Wind, Wald und Windkraft – Energie aus, von und für den Wald!

Viele Menschen in unserem Land treibt im Moment die Sorge um den Wald in Thüringen um. Kommen Debatten um Klimawandel und Erderwärmung und deren Folgen uns manchmal sehr abstrakt vor, so sind die Folgen inzwischen für jeden erkennbar, der einen Spaziergang durch Thüringer Wälder macht.

Auch ich mache mir große Sorgen. Aber meine Verantwortung als Ministerpräsident besteht in erster Linie darin, die nötigen Maßnahmen zu planen, zu koordinieren und zu veranlassen, die jetzt notwendig sind, um Soforthilfe zu leisten und Strategien zu entwickeln, wie wir die Wälder Thüringens für künftige Generationen bewahren und klimafest umbauen.

Spätestens mit dem ersten großen Waldsterben in den achtziger Jahren wurde vielen Menschen klar, dass es ein Umsteuern in der Klima- und Umweltpolitik geben muss. 30 Jahre später müssen wir feststellen, dass viele Schritte nicht radikal genug waren. Katalysatoren in Autos allein haben nicht gereicht.

Dürren, Starkregenereignisse, Stürme, all das war für die meisten für uns kein Thema. Mit Schrecken sahen wir im Fernsehen die Bilder hungernder Kinder in Afrika oder überschwemmter Dörfer in Südasien aber für uns war das weit weg. Inzwischen tauen die Permafrostböden in Sibirien und am Amazonas brennt der Regenwald. Folgen menschengemachten Klimawandels und des Raubbaus an der Natur. Und auch in Thüringen sehen wir die Folgen: jahrelange Dürre führt zu Wäldern, in denen sattes Grün mehr und mehr vom Braun absterbender Bäume ersetzt wird. Borkenkäfer und Orkane, wie Kyrill, haben dann leichtes Spiel.

In Deutschland sind in den letzten Jahren klare politische Entscheidungen getroffen worden. Interessanterweise stets unter Beteiligung der CDU ist nach den Atomunfällen in Harrisburg und Tschernobyl und der Flut in Fukushima der Ausstieg aus der Atomkraft beschlossen worden und im letzten Jahr ebenso der Ausstieg aus der Kohle, deren Verbrennung in ganz besonderer Weise zur Erderwärmung beiträgt. Beides sind richtige Entscheidungen gewesen. Leider erinnert sich die CDU in Thüringen vor Ort nicht immer daran, was ihre Partei auf Bundesebene so mitentschieden hat und was damit für Prozesse in Gang gesetzt wurden. Jedenfalls ist dies mein Eindruck, wenn ich so manche Einlassungen von CDU-Funktionären bei Kundgebungen erlebe.

Im übrigen wollte offensichtlich die Thüringer Landesregierung noch Anfang der Neunziger Jahre an der Saalekaskade in Eigenregie ein Atomkraftwerk errichten. Zumindest legt das ein Gutachten nahe, das auf Betreiben der damaligen Landesregierung erstellt wurde. Spricht man FDP und CDU Vertreter darauf an, schauen sie immer verdutzt und können es gar nicht glauben. Deshalb hier noch mal zu Nachlesen.

Die Landesregierung hat inzwischen den Aktionsplan Wald 2030 ff „Grünes Herz Thüringen“ beschlossen, der weit über Sofortmaßnahmen hinausgeht. 500 Millionen Euro werden wir bereitstellen und u.a. 200 Millionen Jungbäume pflanzen. Das ist ein ehrgeiziges Ziel, das gut vorbereitet und geplant sein will. Aber wir brauchen im Moment keine PR-Aktionen, um im Wahlkampf zu glänzen, sondern gute Ideen, wie wir den Wald der Zukunft nachhaltig und zukunftsfest gestalten wollen. Allein in Thüringen addiert sich die gesamte Fläche auf mindestens 40.000 ha Waldfläche. Aus diesen Flächen müssen große Mengen an Bäumen, die gefällt werden müssen, und anderes Schadholz entfernt werden. Tun wir das nicht, besteht die große Gefahr, dass etwa der Borkenkäfer auch auf andere Waldflächen immer stärker übergeht.

Wir stehen also vor einer riesigen logistischen Herausforderung bei Transport, Lagerung und Verarbeitung. Mein Dank gilt allen, die hier Hilfe angeboten haben und anbieten von Land-  und Forstwirtschaftsbetrieben, Agrargenossenschaften, den Feuerwehren, dem THW bis hin zur Bundeswehr. Es rächt sich, dass auch ThüringenForst unter Führung der CDU personell und materiell stark geschwächt wurde. Jetzt muss rot-rot-grün auch hier mit hohem Aufwand gegensteuern.

Und nun erlebe ich immer wieder, zuletzt in selbst in Hirschberg und Leimbach, dass uns Bürgerinnen und Bürger vorhalten, wir würden gesunden Wald abholzen um Windkraftanlagen im Wald zu errichten. Die Behauptung wird aufgestellt, Rot-Rot-Grün habe unendlich viele Windkraftanlagen in den Wald bringen lassen. Außerdem sähe es in anderen Bundesländern nicht so aus. Wir wären da in Thüringen besonders forsch und würden einseitig diese Anlagen im Wald vorantreiben. Die CDU stellt das Thema Verbot von „Wind im Wald“ sogar in den Mittelpunkt ihrer Landtagsarbeit und ist bei jeder Demonstration immer vorne dran. Die Fakten sind aber andere. Wer sich intensiv mit den Fakten rund um das Thema „Windenergie“ befassen will, dem kann ich nur die Seite der „Fachagentur Windenergie“ empfehlen. Dort ist alles zusammengestellt, was zu dem Thema wichtig ist. Von der Planung von Windvorrangflächen bis zur konkreten Genehmigung. 

Das ist aber vielleicht anstrengender als die Verbreitung purer Ideologie oder ein einfaches: „Dagegen“, wie es die Thüringer CDU lauthals verkündet. Interessant bei letzterem sind übrigens diese Fakten: Bayern will in den nächsten zwei bis drei Jahren 100 neue Windkraftanlagen auf Flächen des Bayerischen Staatsforstes errichten und NRW will ebenfalls mehr Windkraftanlagen im Wald genehmigen. Aber die CDU in Thüringen verstärkt lieber das hysterische Geschrei als eigene Konzepte vorzulegen, wie Thüringen zur Energiewende beitragen will.

Ich kann es gern wiederholen: Die Energiewende wird nur gelingen, wenn wir sie regenerativ, regional und dezentral ausrichten. Genau deshalb bedaure ich, dass in Berlin nicht verstanden wird, dass wir etwa unsere Pumpspeicherwerke als Speicher endlich in die Energiewende so einbauen müssen, dass sich der Betrieb der PSW an den Saalekaskaden betriebswirtschaftlich für das Unternehmen auch lohnt.

Und bei Windkraftanlagen vertrete ich schon lange die Position, dass ich immer wieder sehe, dass Anlagen, die von Bürgern für Bürger geplant und errichtet werden, eine hohe Akzeptanz haben. Ob das über Gemeinde- und Stadtwerke oder Genossenschaften geschieht, ist dabei nicht entscheidend. Wenn wir das aber einfach geschlossenen Windfonds überlassen, denen es nur um Gewinnmaximierung geht, wird es keine weitere Akzeptanz mehr für solche Anlagen geben.

An dieser Stelle sei mir ein kleiner Exkurs gestattet. Ja, die rot-rot-grüne Koalition hat sich verständigt, die auszuweisende Fläche für Windenergienutzung auf 1% der Gesamtfläche Thüringens festgesetzt zu bekommen. Ein ehrgeiziges Ziel, denn für die Ausweisung der Windvorrangflächen sind die vier regionalen Planungsgemeinschaften in Thüringen zuständig. Sprich hier sind die Kommunen gefragt, ihre eigenen Planungen im Rahmen der landesgesetzlichen Vorgaben zu erstellen. Die meisten Landkreise in Thüringen werden von CDU-Landräten geführt. Ich möchte das Geschrei hören, würde ich mich in dieses kommunale Selbstverwaltungsthema einmischen. Nein, die Bürgerinnen und Bürger sind aufgerufen, Stellung zu den Planungsvorhaben vor Ort zu nehmen.

Es ist deshalb für mich sehr ärgerlich, dass die CDU zwar gern im Bund und in den Kommunen die Verantwortung trägt, aber dann für Themen, deren Dynamik sie selbst in Gang gesetzt hat, dann laut „Haltet den Dieb“ ruft und auf die Landesregierung zeigt. Dieses Manöver ist leicht zu durchschauen. Man könnte fast geneigt sein zu vergessen, dass der Spitzenkandidat der CDU zu den Landtagswahlen hier in Thüringen j aden Spitzengremien seiner Partei im Bund angehört. Umso mehr überrascht es mich, dass er offenbar ganz ahnungslos ist, was in anderen, CDU-regierten Bundesländern gerade passiert. Bereits Ende 2016 (!!!) waren in Hessen 733 MW Leistung auf Waldflächen installiert und in Bayern 632 MW. In Thüringen waren es zu diesem Zeitpunkt 0 MW. Wenn einen die Fakten einholen, dann hilft eben oft nur noch pure Propaganda. 

Das lässt sich im Moment sowohl im Wartburgkreis als auch im Osten Thüringen beobachten. Schauen wir uns Wurzbach. Dort gibt es eine Fichtenwald-Fläche, die im Moment dem Bund, genauer gesagt der BVVG, gehört. Hier ist vorgesehen, die vorhandene Fichten-Monostruktur umzubauen und einen Mischwald zu haben, der besser mit den jetzigen Klimabedingungen klarkommt. Das ist also keine Stilllegung, sondern Umbau. Dieser wird, wie alles, was man im Wald tut, länger dauern. Und nochmal: Diese Fläche gehört dem Bund, insofern hat Thüringen da allein überhaupt nicht zu entscheiden, was getan werden soll. Richtig ist, wir haben als Landesregierung der Bundesumweltministerin angeboten, dass diese Fläche durch ThüringenForst übernommen wird. Genauso kann ich mir auch vorstellen, dass die Fläche der Gemeinde übertragen wird. Und auch dort, steht ein CDU-Landtagsabgeordneter in der ersten Reihe, wenn in unverantwortlicher Weise Stimmung gemacht wird. Gerade weil wir die Ausbreitung des Borkenkäfers verhindern wollen, ist der Umbau des Waldes dort dringend erforderlich. Insofern stehe ich mit den Bürgermeistern in Wurzbach und auch auf bayerischer Seite in Nordhalben im Dialog ebenso wie unsere Landesministerien.

Natürlich kann ich den Frust jeder Bürgerin und jedes Bürgers verstehen, die diese komplizierten rechtlichen Zusammenhänge nicht kennen und sich an mich wenden. Genauso ist das demokratisch garantierte Recht Aller im Land, zu demonstrieren und zu protestieren. Das halte ich aus und stelle mich dem Dialog. Aber wenn in diesen Chor dann Abgeordnete der CDU einstimmen und so tun, als seien sie ganz ahnungslos und auch noch den Protest bewusst mit weiter schüren, dann fehlt mir dafür jedes Verständnis.

Ich bin in dieser Frage immer klar: Ich schließe Windkraftanlagen im Wald nicht aus. Wenn es dort genug Wind gibt und Planungs- und Genehmigungsverfahren abgeschlossen sind und im Idealfall Kommunen oder Genossenschaft diese Anlagen betreiben, ist das ein Beitrag zur Energiewende.

Wenn also über die Einnahmen einer Windkraftanlage, Kindergärten und Schulen oder auch das Freibad finanziert werden können, wenn der Energiepreis für die Bürgerinnen und Bürger im Ort sinkt, dort wo diese Anlagen stehen, wenn also die Wertschöpfung dieser Anlagen denen zugute kommt, die dort wohnen und leben, dann ist das für mich ein gutes Modell. Man kann solch einen Effekt in Kirchhelligen und Herbsleben erkunden und auch das Bioenergie Dorf Schlöben oder die Solargemeinde Viernau sind solche guten Beispiele.

Und der Hinweis sei gestattet: Für jeden Baum, der für eine Windkraftanlage gefällt würde, muss im Verhältnis 1:1,5 wieder aufgeforstet werden. Wir haben also am Ende in jedem Fall mehr Waldfläche also vorher und im Moment bestehen in ganz Thüringen zwei, in Worten zwei Windkraftanlagen im Wald. Beide Anlagen stehen auf einer Kyrill Fläche und deshalb war es der Orkan, der die Bäume niedergestreckt hat. Die Aufforstung wurde mit dem Faktor 1,5 durch den Betreiber vorgenommen und bezahlt.

Ich habe in Hirschberg und zuletzt in Leimbach auch gesagt, dass die Landesregierung dafür steht, vor allem Schadflächen zu nutzen, um Windkraftanlagen zu errichten. Wo Kyrill oder der Borkenkäfer schon Wald vernichtet hat, da sollte man auch prüfen, ob Flächen für Windkraftanlagen nutzbar sind. Deshalb haben wir in unserem Aktionsplan Wald 2030 ff „Grünes Herz Thüringen“ extra ein neues Prüfkriterium aufgenommen. Das Stichwort heißt Kalamitätsflächen und Sie finden es ganz leicht hier im Regierungsbeschluss. Wenn Sie also vor Ort denken, die Regionalen Planungsgemeinschaften hätten diesen Punkt besser prüfen sollen, dann können sie damit auch Argumentieren und Einsprüche einlegen. Wenn in einem Wald tausende Hektar Fichte vom Borkenkäfer gefressen wurde, warum sollte so eine Fläche nicht auch für Windkraft genutzt werden? Mit Faktor 1,5 finanziert dann die Windmühle den aufzuforstenden Mischwald.

Seien wir also gemeinsam offen und konstruktiv in diesem Prozess. Es gibt viel Windmüller, die dafür sorgen, dass die Wertschöpfung in der Region erfolgt.

Mit der Energiewende könnte endlich in unseren Dörfern Geld verdient werden. Also die die Wertschöpfung in der Region verbleiben und für die Bürger nutzbar gemacht werden.

Ich empfehle allen kritischen Geistern: Besucht das kommunale Bio-Heizkraftwerk in Tanna, besucht das Bioenergiedorf in Schlöben oder das Solardorf in Viernau. Alles Beispiele, wo ein konkreter Mehrwert für die Menschen geschaffen wurde. Genau in diese Richtung will ich arbeiten.

Das gilt genauso auch für unseren Wald. Arbeiten wir gemeinsam daran, unseren Wald zu erhalten, im Kleinen durch die Veränderung unseres Verhaltens und im Großen durch eine andere Umwelt- und Klimapolitik. Das sind wir uns und unseren Kindern schuldig. Da schließt sich der Kreis zu den Tausenden Schülerinnen und Schülern und den Protesten von „Fridays for Future“.