Einfach mal schweben
Wer träumt nicht davon, frei wie ein Vogel zu sein? Zu schweben und die Welt von oben zu betrachten? Seit vielen Jahren fahren wir im Urlaub nach Südtirol. Jedes Mal ist es eine besondere Freude, mit der Hirzer Seilbahn hoch auf den Berg zu fahren, hinein in diese wunderbare Wanderregion. Auf knapp 2.000 Metern liegt die Bergstation Klammeben. Gute Vorbereitung ist alles: Koffer auspacken, Wandersachen richten, Wanderschuhe anziehen und immer daran denken: Auch wenn es unten warm ist, kann es oben deutlich kühler sein. Das Wetter kann sich schnell ändern. Sobald man aus der Bergstation tritt, hört man die Kuhglocken und läuft in Richtung der Berghütten, die fast überall zur Einkehr einladen.
Soll ich‘s wirklich machen?
Seit Jahren fragt mich Franz Pixner, Geschäftsführer der Hirzer Seilbahn, wann wir endlich gemeinsam mit dem Gleitschirm starten. Franz gehört zu den Pionieren dieses Sports in Südtirol. Faszinierend ist es, dabei zuzusehen, wie die großen Rucksäcke in die Bahn verladen und anschließend noch einige hundert Meter bergauf bis zum Windsack getragen werden, dem Punkt, an dem es heißt: Jetzt wird gesprungen. Ich hatte immer großen Respekt vorm Gleitschirmfliegen. Es bereitete mir aber große Freude, den Gleitschirmfliegern beim Fliegen zuzusehen. Wenn sie über das Passeiertal fliegen und ihre eleganten, weiten Bögen ziehen, um sanft auf der Wiese zu landen, beschlich mich immer häufiger der Gedanke, mich ja vielleicht doch auch zu trauen.
Franz verabschiedete mich im letzten Jahr mit den klaren Worten, dass wir dieses Jahr zusammen fliegen. Ich trat meinen Urlaub nach Südtirol also mit gemischten Gefühlen an, weil ich genau wusste, dass Franz nicht lange zögern würde, auf mich zuzukommen. Doch im Passeiertal angekommen, war ich überzeugt, tatsächlich selbst fliegen zu wollen. Zunächst war das Wetter zu schlecht, der Wind zu stark, aber am letzten Urlaubstag war es dann soweit.
Laufen. Nicht denken. Einfach laufen.
Die Ausrüstung wurde gepackt, alles in die Bahn verladen, und dann hieß es: Noch einmal zu Fuß den Hang hinauf zum Windsack. Dort kamen noch fünf weitere Piloten an. Gemeinsam bereiteten wir alles vor. Franz erklärte mir ruhig, was zu tun ist, gab letzte Tipps und dann war der Moment da. Ich war angeschnallt, eingehängt und wusste: Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Ein Kollege von Franz half uns beim Start, und ehe ich es richtig realisierte, waren wir in der Luft. Die Sonne trug uns weiter nach oben. Es war still. Es war majestätisch.
Zeitlich waren wir leider etwas gebunden, weil ich noch einen Termin hatte, aber 20 Minuten Freiheit haben wir uns genommen. Wir flogen über die Stationen, die wir sonst zu Fuß erwandern: den Sessellift, die Berge, die Apfelplantagen, sogar unser Balkon im Feriendomizil war zu sehen. Unten auf der Landewiese warteten schon meine Frau und unser Hund. Und dann: eine kleine Überraschung. Die Wiese war frisch mit Jauche gedüngt, das roch man deutlich. Aber auch das gehört dazu. Und schließlich konnten wir dem Geruch nach den Landepunkt nicht verfehlen und kamen elegant wieder zu Boden.
Es war ein unvergessliches Erlebnis. Die Täler, Gipfel, Wälder und Wanderwege von oben zu sehen, die wir sonst Schritt für Schritt zu Fuß erobern. Franz hat mir mit seiner Ruhe jede Angst genommen. Es war wirklich ein Gefühl des Schwebens, frei, leicht und alle Sorgen, so sagt man, blieben hinter dem Horizont verborgen und das Schönste, diesen Moment mit Freunden teilen zu dürfen.
Danke Franz! Bis zum nächsten Jahr.
