Kaum zurück

Kaum bin ich wieder in Deutschland, gibt es auch schon den nächsten unglaublichen Skandal bei den Thüringer Sicherheitsbehörden. Dieses Mal wurde einfach so heimlich gegen zwei unserer Abgeordneten ermittelt, weil vor dem Papstbesuch im vergangenen Jahr ein Polizeidokument an die Medien geraten war. Der Verbreiter des Dokuments kam möglicherweise aus Saalfeld, Martina Renner hatte vielleicht Kontakt zu diesem Menschen, der eventuell das Papier herausgegeben hat und Katharina König hat ja sowieso ihr Wahlkreisbüro in Saalfeld – ist also auch potentiell verdächtig, den Menschen, der vielleicht verantwortlich ist, schon einmal gesehen zu haben. Man kann nur noch mit dem Kopf schütteln. Und eigentlich wollte ich noch etwas im Nachklang zu meiner Russlandreise im Tagebuch festhalten.

Mit etwas Abstand muss ich sagen, dass die Reise von sehr gemischten Gefühlen geprägt war. Russland ist so ein schönes und eigentlich auch reiches Land, aber es wurde uns auch immer wieder klar, was es für die Menschen dort heißt, in einer „gelenkten Demokratie“ zu leben. Die Duma durften wir zwar – nach strengen Sicherheitskontrollen – besuchen. Aber kein Journalist durfte uns begleiten, kein russischer Abgeordneter hatte Zeit für ein Gespräch. Die Transparenzdebatte, die bei uns gerade über die Nebeneinkünfte von Abgeordneten geführt wird, würde von Bürgerrechtler in Moskau wohl als Luxusproblem angesehen.

Andererseits, und das gehört zur Ambivalenz, mit der ich auf die Tage in Moskau und Uljanowsk zurückschaue, haben wir auch von der Staatsgläubigkeit vieler Menschen profitiert. Gerade die Tatsache, dass wir eine relativ große Gruppe von Politikerinnen und Politikern waren, hat für die Wirtschaftsvertreter in unserer Delegation viele Türen geöffnet. Während wir vor Ort waren, wurden Verträge mit einem Gesamtwert von über 300 Millionen Euro abgeschlossen. Und es ist zu hoffen, dass noch einige folgen werden.

Vielmehr noch hoffe ich aber für die Menschen in Russland, dass auch die Demokratie sich entwickeln kann. Als wir bei „Memorial“ waren, einer Nichtregierungsorganisation, die Verbrechen aus der Stalin-Zeit dokumentiert haben wir auch erfahren, wie schwer die Situation für NGOs im Land ist. Und sie könnte noch schwerer werden, wenn es so kommt, dass NGOs und Stiftungen, die aus anderen Staaten unterstützt werden, zukünftig als „ausländische Agenten“ bezeichnet werden. Das hat nicht nur einen furchtbar abschreckenden Klang, sondern würde die Arbeit der Organisationen massiv behindern. Davon wäre auch die Rosa Luxemburg Stiftung betroffen.

Es gehört aber zur Gesamtbetrachtung, dass es auch viele positive Signale während unserer Reise gab. Als wir im Puschkin-Museum mit der Leiterin Irina Antonowa sprachen, ging es auch um eine bevorstehende Ausstellung aus der Moskauer Sammlung im Gothaer Schloss Friedensstein. Außerdem haben wir auch über das Weimarer Bauhaus- und das Altenburger Lindenau-Museum gesprochen. Auch diese Häuser sind ein Begriff und über zukünftige Kooperationen wird intensiv nachgedacht. Diese Überlegungen waren ein guter Abschluss für unsere Reise. Und sie zeigen, dass in der Zukunft viel Raum für Verständigung und Zusammenarbeit liegt.