Über privates und amtliches twittern

Im Moment lässt sich in Thüringen wieder eine Debatte darüber verfolgen, wann eine private Meinungsäußerung zu einer amtlichen wird. Konkret steht die Frage im Raum ob das Twittern des Menschen Bodo Ramelow nicht doch ein amtliches Gezwitscher sei?

Ministerpräsident bin ich nun seit über 1.300 Tagen, Twitter nutze ich seit Februar 2009. Immer war Twitter für mich ein persönliches Instrument der Kommunikation. Nicht nur einmal las ich in den Medien über den „Twitterkönig“ Bodo Ramelow und immer wieder erreichten Beiträge von mir eine große Reichweite.

Erinnert sei an einen Bericht der BILD-Zeitung 2016 über die erste koschere Bratwurst Thüringens. Dieser Beitrag wurde über 110.000 mal aufgerufen, Tausende Male gelikt und kommentiert. Überwiegend waren darunter allerdings rassistische und religionsfeindliche Kommentare.

Immer, wenn ich mich auf Twitter mit den Menschen in Rojava, Kobane und zuletzt in Afrin solidarisiert habe, bekam ich von vielen Menschen positive Reaktionen aber auch den Hass türkischer Nationalisten zu spüren. Letztere schreckten auch vor  schlimmsten Formen der Beleidigung nicht zurück, bis hin zu erniedrigenden Fotomontagen  mit meiner Frau.

Beides fand auch seine Widerspiegelung in den Medien. Interessanterweise hat dabei niemanden interessiert, ob es sich bei meinen Aktivitäten um meine persönlichen oder amtlichen Aktivitäten handelt. 90% aller Beiträge auf Twitter verfasse ich selbst und wer genau hinschaut, kann das auch leicht feststellen. Bekanntermaßen bin ich bekennender Legastheniker und insofern unterlaufen mir bisweilen Schreibfehler, die dann auch oft zu entsprechenden Kommentierungen führen. Auf der anderen Seite würdigen Viele  dieses persönliche Agieren von mir,  in den Netzwerken als authentisch. Da twittert nicht irgendein Dritter  für mich, sondern ich mache es selbst und stelle mich auch der Debatte persönlich und direkt.

Das sorgt mitunter auch in meinem politischen und persönlichen Umfeld für Missvergnügen. So schenkte mir der Chef der Staatskanzlei, Prof. Hoff,  irgendwann ein Babyfon mit dem Kommentar, dass ich auf diesem Handy ungehindert twittern könne. Auch darüber berichteten die Medien (https://www.tlz.de/blogs/thueringer-spitzen/-/blogs/bodo-mit-babyfon ).

Aktuell nun gibt es, zumindest bei einem Journalisten, viel Aufregung und Spekulation darüber, ob ich nun privat oder amtlich twittere. Es hilft eine kurze Recherche. Bei Twitter ist als Website: www.bodo-ramelow.de hinterlegt. Auf der Website selbst findet sich im Impressum auch eine zustellfähige Adresse in der Landesgeschäftsstelle des Landesverbandes Thüringen der Partei DIE LINKE. Wer immer sich an diese Adresse wendet kann sicher sein, dass mich seine Post erreicht. Und ja, zusätzlich findet sich unter  dem Stichwort Kontakt der Hinweis, wie und wo der Ministerpräsident Bodo Ramelow zu erreichen ist. Das ist alles weder spektakulär noch geheimnisvoll und hat übrigens bei Bürgerinnen und Bürgern noch nie zu Verwirrung geführt… Post und E-Mails erreichen mich privat und amtlich und werden, bei konkreten Fragen und Wünschen, auch beantwortet.

Dass die politische Opposition immer wieder versucht, meine Aktivitäten im Netz zu skandalisieren ist weder neu, noch überraschend. Die betreffenden Personen aus CDU und Junger Union oder deren Umfeld nenne ich auch gern die Digitalbrigade der Union. Bekannt geworden sind Hashtags wie #kopfaufdentisch oder #bodoamboden. Damit muss ein Politiker umgehen können, noch dazu, wenn er die Auseinandersetzung auch selbst nicht scheut. Und auch hier, können viele der Beteiligten bestätigen, dass ich der Debatte selten ausweiche.

Neu ist, dass nun auch Journalisten meinen, Hinweise darauf gefunden zu haben, ich würde doch amtlich auf meinem privaten Account twittern.

Ich möchte  daran  erinnern, dass Björn Höcke, mich zwingen wollte, eine Unterlassungserklärung abzugeben, die darauf abzielte, einen Zeitungsbeitrag  nicht weiterzuverbreiten, der ein Foto von Herrn Höcke mit erhobenem Arm enthielt, der von eben dieser  Zeitung als Hitlergruß interpretiert wurde.

Dagegen habe ich mich gewehrt und zwar als Privatperson und auf meine eigenen Kosten. Mich hätte interessiert, ob das retweeten eines Zeitungsartikels rechtlich von demjenigen zu vertreten ist, der einen solchen Beitrag teilt, also retweetet. Ich finde, dass es sehr interessant gewesen wäre, wie Gerichte das bewerten. Allerdings hat Herr Höcke die gerichtliche Auseinandersetzung gescheut.  Die Unterlassungserklärung wurde mir damals zwar an die Adresse der Thüringer Staatskanzlei zugestellt und oh Wunder, ich habe sie erhalten. Das habe ich damals zum Anlass genommen, prüfen zu lassen, ob ich hier nicht doch als Ministerpräsident zu einer Handlung aufgefordert werde. Die Prüfung hatte ein klares Ergebnis: Nein, ich habe als Privatperson getwittert und müsse auch den Rechtsstreit privat austragen, obwohl der Ministerpräsident ausdrücklich angeschrieben war.

Als im März 2017 die Ein-Prozent-Bewegung in Marbach auf einem Grundstück ein Holzkreuz errichtete, auf dem die Ahmadiya-Gemeinde den Bau einer Moschee plant und ich durch das teilen eines Fotos meine Solidarität mit der Evangelischen Kirchengemeinde Erfurt-Marbach deutlich machte, wurde mir, neben vielen anderen, eine Unterlassungserklärung zugestellt. Auch damals habe ich mich gewehrt und auch damals privat und auf eigene Kosten. Wie verträgt sich das mit der Behauptung, dass mein privater Twitteraccount doch eigentlich ein amtlicher sei? Auch dieser Fall wurde umfassend in den Medien dokumentiert.

Diese Fakten, Beispiele und Umstände sind öffentlich bekannt und waren der Gegenstand von Berichterstattung. Aber auch mir ist daran gelegen, jedes Missverständnis auszuschließen. Deshalb werde ich die Kopfzeilen von Facebook und Twitter nutzen, um künftig Bilder unseres wunderschönen Freistaats Thüringen zu zeigen. Ich will vermeiden, dass durch das Bild von der Vereidigung vor der Landesfahne, der Account einen offiziellen Anschein erweckt. Bisher war das nie Anlass zur Kritik aber ich habe hier gern eine Änderung vorgenommen.

Neu ist nun allerdings auch, dass die CDU-Opposition einen Tweet nutzt, um den Ministerpräsidenten in einen Untersuchungsausschuss vorzuladen. Das ist natürlich das gute Recht der Fraktion. Bisher allerdings kenne ich keinen Beweisantrag und ich würde mich auch öffentlich vor einer möglichen Vernehmung nicht zu den Anträgen äußern. Ich bin aber sehr gespannt, was meine Tweets zur Klärung des Sachverhaltes beitragen können…

Hinweisen möchte ich aber darauf, dass die Empörung mancher, die  sich jetzt schützend vor den betroffenen Schüler werfen und in Bezug auf meinen Tweet „Haltet den Dieb“ ruft, nicht recht glaubwürdig erscheint. Ich darf daran erinnern, dass es öffentlich nie einen Unterschied zwischen Vater und Sohn gab. Das Thema wurde immer als „Sohnemannaffäre“ abgetan. Die wenigsten haben sich über diese Stigmatisierung erregt oder empört. Ja, mir war es ein Bedürfnis, gerade dem Sohn ganz persönlich zu gratulieren, der trotz all des Wirbels um ihn und seine Familie ein hervorragendes Abitur gemacht hat und  dem seine Eltern, Mitschüler und Freunde in der ganzen Zeit zur Seite standen. Im Übrigen habe ich auch allen anderen mehr als 600 Abiturientinnen und Abiturienten über den gleichen Weg gratuliert und mich über die guten Ergebnisse in Thüringen gefreut.

Das auch vor dem Hintergrund der Herausforderungen, die wir im Bildungsbereich gerade gemeinsam zu stemmen versuchen. Und man sehe es mir nach, dass ich mich zu der kruden Einlassung des Vorsitzenden der JU Thüringens, der hinter einer persönlichen Bekanntschaft oder Freundschaft Vetternwirtschaft stecke nicht äußere. Es mag gerade ein Thüringer CDU-Mitglied verwundern, dass Menschen, die täglich zusammenarbeiten auch ab und an mal Privates teilen und dass es mir auch als Mensch nicht egal ist, was Angriffe gegen einen Kollegen im Kabinett und seine Familie mit diesem machen. Aber ich darf versichern, dass ich immer im Blick habe, wie es dem Menschen neben mir auch persönlich geht. Dies in die Nähe von Vetternwirtschaft zu rücken, sagt viel über den aus, der eine solche Behauptung aufstellt.

Aber auch hier nehme ich den Hinweis von Guido Fischer auf, der mit Recht darauf verweist, dass das Netz nichts vergisst und deshalb Namen und Bilder sehr sorgsam eingestellt werden sollten. Ich habe aus den Beiträgen Namen und Bilder entfernt, weil mir lediglich daran lag, sehr persönlich zu gratulieren und nicht daran, einen Schüler weiter in die Öffentlichkeit zu zerren.

Nun konnte ich einer Meldung des MDR entnehmen, dass die Thüringer Landesdatenschutzbehörde prüfe, ob ich „mit der betreffenden Veröffentlichung gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung oder die Datenschutzgrundverordnung verstoßen habe“. Ich selbst habe ein großes Interesse, diese Frage geklärt zu wissen. Es gibt gerade bei der Frage, wann, welche Bilder und Daten gepostet werden dürfen, zur Zeit noch viel Unsicherheit bei Unternehmen und Privatpersonen. Der Datenschutzbeauftragte nimmt hier seinen gesetzlichen Auftrag wahr und ich werde seine Fragen gerne beantworten.

Am Ende bleibt festzuhalten, dass auch durch ständige Wiederholung einer unzutreffenden Behauptung meine Accounts bei Twitter und Facebook nicht amtlich werden. Amtlich bewegt sich die Staatskanzlei unter dem Label „thueringen.de“ im Netz und hier äußere ich mich in meiner Funktion als Ministerpräsident.

Ich werde es mir auch weiter nicht nehmen lassen, als Bürger und Mensch eine Meinung zu vertreten. So ich das auf Twitter oder Facebook tue, dann eben nicht in meiner Funktion als Ministerpräsident. Soviel an Persönlichem und Privatem sei dann auch mir gestattet.