Abschlussabstimmungen in der Föderalismuskommission

Der Tag beginnt mit der Morgenandacht im Bundestag. Der neue Prälat der EKD bei der Bundesrepublik hält seine erste Andacht im Parlamentsgebäude und es ist eine Ehrensache für mich daran teilzunehmen. Danach geht es Schlag auf Schlag. Zuerst Plenumssitzung, wo ich kurze Gespräche mit meinen Thüringer Kollegen und Mitstreitern führe. Dann Absprachen mit Gregor Gysi, unter anderem über den morgigen Prozesstag am Oberverwaltungsgericht in Münster. Dort wird wieder einmal darüber verhandelt, ob der Verfassungsschutz mich als demokratisch gewählten Abgeordneten beobachten darf. Vom Verwaltungsgericht Köln war vor einem Jahr erklärt worden, dass die Beobachtung nicht rechtmäßig sei. Nun ist der Verfassungsschutz in Berufung gegangen und ich bin gespannt, wie sie ihren kalten Krieg weiterführen wollen und was da morgen am Freitag, den 13. so passieren wird.

Mittags fahre ich noch einmal zu einer Sitzung der Föderalismuskommission II. Da erlebe ich, wie die Thüringer Landesregierung in letzter Minute Anträge stellt, die sehr fragwürdig sind. Selbst der Kommissionsvorsitzende Günther Öttinger (CDU) scheint etwas peinlich berührt, als er den Thüringer Vertreter darin belehren muss, dass es doch eher seltsam sei, wenn Thüringen jetzt ankündigt sich aus der Ländersolidarität verabschieden zu wollen. Wenn man – wie Thüringen – im Jahr 2011 über eine Milliarde Euro aus Soli-Mitteln überwiesen bekommt und sich dann aber dem Länderfinanzausgleich verweigern will, weil dort zehn Millionen Euro für die finanzschwächsten Länder mitzutragen sind, dann frage ich mich doch sehr, wie diese Entscheidung zu erklären ist. Augen zu und durch heißt wohl die Devise. Man könnte auch sagen, sie wissen nicht, was sie tun.

Die Beratungen in der Kommission gehen jedenfalls wieder bis in die Nacht. Am Ende stimmen Fritz Kuhn von den Grünen und der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Carstensen (CDU) mit mir zusammen gegen das Gesamtpaket. (In den Einzelabstimmungen stimme ich allerdings für die Verbesserungen des Steuervollzuges, für die Einführung des nationalen Krebsregisters und für die Ermächtigung des Bundes über Art 104b neue Investhilfen an die Länder zu geben.) Von den beiden FDP-Vertretern enthält sich einer der Stimme, der andere stimmt zu. Alle anderen, also beispielsweise auch Wowereit (Berlin) und Sellering (MVP), die erst noch starke Bedenken geäußert haben, stimmen ebenfalls zu.

Trotzdem teilen einige Anwesenden unsere verfassungsmäßigen Bedenken. Beispielsweise erklärte der hessische Finanzminister Weimar (CDU), dass er ein Problem damit hat, dass hier durch das Grundgesetz Vorgaben gemacht werden sollen, ohne dass die hessischen Bürger eine Möglichkeit hätten, ihren durch die hessische Landesverfassung garantierten Rechte (plebiszitärer Zustimmungsvorbehalt bei Verfassungsänderungen) auch effektiv auszuüben. Man könne 6,2 Mio. Hessen nicht einfach sagen, dass ihr Votum dann nichts zähle.