„Kluge Köpfe – Innovative Prozesse“

Woche 1 der Sommertour #ZukunftThüringen 2019

Auch in diesem Jahr gehe ich auf Sommertour #ZukunftThüringen auf Entdeckertour und widme mich den Themen, die Thüringen nach vorne bringen. In dieser Woche ging es dabei um „Kluge Köpfe, innovative Prozesse“. Von Sonneberg bis Nordhausen, von Rudolstadt bis Bad Salzungen besuchte ich 16 Unternehmen und Projekte, die Thüringen stark und zukunftsfähig machen. Nach dieser Woche komme ich aus dem Staunen gar nicht mehr raus. Ich bin beeindruckt von der Leidenschaft, dem Engagement und der Innovationskraft, die ich erleben durfte.  Und wieder zeigte #ZukunftThüringen, dass es bestimmte Erfolgsgeheimnisse gibt, die die klugen Köpfe unseres Landes miteinander verbinden.

#ZukunftThüringen bedeutet: Spezialisierung und Beweglichkeit im Denken

Das Erfolgsgeheimnis der genannten Firmen liegt häufig nicht allein darin, den „richtigen Riecher“ für Zukunftsthemen zu haben, sondern auch in einer mutigen, flexiblen Anpassung an wirtschaftliche und technische Entwicklungen sowie einer großen Spezialisierung.

Ein Musterbeispiel dafür ist die Arnstädter Werkzeug- und Maschinenbau-AG, die ich am 11.07. besuchte. Sie entstand vor über 100 Jahren aus dem ältesten Unternehmen am Erfurter Kreuz und entwickelte sich zu einem familiengeführten „Hidden Champion“ der Region. Getreu dem Motto „Innovaton is our product, reliability our strength“ (Innovation ist unser Produkt, Verlässlichkeit unsere Stärke), entwickelt sie in den Bereichen Werkzeugbau und Sondermaschinenbau für verschiedenste Auftraggeber aus den Branchen Automotive, Weiße Ware, Medizintechnik und Industrie, passgenaue und innovative Lösungen, die die Produktivität und Qualität des jeweiligen Auftraggebers steigern. Die 148-Mitarbeiter/innen starke Firma versteht sich dabei als „Problemlöser“ vom Design, über die Herstellung, den Bau, die Inbetriebnahme, das Qualitätsmanagement bis hin zur Wartung von z. B. Montage- und Prüfanlagen, Fahrwerks- und Motorlagern, KFZ-Lichttechnik, zahnmedizinischen und mechatronischen Produkten. Dabei ist eine hohe Flexibilität, großes Fachwissen (Ingenieur/innen machen 35% der Belegschaft aus) sowie ein absolutes Vertrauensverhältnis zwischen dem Unternehmen und seinen Kunden Grundvoraussetzung.

Auch für die Vitrulan Technical Textiles GmbH, die ich am 08. Juli in Sonneberg besuchte, ist Spezialisierung der Schlüssel zum Erfolg. Das Unternehmen, das seit 1921 Teil der Thüringischen „Glaswoll-Industrie“ ist, beschäftigt sich traditionell mit der Glasfaser- und Garnherstellung und stellt „Gewebe, Gelege und Gewirke“ her, die für „Normalsterbliche“ erstmal wie die Bespannung eines Badmintonschlägers aussehen. In Wirklichkeit handelt es sich um einen wichtigen Bestandteil der Haus- und Fassadendämmung. Da diese Netze heute mit relativ geringem Aufwand hergestellt werden können und die internationale Konkurrenz nicht schläft, hat sich die Vitrulan Unternehmensgruppe rechtzeitig weiter spezialisiert. Heute steht Vitrulan für High-Tech auf Basis von Glas und Kunststoff: Dazu zählen Tapeten mit komplexer Struktur, wie zum Beispiel dem Logo eines Fußballvereins oder „Saniergewebe“, das durch ein spezielles Webmuster unebene Untergründe ausgleicht. Die Häuser der Zukunft könnten über intelligente Heizsysteme, die über Glasfasernetze Wärme durch die Wand abstrahlen, verfügen – Schimmelbefall wäre dann nie wieder ein Problem. Unter „AcousTherm“ verbirgt sich darüber hinaus eine Wandverkleidung, die den Hall merklich reduziert. So viel Ideenreichtum und Schaffenskraft – einfach beeindruckend!

Ähnlich beeindruckte mich der Besuch der Suhler CDA GmbH. Auch das ehemalige CD-Presswerk durchlief in den letzten Jahren einen Wandel zu einem internationalen Technologieunternehmen – ob in der Automotive- oder der Elektronikbranche, der Automatisierungs- und Medizintechnik oder dem Gebiet der Biotechnologie. Neben der CD- und Blu-Ray Herstellung, widmen sich die 210 Mitarbeiter/innen des Unternehmens heute vor allem der Herstellung von „Flash Memory Solutions“ für alle großen Automobilhersteller, was u.a. die Speicherung von Navigationssystemen beinhaltet. Darüber hinaus werden „Microfunctional Solutions“, also Programme zur 3D Gesichtserkennung, Zoommöglichkeiten in 3-D animierten Räumen und Head-Up Displays für Autos hergestellt.

Eine clevere Erneuerung, basierend auf bewährtem Know-How gelingt auch den klugen Köpfen hinter der Nordbrand GmbH, welche wie kaum ein zweites Unternehmen für Thüringer Traditions- und Qualitätsprodukte steht. Auf bewundernswerte Art und Weise gelingt hier der Brückenschlag zwischen der altbewährten Rezeptur und der wohl größten, modernsten und bedeutendsten deutschen Spirituosenproduktion.  Am 10. Juli besichtigte ich auf meinem Rundgang durch die Produktion nicht nur die alten Eichenfässer, in welchen der „Echte Nordhäuser“ schlummert, sondern vor allem auch die faszinierend komplexe Abfüllungs- und Verspackungsmaschinerie, in welcher in einer Schicht 500.0000 Flaschen abgefüllt werden. Neben dem bekannten Doppelkorn schaffte es die Firma durch kluges Management, ihre Produktbandbreite um Eierlikör und den extrem beliebten „Pfeffi“ zu erweitern. Auch das aktuelle Trendgetränk Gin ist selbstverständlich Teil des Portfolios. Als einziger deutscher Spirituosen-Markenproduzent brennt Nordbrand seine Destillate selbst.

Medizinischen Alkohol aus Nordhausen zur Arzneimittelherstellung bezog auch die Firma Hofmann und Sommer in Königsee, die ich am 11.07. besuchte. Das Traditionsunternehmen produziert seit über 110 Jahren „bewährte und bewahrte“ pflanzliche Heilmittel. Dass es bis heute überdauern konnte, erzählt Geschäftsführer Dr. Strätling, verdankt es jedoch seiner gleichzeitigen Offenheit und Wandlungsfähigkeit. So wurde die Säule der „eigenen Traditionsprodukte“ in den vergangenen Jahren durch die Herstellung homöopathischer Komplexmittel für 250 Heilpraktiker/innen und Lohnfertigung für diverse Auftraggeber (vom Hühneraugenmittel bis zu Ölen für Drogerien) ergänzt. Die Firma Hofmann und Sommer zählt heute 90 Mitarbeiter/innen und ist stolz darauf „keine verlängerte Werkbank“ zu sein. Mittels eines Forschungsstandorts in Berlin, und Kooperationen, beispielsweise mit der Charité, entwickelt sich das Unternehmen im Bereich des medizinischen Cannabis oder der Austestung iodbasierter Desinfektionsmittel fort. Immer wieder betreut das Unternehmen Diplom- und Masterarbeiten sowie Dissertationen. Das neueste Bauvorhaben der Firma ist die Instandsetzung des ältesten Gewerbestandortes der Stadt – der „ehemaligen Porzellanfabrik Königsee“. Hier soll eine neue Arzneimittelproduktion entstehen, die Kooperationsmöglichkeiten mit regionalen Landwirtschaftsbetrieben in der Arzneipflanzenherstellung ermöglicht.

#ZukunftThüringen bedeutet: Kooperation in starken (regionalen) Netzwerken

Bei vielen der genannten Projekte wird deutlich, wie entscheidend auch erfolgreiche regionale Kooperation die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens, aber auch einer gesamten Region beeinflusst. Dies bestätigte mein Besuch der TR Plast GmbH in Ebeleben am 10.07., die Fahrzeugteile aller Art (Kopfstützen, Scheinwerfergehäuse, Ablagefächer, Funkzündschlüssel) und Werkzeuge sowie Konsumgüter produziert. Das 2005 in Ebeleben gegründete Unternehmen führt seinen Erfolg u.a. auf seine starke regionale Vernetzung zurück. Innerhalb der Unternehmensgruppe, die einen Hauptsitz in Bayern und ein weiteres Werk in Rumänien hat, arbeitet das Werk mit 70 Mitarbeitenden fast autark. In der Entwicklung und Projektbetreuung vom Werkzeug bis zum Serienteil unterstützt die Unternehmensgruppe auch andere hier ansässige Unternehmen.

Auf einem völlig anderen Gebiet arbeitet die Ankerstein GmbH in Rudolstadt – die hier hergestellten Bausteine bestehen nicht aus Kunststoff, sondern aus Schlämmkreide, Leinöl und Quarzsand, die vermischt, gepresst und anschließend getrocknet werden. Die Rezeptur, die 1875 durch die späteren Flugpioniere, die Brüder Lilienthal, nach der Lehre des Kindergartengründers Friedrich Fröbel, entwickelt wurde, wurde bald darauf in Baukastenform zum ersten Systemspielzeug der Welt. Ankersteine sind bio, schwer und haben keine Noppen. Spielerisch lernten schon Gropius, Einstein, Kästner und Clinton die Gesetze der Statik und entwickelten sich kreativ weiter. Rudolstadt ist stolz auf sein Traditionsspielzeug, welches in der ehemaligen DDR zwischen 1963 und 1995 nicht mehr hergestellt wurde. Hätte die AWO Rudolstadt das Unternehmen nicht 2017 übernommen, gäbe es auch heute keine Ankersteine mehr. Um die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens aufrechtzuerhalten kooperiert die Ankerstein GmbH heute mit den Universitäten Erfurt und Jena im therapeutischen und pädagogischen Sektor sowie mit japanischen Bildungseinrichtungen, die einem mit der Digitalisierung einhergehenden Kompetenzverlust durch gezielten Einsatz dieses Traditionsspielzeugs den Kampf angesagt haben. Neben dem klassischen Sortiment produziert die kleine Manufaktur heute auch die grellbunte „Ankerstein Junior“-Serie mit abgerundeten Formen und Sondermodellkästen, beispielsweise anlässlich des Bauhausjubiläums. Die gesamte Produktion ist integrativ und steht im Einklang mit den Grundwerten der AWO: Solidarität, Toleranz, Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit.

#ZukunftThüringen bedeutet: Gute Arbeit schaffen, Fachkräfte halten

Gemeinsame Werte (neudeutsch: „Corporate Identity“), Wertschätzung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ein gutes Betriebsklima zeichnen alle Unternehmen und Projekte dieser Woche aus: Die CDA GmbH setzte angesichts des Technologiewandels „weg von der CD“ gezielt auf Umschulung ihrer Mitarbeiter/innen, die man um jeden Preis halten wollte. Auch die Firma Maximator hängt an ihrer Belegschaft. „Gute Maschinen kann jeder haben… gute Leute zu finden, ist schwieriger“, so drückte es Herr Geschäftsführer Herr Willig, selbst seit 50 Jahren im Unternehmen, dabei aus. Er weiß, was er zu verlieren hat: Mehr als 80 Ingenieur/innen Techniker/innen und Programmierer/innen, mehr als 150 Spezialist/innen aus Mechanik, Elektrik und Mechatronik sind in der Produktion tätig. 20 Service Profis kümmern sich um die Kundinnen und Kunden. Sie werden nach Tarif bezahlt, Fahrtkostenzuschüsse und flexible Arbeitszeiten sind selbstverständlich. Auch die Arnstädter Werkzeug- und Maschinenbau GmbH setzt auf attraktive Arbeitszeitmodelle und Kinderbetreuungsangebote, um ihre guten Mitarbeiter/innen zu halten. Alle genannten Unternehmen sind starke Ausbildungsbetriebe und immer auf der Suche nach Fachkräften. Dass diese rar sind, merkt nicht nur die Thüringer Wirtschaft, sondern auch das Studierendenprojekt „Team Starcraft“. 120, größtenteils regionale, Unternehmen sponsern das Erfolgsprojekt, weil sie sein Potenzial erkennen. Dessen Durchführung wird jedoch, bei gleichzeitig sinkender Studierendenzahl, immer komplizierter.

Und die Suche nach Fachkräften, betrifft nicht nur die spezialisierten und die hochtechnologischen Betriebe. Das Logistik-Unternehmen Werra Blitz, dass ich am Freitag, den 12.07. besucht habe, ist ebenfalls immer auf der Suche nach lernwilligen Auszubildenden. Dort hat man, mit dem Fuhrpark einer ehemaligen Kettenfabrik aus DDR Zeiten, sich nach und nach in den 90ern etwas aufgebaut. Der Geschäftsführer Jürgen Schmidt konnte eindrücklich vermitteln, wie man aus einer Handvoll LKWs und einer kleinen Lagerhalle mit umsichtiger Unternehmenspolitik und klugen Investitionen einen stetig wachsenden Betrieb aufbauen konnte. Heute – mit vielen Fahrer/innen, mehreren großen Lagerhallen, ausgestattet mit modernster Technik und einem ständig expandierenden Betrieb, steht man vor anderen Herausforderungen, als noch Anfang der 90er Jahre, als man bei Regen auf dem Betriebshof noch im Schlamm stand. Heute sorgt man sich um andere Dinge und ich habe die Bitte der Geschäftsleitung mich für eine verstärkte bundeseinheitliche Bildung bei Schulabgänger/innen einzusetzen, deutlich wahrgenommen. Wenn man die wachsende Thüringer Wirtschaft weiter nachhaltig fördern will, muss man auch in diesem Bereich die Ohren stets offen halten.

In dieser Woche meiner Sommertour wurde einmal mehr deutlich, wie wirtschaftsstark und innovationsfähig Thüringen ist. Unsere Zukunft hängt davon ab, nicht nur Probleme anzupacken, sondern auch unsere Stärken nicht aus dem Blick zu verlieren. Diese Stärke besteht nicht zuletzt in unseren klugen Köpfen.