Zu Besuch bei Cranach in Moskau
Im Zentrum des ersten Tages meiner Reise nach Moskau und Kasan standen das Reformationsjubiläum und die Landwirtschaft. Der Tag begann mit dem Besuch der großen Cranach-Ausstellung im Moskauer Puschkinmuseum. Sie ist in mehrfacher Hinsicht eindrucksvoll. Der von Cranach und seiner Werkstatt so unvergleichlich in seinen Gemälden zur Anschauung gebrachte Geist der Reformation ist reiner ästhetischer Genuss. Die Bilder wirken gemeinsam in ihrer Schönheit.
Politisch wäre eine solche Ausstellung die erstmals Cranach Gemälde aus Russland und Gotha zusammenbrachte vor noch nicht allzu langer Zeit undenkbar gewesen. Es ist nicht zuletzt einer Initiative meiner Amtsvorgängerin Christine Lieberknecht und der früheren Direktorin des Puschkinmuseum Irina Antonowa zu verdanken, dass diese umfassende Werkschau jetzt zu sehen ist. Das Interesse ist riesig, die Moskauer stehen Schlange, an Wochenenden drängen sich bis zu 7000 Besucher in die Ausstellung. Und ein glücklicher Zufall will es so, dass ich Frau Antonowa sogar persönlich begegne. Sie ist ins Museum gekommen, weil ein Monet geliefert wird, der bald erstmalig außerhalb Frankreichs gezeigt wird.
Über die Bilder Cranachs einen gemeinsamen Zugang zur Schönheit zu haben, halte ich für einen großartigen Beitrag zur Völkerverständigung zwischen Russen und Deutschen. Und im kommenden Jahr dürfen wir uns in Thüringen auf eine wunderbare Ausstellung mit Werken der Moderne aus dem Puschkinmuseum in Schloss Friedenstein freuen.
Die Reformation im Wort findet sich in der faksimilierten Ausgabe der Lutherbibel, die ich am gestrigen Abend dem Erzbischof der evangelisch-lutherischen Kirche Dietrich Brauer in der Sankt Peter und Paul Kirche überreichen durfte. Die dortige Aufführung der Reformationskantate von Johann Sebastian Bach kleidet das Thema abschließend in großartige Musik.
Die Stunden zwischen Cranach und Bach stand im Zeichen von intensiven und hoch interessanten Arbeitsgesprächen auf politischer Ebene. Die seit mehreren Jahrzehnten bestehenden gute Beziehungen zwischen der Moskauer Bau-Universitat und der Bauhaus Universität Weimar wurden bekräftigt und weiter ausgebaut. Beim Besuch der russischen Akademie der medizinischen Wissenschaften Moskau konnte ich mir einen Eindruck von der direkten wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit Thüringen im Bereich der Medizintechnik machen.
Von hoher politischer Bedeutung war das Gespräch mit dem Vorsitzenden des Agrarausschuss der Staatsduma, Nikolai Pankow, dessen Stellvertreter, Airat Chairullin, sowie weiteren Mitglieder des Ausschusses. Begleitet wurde ich dabei unter anderem durch Vertreter des Landwirtschaftsausschuss’ des Thüringer Landtags, Egon Primas und Tilo Kummer. Im Fokus des Gedankenaustausches standen die Frage der EU-Sanktionen in der Landwirtschaft und ihre Auswirkungen auf Thüringen und Russland. Gemeinsam waren wir der Auffassung, dass Sanktionen kein geeignetes Mittel zur Lösung politischer Konflikte sind. Beide Seiten unterstrichen ihren Willen zur Zusammenarbeit – in in schwierigen politischen Zeiten ein Signal was Hoffnung macht.
Am Abend hatte ich dann noch Gelegenheit im Rahmen einer Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung mit Wissenschaftlern über die gegenwärtigen Situation in Russland zu sprechen und dabei auch die Unterschiedlichkeit an Meinungen und Einschätzungen aufzunehmen, die in der russischen Gesellschaft vorhanden sind.