Glückauf! Grußworte zu 901 Jahre Bischofferode

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Bürgerinnen und Bürger von Bischofferode,

zu Ihrem besonderen Jubiläum von 901 Jahren Bischofferode sende ich Ihnen meine herzlichsten Grüße und Glückwünsche. Leider kann ich nicht persönlich bei Ihnen sein, aber in Gedanken bin ich ganz nah. Denn Bischofferode bedeutet mir viel mehr als nur Politik, dieser Ort hat mich geprägt und begleitet bis heute. Bischofferode steht sinnbildlich für Mut, Standhaftigkeit und Solidarität. In den bewegten Zeiten nach der Wende war es das Kaliwerk Bischofferode, das zum Symbol für den Widerstand gegen den Ausverkauf ostdeutscher Arbeitsplätze wurde. Als damaliger Schlichter im Arbeitskampf war ich an der Seite der Bergleute, Menschen, die mit Stolz, Würde und tief verwurzelter Heimatverbundenheit für ihre Lebensgrundlage gekämpft haben. Diese Zeit hat Spuren hinterlassen, bei mir, wie bei vielen anderen in ganz Deutschland.

Es gibt noch eine weitere persönliche Verbindung: Ich erinnere mich gut an meine gemeinsame Wanderung mit Gregor Gysi auf den Pfaden, die einst die Bergleute gingen, um zur Schicht zu kommen. Vom Skywalk in die Weite des Landes zu schauen, von dort die Mächtigkeit des Ohmgebirges zu spüren. Es war eine stille, aber eindrucksvolle Begegnung mit einer Region, die stolz auf ihre Geschichte sein kann. Bitter war der Tag, an dem ich als Ministerpräsident dabei war, als endgültig der Deckel auf den Schacht gelegt wurde. Der finale Schlusspunkt unter den Betrieb des Kaliwerks, mit dem stolzen Namen „Thomas Müntzer“.

Und doch keimt heute neue Hoffnung: Mit den aktuellen Aufsuchungsbohrungen rückt die Vision eines modernen Bergwerks wieder näher. Ein Zeichen dafür, dass Bischofferode noch immer tief mit dem „weißen Gold“ verwurzelt ist, das über Generationen hinweg Arbeit, Identität und Zukunft bedeutete. Auch jenseits des Bergbaus ist viel gelungen: Die Sanierung von Schule, Festhalle und Sportanlage ist ein eindrucksvoller Beleg dafür, was erreicht werden kann, wenn Gemeinde, Landkreis und Land gemeinsam handeln. Das neue Sportgelände ist ein sichtbares Zeichen des Aufbruchs und des Zusammenhalts.

Heute darf ich als Vizepräsident des Deutschen Bundestages wirken. Doch Bischofferode ist mit mir nach Berlin gegangen: Mit der letzten Grubenlampe aus Ihrem Werk steht in meinem Büro ein stilles, aber kraftvolles Symbol der Erinnerung. Daneben liegt ein Bohrkern aus den neuen Aufsuchungsarbeiten als Zeichen der Hoffnung und des Neuanfangs. Früher saß mit Gerhard Jüttemann ein Bergmann aus Bischofferode im Bundestag. Heute ist es mit mir ein ehemaliger Schlichter, der damals mit den Bergleuten gestritten, gebangt und gehofft hat. Ich sage deutlich:  Auch wenn der Förderturm nicht mehr steht, das Licht von Bischofferode leuchtet weiter. Der Arbeitskampf Bischofferode bleibt eine Grundlage meines heutigen Lebens. Da steckt die Kraft drin, auf die ich vertraue: die Kraft der Menschen. In diesem Sinne: Herzlichen Glückwunsch zu 901 Jahre Bischofferode. Bleiben Sie stolz auf Ihre Geschichte und mutig für Ihre Zukunft. Glück auf!

Herzlichst,

Bodo Ramelow
Bundestagsvizepräsident