber, dass der versprochene Politikwechsel nicht umgesetzt wird. Die Verantwortung dafür schreibt er aber weder der Partei seiner Wahl noch uns zu.
Ich kann die Verärgerung und Enttäuschung gut verstehen, denke aber, dass eine Neuwahl nicht die Lösung des Problems sein kann. Dass Herr Mohring diese Variante jetzt öffentlich ins Spiel bringt, klingt für mich auch eher nach Druckausübung in Richtung der SPD-Mitglieder, als dass es ihm darum ginge, möglichst dem Wählerwillen gerecht zu werden. Denn – das habe ich schon am Samstag geschrieben – es funktioniert nicht die Bürger so oft wählen zu lassen, bis einem als Politiker das Ergebnis passt. Dieser Irische Weg ist langfristig eine Sackgasse der Demokratie. Meine Vorstellung ist mit den Bürgern gemeinsam eine neue Politik zu beginnen.
Für mich geht es nach den Gesprächen ins Büro, wo Zeugnisse für meine bisherigen Mitarbeiter geschrieben werden müssen. Außerdem gehe ich noch einmal die Texte durch, die unsere Mitarbeiterin Gabi Ohler als Aufarbeitung der Sondierungsgespräche verfasst hat. Die müssen – nachdem ich darin rumgeschrieben habe – jetzt noch einmal aktualisiert werden und sind am 7.10. spätestens ab 14.00 Uhr hier auf der Webseite verfügbar.
PS: Die Dokumentation ist jetzt online: https://www.bodo-ramelow.de/arbeit/politikwechsel_ausgefallen/