Fleischhauers Wahrheiten…

Am Aschermittwoch ist alles vorbei, so singen die Jecken heute in ganz Deutschland. Für Christen beginnt heute die 40tägige Fastenzeit, die bis Ostern andauert. Traditionell wird aber heute noch einmal ausgeteilt, politisch jedenfalls.

In Thüringen war es gestern schon soweit, denn Suhl begeht den Aschermittwoch seit einigen Jahren am Faschingsdienstag, in diesem Jahr ausnahmsweise jedoch ohne Politikerinnen und Politiker. Ich glaube, auch der Olsen konnte nicht kommen, weil der noch irgendwo im Knast sitzt… Unterhaltsam war es trotzdem. Ich kann nur empfehlen, reinzuschauen.

Der „FOCUS“ hat seit einiger Zeit einen besonderen Beitrag zum Karneval und nennt ihn „Schwarzer Kanal“. Da Karl Eduard von Schnitzler ja nicht mehr zur Verfügung steht, greift man dort auf Jan Fleischhauer zurück, der nun den Menschen die Welt erklärt und dabei eine durchaus eigene Sicht der Dinge zum Besten gibt. Am letzten Samstag befasste er sich mit meinem seelischen Innenleben und meinte, noch einmal dringend davor warnen zu müssen, dass der Ramelow gar nicht so bürgerlich sei, wie er behaupten würde. Im Gegenteil, so seine Meinung: Ich würde mich vor allem mit mir selbst befassen und im Übrigen fehle mir die nötige Gelassenheit und am schlimmsten sei, dass ich ein Interview mit ihm abgebrochen habe, weil die Richtung mir nicht gepasst habe…

Starker Tobak…

Aber der Reihe nach. Nein, ich bin weder Gott, noch unfehlbar. Zu oft muss ich sogar den Satz sagen, dass ich nicht in der Lage bin, über Wasser zu gehen. Ich sage das immer dann, wenn auch ich an Grenzen komme und Probleme nicht lösen kann, selbst, wenn ich es gern würde. Allerdings – und das kommt im „Schwarzen Kanal“ von Herrn Fleischhauer nicht vor – bin ich durchaus jemand, der sich einmischt und den Leuten auf den Geist geht, wenn ich etwas für Thüringen und für die Menschen hier erreichen will. Herr Fleischhauer könnte sich ja bei Gelegenheit einmal mit den Menschen hier unterhalten, denen er wohlfeile Hinweise gibt: bei den Kalikumpeln im Werrarevier, am Thüringer Meer, in der Südharz-Region, in Suhl. Ich vermute, dass er Leute treffen könnte, die ihm sagen, dass der Ramelow sich kümmert und dass er an den Dingen dran bleibt und dass er dabei, ja das stimmt, auch emotional wird.

Aber vielleicht, könnte ja sein, schätzen Menschen es durchaus auch, wenn da jemand kommt, der den Menschen nicht nach dem Mund redet, sondern eine Haltung hat, die er auch nach außen vertritt. Ich stelle mich und renne nicht weg. Er könnte die Windkraftskeptiker aus Ost- oder Westthüringen fragen, die immer wieder mit ihren Plakaten auf mich gewartet haben und die ich sogar in die Staatskanzlei zum Gespräch eingeladen habe. Er könnte alle fragen, die die Verwaltungs-, Funktional- und Gebietsreform abgelehnt haben und die bei mancher Wanderung hinter jedem Baum standen… Und ja, da kann es auch mal laut werden…

Weil mir die Gelassenheit fehlt, meint Herr Fleischhauer. Ich gebe zu: mir fehlt die Gelassenheit, wenn ich gerade an mein Bundesland denke. Im Gegensatz zu Herrn Fleischhauer sehe ich all die Aufgaben, die gerade nicht erledigt werden. Ich sehe Bürger, die Fragen haben und ich kann mich dabei jedenfalls nicht gelassen zurücklehnen und denken: „Na, wird schon werden!“. Das überlasse ich dann gern anderen. Ich bin mir sicher, dass die Menschen von den „gelassenen, glatten Typen“ wirklich genug haben. Sie haben nichts gegen einen heftigen Wortwechsel, nichts gegen ein lautes Wort, auch nichts gegen Emotionen, wenn sie damit den Eindruck verbinden können, dass sich Politik kümmert, um das, was die Leute vor Ort bewegt. Und im Moment, das ist wahr, beschäftigt sich die Politik in Thüringen leider vor allem mit sich selbst.

In einem Punkt sind dann der „Schwarze Kanal“ des DDR-Fernsehens und FOCUS allerdings nicht mehr weit auseinander. Mit der Wahrheit nahmen und nehmen es beide nicht so genau.

Herr Fleischhauer muss nochmal eine Situation von vor acht Jahren bemühen, um zu beweisen, wie egozentrisch ich doch sei. Es ging um ein „SPIEGEL-Interview “ über zweieinhalb Seiten. Es ging um den Vorwurf des „Antisemitismus“, der aus meiner Sicht damals viel zu pauschal gegen meine Partei erhoben wurde. Es war ein langes Interview, in dem ich sehr ausführlich Stellung nehmen konnte. Herr Fleischhauer meinte dann im Laufe des Gesprächs deutlich machen zu müssen, dass ich ja (das ist in der Frage nachlesbar) zu Recht vom Verfassungsschutz beobachtet würde. Angesichts dessen, was damals bereits bekannt war, war das für mich der Punkt, an dem ich in der Tat nicht bereit war, das Gespräch fortzusetzen. Denn schon damals gab es genug Belege dafür, dass meine Beobachtung offenbar rechtswidrig war. Das ist inzwischen auch durch Gerichte festgestellt.

Ich will es nochmal deutlich sagen. Mehrfach habe ich auf die Frage von Herrn Fleischhauer gefragt, ob er wirklich der Auffassung ist, dass ich rechtmäßig vom Verfassungsschutz beobachtet werde. Immerhin war ich damals gewählter Abgeordneter des Deutschen Bundestages. Ich konnte das nicht glauben, Herr Fleischhauer glaubte lieber an die Unfehlbarkeit des Verfassungsschutzes. Zwei Jahre später hat das Bundesverfassungsgericht einen Beschluss gefasst, der meine Beobachtung durch den Verfassungsschutz als verfassungswidrig charakterisierte und zwar vor allem wegen des massiven Eingriffs in das freie Mandat der Abgeordneten, der nach Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG hohen Hürden unterliegt.

Offenbar kratzt es also bis heute eher am Ego von Herrn Fleischhauer, dass ich damals deutlich widersprochen habe. Da mache ich mir eher Sorgen um die Gelassenheit von Herrn Fleischhauer. Es mag sein, dass andere Menschen in solchen Situationen anders reagieren, aber ich nehme mir das Recht heraus auch klar zu sagen, was für mich auch nicht geht. Diese Ehrlichkeit muss nicht jedem gefallen. Ich finde, sie macht mich als Menschen aber authentisch und am Ende schätzen viele Menschen eher den Typen mit Ecken und Kanten und Emotion, als den, der vor lauter Gelassenheit gar nichts mehr wahrnimmt geschweige denn vertritt.

Und auch der Journalist Jan Fleischhauer muss sich fragen lassen, ob er immer redlich agiert. Es ging um eine Unterlassungserklärung, die der ehemalige CDU- und heutige AfD-Abgeordnete Martin Hohmann wegen einer Aussage in eben diesem Interview erwirkt hatte. Dumm nur, dass der Fragesteller, Jan Fleischhauer wusste, dass die Frage und die Antwort unterlassungsbewehrt sind. Im Ergebnis hatte der Spiegel alle Kosten meines Rechtsstreits gegen Herrn Hohmann zu tragen.

Offenbar ist Herr Fleischhauer einfach nur nachtragend und hat Erinnerungskrümmungen, anders kann ich mir nicht erklären, warum ihn der ganze Vorgang immer noch beschäftigt.

Oder er will dem Namen seiner Kolumne „Schwarzer Kanal“ alle Ehre machen. Propaganda im besten Schnitzlerschen Sinne verbreiten. Ich fand das schon vor 89 widerlich und war froh, dass dieser Kanal ein schnelles Ende fand. Schade, dass ein Journalist wie Jan Fleischhauer ausgerechnet 30 Jahre später wieder mit einer ähnlichen Methode agiert.