Gigantische Kleinstadt Dalian
Tag vier – der Stress geht weiter, aber die Frisur sitzt. 😉 Noch voller Eindrücke von den politischen Gesprächen in Peking und einem ganz tollen Konzerterlebnis am Abend geht mitten in der Nacht vom Flughafen Peking weiter nach Dalian in den Nordosten des Landes. Als wir in der „Kleinstadt“ am Meer ankommen, ist es bereits 2 Uhr morgens.
Was hier eine Kleinstadt ausmacht, ist für uns ziemlich gewöhnungsbedürftig. Der Ort hat sechs Millionen Einwohner und platzt vor lauter Riesenbaustellen. Wir fahren eine Stunde auf einer Schnellstraße und sehen immer noch die Hafenanlage. Ladungskräne wechseln sich ab mit Baukränen. Durch die Landschaft zieht sich eine neu errichtete Schnellbahnstrecke mit ganz futuristischen Bahnhöfen. Wir kommen aus dem Staunen gar nicht heraus und es wird noch schlimmer, als wir den „Stadtkern“ besichtigen.
Auch „Stadtkern“ trifft es nicht wirklich, denn Stadt und Kern sind einfach unpassende Begriffe für das, was wir in Dalian zu sehen bekommen. Rund um einen großen Platz zum Meer weitet sich eine unbeschreibliche Ansammlung von Hochhäusern. Ich fühle mich an Disneyworld erinnert, nur dass das hier mindestens zehnmal so groß ist. Auf der einen Seite sind völlig neue Hochhäuser in einem Ensemble vom Schloss Neuschwanstein erbaut. Das echte Schloss könnte man wohl zigmal da hineinpacken, aber hier ist es nur die Bebauungsabrundung zum Meer hin. Eine Architektonische Landmarke der wirklich ganz besonderen Art. Über Geschmack kann man streiten. Der Anblick der Stadt macht uns aber verständlich, was in China das Wachstum treibt.
Am Rand dieses futuristischen neuen Stadtzentrums besuchen wir das Museum der Neuzeit. Dadurch verstehen wir die Situation noch besser. Der ursprüngliche Hafen wurde im neunzehnten Jahrhundert von den Russen als Freihafen erbaut, dann von Japan besetzt und im Russisch-Japanischen Krieg komplett zerstört. Schließlich haben die Chinesen die Japaner von hier vertrieben und den Hafen neu aufgebaut. Er bleibt dadurch auch ein Symbol für die Angst vor Krieg und Unterjochung. Daher der Drang mit den gigantischen Hochhäusern Stärke zu zeigen.
Trotz aller Großbaustellen- tausende Orte in ganz China brummen so – lebt die Mehrzahl der Einwohner immer noch in Bäuerlichen Behausungen. Da hat die KP beschlossen, den Wohlstand aller zu vergrößern und bis 2020 das Einkommen aller Chinesen zu verdoppeln. Der daraus zu erwartende Zielkonflikt ist für uns greifbar und prägt die spannenden Debatten innerhalb unserer Delegation.
Apropos Spannend. In Peking hatten wir den Abend mit einer echten Überraschung beendet, bevor wir zum Flugzeug mussten. Prof. Wolfgang Emanuel Schmidt von der Musikhochschule Weimar war gerade in Peking und unterrichtete eine Meisterklasse von Cellisten. Für den Abend in der Botschaft waren heimlich Prof. Schmidt und seine Schüler eingeladen wurden, um den Gästen einen musikalischen Gruß zu übermitteln. Es gab Haydn, Mozart, Debussy und am Schluss spielten sechs Cellisten das Thema aus den James Bond Filmen. Ganz Toll! Was man aus diesen Instrumenten zaubern kann – wunderbar!