Veränderung bedeutet Zukunft!

Der Mensch will immer, dass alles anders wird, und gleichzeitig will er, dass alles beim alten bleibt. (Paulo Coelho)

Diese Woche beginnt mit guten Nachrichten für unser Land Thüringen.
Das Jenaer Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik leitet künftig die neue „Max Planck School of Photonics“ zur Nachwuchsförderung für angehende Doktorandinnen und Doktoranden. Das stärkt den Wissenschaftsstandort Jena weiter. Der Umsatz der Thüringer Industrie wächst weiter und stieg im 1. Halbjahr 2017 im Vergleich zum Vorjahr um 4,2%, was wesentlich daran liegt, dass 1/3 aller Erzeugnisse exportiert werden. Damit liegt Thüringen übrigens in Bezug auf die Exportquote auf Platz 7 aller Bundesländer, also in der oberen Hälfte. Das hilft auch dem Arbeitsmarkt, denn im Vergleich zum Vorjahr arbeiten jetzt 2.500 Menschen mehr in der Industrie. Insgesamt beschäftigen Thüringer Industriebetriebe nun 144.000 Menschen in Thüringen. Und auch die, die dort arbeiten profitieren vom Erfolg ihrer Unternehmen. Ihr Einkommen erhöhte sich im Vergleich zum Vorjahr um 4,5%.

Das sind aus meiner Sicht wirklich gute Nachrichten und da heute die „FAZ“ auf Seite 1 die Frage stellt, ob „rot-rot-grün“ als Vorbild für den Bund taugt, will ich zumindest erinnern, welche Horrorszenarien mit meiner Wahl im Herbst 2014 zum Thüringer Ministerpräsidenten verbunden wurden. Zur Halbzeit unserer Landesregierung ist davon nichts mehr zu hören. Im Gegenteil: Thüringen steht gut da in Deutschland. Das ist vor allem das Verdienst der Menschen in diesem Land, in den Unternehmen aber eben auch etwa derjenigen, die im öffentlichen Dienst arbeiten, ob in den Krankenhäusern, den Schulen, der Polizei, den kommunalen Verwaltungen und den Landesbehörden. Auch deren Arbeit bildet das Fundament für den Erfolg unseres Bundeslandes und deswegen ist es nur recht, dass der Landtag in der vergangenen Woche beschlossen hat, dass der Tarifabschluss im öffentlichen Dienst zeit- und inhaltsgleich auf für die Beamtinnen und Beamten im Freistaat übernommen wird.

Trotzdem kann ich nicht verhehlen, dass in der Öffentlichkeit in den letzten Wochen der Eindruck entstanden war, die Landesregierung stecke in einer Krise, gern auch mit Verweis auf die knappen Mehrheiten im Landtag. Die diese Regierung tragenden Parteien LINKE, SPD und Bündni 90 / GRÜNE haben sich im Koalitionsvertrag ein für die Zukunft dieses Landes entscheidenden Projekt auf die Agenda genommen. Die Verwaltungs-, Funktional- und Gebietsreform ist ein zentrales Vorhaben unserer gemeinsamen Regierung. Alle drei Parteien eint die Erkenntnis, dass zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit unseres Landes auch die tiefgreifende Reform der öffentlichen Verwaltung und ihrer Strukturen gehört. Übrigens immer als Dreiklang und nicht als einzelne Puzzlestücke. Diese Erkenntnis fiel im Dezember 2014 auch nicht vom Himmel. Ich habe an anderer Stelle schon darauf verwiesen, dass die Debatte um das „wie“ in Thüringen schon viele Jahre läuft.

Ich verweise ja an dieser Stelle immer wieder gern auf die „Jenaer Rede“ meiner Amtsvorgängerin Christine Lieberknecht am 10. Juni 2010 (http://www.thueringen.de/th1/tsk/tsk/mp/reden/47815/ ), in der Sie ihre Vision von „Thüringen 2020“ beschrieb. Bestandteil dieser Rede auch die Verwaltungs-, Funktional- und Gebietsreform. Und auch der damalige und jetzige Fraktionsvorsitzende der CDU, Mike Mohring gab ebenfalls 2010 das Jahr 2020 als Zielmarke für die Vollendung der Gebietsreform in Thüringen an. Er will das heute nicht mehr so gern hören, wahrscheinlich vor allem deshalb, weil die Regierung Lieberknecht den Worten im Jahre 2010 bis 2014 keine praktischen Taten folgen ließ. Ich finde es ziemlich verantwortungslos, wenn die CDU ihre politische Stärke im Land und den Kommunen inzwischen nur noch dafür nutzt, destruktiv zu agieren. Wo bleiben eigentlich die konkreten Vorschläge der größten Oppositionspartei in diesem Land. Gerade zu diesem Thema wird man mir jedenfalls nicht vorwerfen können, ich hätte als Oppositionsführer keine Vorschläge unterbreitet. Die Zukunftsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung war mir immer ein wichtiges Anliegen.

Ja, die Koalition hat sich schwer damit getan, ausreichend und verständlich zu kommunizieren, warum wir diese Reform brauchen und warum jeder Tag, der ins Land streicht, ohne, dass wir vorankommen, ein verlorener Tag ist.

Auf Facebook habe ich etwas drastisch dargestellt:

„Eines Morgens erwacht der sonnige Tag und verdutzt stellt man in Thüringen fest: Die Städte Erfurt, Jena, Gera, Weimar und Apolda sind verschwunden. Damit ist nicht die Frage, ob sie kreisfrei, kreisangehörig oder gar Kreisstadt sind, waren, wären, sein könnten, gemeint. Nein, sie sind einfach nur weg! Existieren überhaupt nicht mehr! Kann so etwas passieren? Ist das überhaupt möglich? Spielt da der Status „Kreis oder nicht Kreis“ eine Rolle? Nein, die Städte haben sich in nichts aufgelöst. Die Bürgerinnen und Bürger sind einfach weggezogen, haben Thüringen verlassen. Keine Massenflucht, keine äußere Bedrohung, die das ausgelöst hätte. Nein, einfach nur ein stetiger Wegzug.

Sie glauben das nicht? Und doch ist es geschehen. Schleichend, langsam und stetig. Seit 27 Jahren vollzieht sich dieser Trend. Einfach mal das Statistische Jahrbuch bemühen und die Einwohnerzahl 1989 anschauen. Damals hatte das noch junge Thüringen 2.683.877 Einwohner.

Die letzte ermittelte Einwohnerzahl von 2015 weist immerhin noch 2.170.714 Einwohner aus. Von 1989 bis zum Jahr 2015 ist die Einwohnerzahl in Thüringen in Summe 513.163 Einwohner zurückgegangen. Da sind Menschen weggezogen, aber vor allem sind einfach zu wenige Geburten zu verzeichnen und da schließt sich der Kreis. Die jungen Leute aus Thüringen, die nun in München oder Frankfurt am Main oder Köln leben und gute Arbeit leisten, bekommen ihre Kinder dort. Bayern ist in der gleichen Zeit um 1,5 Millionen Menschen gewachsen und wir sind um über eine halbe Million geschrumpft. Das macht etwas mit uns und unserem Land. Mit der bestehenden Verwaltung in Thüringen könnten wir 1 Million Einwohner mehr verwalten. Aber unser Bundesland wird auch älter. Alleine 18.000 Bedienstete im Öffentlichen Dienst gehen jetzt in den wohlverdienten Ruhestand. Seien wir also froh, dass alle Städte noch da sind, aber dass wir jetzt unsere Verwaltung auf diese Veränderungen einstellen wollen….“

An diesen Fakten kommt niemand vorbei. Und deswegen stand das „Ob“ dieser Reform in keiner der die Koalition tragenden Parteien in Frage. Nach dem Urteil des Verfassungsgerichtshofes gab es in allen drei Parteien eine Zeit des Nachdenkens, wie wir den Weg gemeinsam erfolgreich fortsetzen können. Dass es dabei auch unterschiedliche Positionen gibt, halte ich für völlig normal und urdemokratisch. Übrigens sehe ich genauso auch die Wortmeldungen der Landrätinnen und Landräte von SPD und LINKEN, die eben auch konkret über das „wie“ nachdenken.

Wir haben die vergangenen Wochen genutzt uns inhaltlich und personell neu aufzustellen und die Weichen zu stellen, die Verwaltungs-, Funktional- und Gebietsreform erfolgreich auf den Weg zu bringen und zum Teil zum Ergebnis zu führen. Wir bleiben beim Zielkorridor 2020, den ja auch die CDU beschrieben hat. Mein Dank gilt an dieser Stelle auch nochmals Holger Poppenhäger, der wie kaum ein anderer für diese Reform gestritten und gekämpft hat. Er war ein wichtiger Motor dieser Reform! Mit Georg Maier und Uwe Höhn als Innenminister bzw. neuer Staatssekretär für die Verwaltungs-, Funktional- und Gebietsreform wollen wir vor allem kommunikativ besser werden.

In den nächsten Wochen werden wir Entscheidungen zur Verwaltungsstrukturreform auf Landesebene treffen, wir werden alles notwendige tun, um die Freiwilligkeitsphase bei den Gemeindezusammenschlüssen zu sichern. Dabei werden wir auch neue Modelle entwickeln und anbieten, wie etwa die Verbandsgemeinde und natürlich werden wir auch die Kreisreform auf den Weg bringen. Wir wollen und werden das im Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern tun aber auch mit all jenen, die von der Reform betroffen sind: den kommunalen Spitzenverbänden, den Gewerkschaften, der Wirtschaft, den Sozial- und Sportverbänden aber wir werden eben auch Entscheidungen treffen, denn genau dafür haben wir 2014 ein Mandat der Wählerinnen und Wähler erhalten.

Mit frischer Kraft gehen wir weiter voran, denn wir wollen ein zukunftsfähiges Thüringen. Ich bin mir sicher, dass das auch im Sinne der Mehrheit der Menschen in diesem Land ist.