Stabilität und der dazugehörige Mechanismus: Neuwahlen und die Parität

In der vergangenen Legislaturperiode hat sich der Thüringer Landtag als einer der wenigen deutschen Länderparlamente ein Paritätsgesetz gegeben. Ziel dieses Gesetzes war und ist es den Grundsatz der Gleichberechtigung nun auch in den Parlamenten durch die Verpflichtung für die Parteien, ihre Listen quotiert aufzustellen, zu stärken. Dieses verfassungsrechtliche Ziel lässt sich aus dem Artikel 3 des Grundgesetzes ableiten, womit sich für uns nicht nur ein politischer Auftrag ergibt, sondern auch einer für alle Menschen. Daran gibt es keine Abstriche zu machen.

Nun haben wir aber die Situation, dass durch die AfD eine gegen Klage gegen das Thüringer Paritätsgesetz eingereicht wurde. Auch die PIRATEN haben eine entsprechende Klage angekündigt. Dies hätte per sé keine weiteren kurzfristigen Auswirkungen auf die Gültigkeit des Gesetzes. Allerdings besteht für vorgezogene Neuwahlen, wie sie der Stabilitätspakt zwischen Rot-Rot-Grün und der CDU vorsieht, ein verfassungsrechtliches Risiko, wenn sie vor einer oder im unmittelbar zeitlichen Zusammenhang mit der verfassungsgerichtlichen Entscheidung stattfinden. Zumindest wäre es in diesem Fall jeder Partei möglich im Rahmen eines Eilverfahrens die Nichtberücksichtigung der gesetzlich vorgeschriebenen Quotierung bei der Listenaufstellung mit Blick auf die noch ausstehende Entscheidung in der Hauptsache zu beantragen. In der Konsequenz könnte es passieren, dass die möglichen Neuwahlen für ungültig erklärt werden könnten, was ein schlechtes Zeichen für die Demokratie und das Vertrauen der Menschen in Land und Parteien wäre.

Um dieser Situation zu begegnen haben die drei Koalitionspartner gemeinsam mit der CDU die Frage der Aussetzung des Paritätsgesetzes erörtert. Das gemeinsame Ziel ist es das verfassungsrechtliche Risiko von der für den 25. April 2021 verabredeten Neuwahl des Thüringer Landtages abzuwenden. Weiterhin wurde vereinbart in die Entscheidung des Verfassungsgerichts in die weitere Bewertung einzubeziehen. Eine Änderung bzw. Aussetzung des Paritätsgesetzes ist nicht mehr notwendig, wenn es mit ausreichendem zeitlichen Abstand vor der Landtagswahl und vollumfänglich durch das Verfassungsgericht für verfassungskonform erklärt wurde. Ausreichender zeitlicher Abstand bedeutet, dass Klarheit bis zu den der Wahl vorgelagerten Listenaufstellungen der zur Landtagswahl antretenden Parteien bedeutet. Wenn dieser Zustand nicht eintrifft, ist der Landtag gezwungen das Gesetz im Interesse der verfassungsgerichtlichen Unangreifbarkeit der Landtagswahl für die verabredeten Neuwahlen im April 2021 auszusetzen.

Aufgeschoben, heißt jedoch nicht aufgehoben. Der Landtag hat sich dieses Gesetz in der letzten Legislatur gegeben und der jetzige Landtag hat die Möglichkeit es für einen einmaligen Zeitpunkt auszusetzen. Das Verfassungsgericht hat nun mehr Zeit Klarheit in einer solch grundsätzlichen Frage zu schaffen.

Der Text der Vereinbarung zwischen LINKE, SPD, GRÜNE und CDU lautet:

Wahlgesetze: In der Zeit bis Ende 2020 werden alle notwendigen, gegenwärtig auch zum Teil verfassungsrechtlich strittig gestellten Wahlrechtsrechtsfragen geklärt, um die Wahl im April 2021 rechtssicher und unangreifbar durchführen zu können. Das Thüringer Paritäts-Gesetz wird mit Blick auf bevorstehende Neuwahlen und deren verfassungsrechtliche Unangreifbarkeit angepasst, dass dessen Regeln erst mit der Wahl der neunten Wahlperiode des Thüringer Landtages Anwendung finden. Die anstehende Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes wird in das hierfür notwendige Gesetzgebungsverfahren einbezogen.