Vom Dialog haben alle was!

Seit über 20 Jahren bin ich mit den Beschäftigten der Thüringer Kaliindustrie eng verbunden. 1992 wurde zwischen der Mitteldeutschen Kali AG und der Kali und Salz AG ein Fusionsvertrag geschlossen, der die Vorbedingung hatte, auch das gut funktionierende und produktive Kaliwerk in Bischofferode zu schließen. 700 Kumpel standen vor dem Aus. Es gab Proteste, eine ganze Reihe traten sogar in den Hungerstreik. Ich beriet den Betriebsrat und vermittelte zwischen den Parteien. Am Ende konnte die Schließung von Bischofferode leider nicht verhindert werden. Das war auch für mich eine bittere Niederlage.

20 Jahre später bin ich noch immer mit dem Thema „Kali“ verbunden. Nun nicht mehr als Gewerkschafter, auch nicht als Oppositionspolitiker. Ich trage nun als Ministerpräsident Verantwortung für Maßnahmen und für Strategien um Rohstoffgewinnung und Umweltschutz zu verbinden und daraus auch Perspektiven für den Erhalt von Tausenden Arbeitsplätzen, von Ausbildungsplätzen und für viele Menschen und Unternehmen, die direkt oder indirekt vom Kaliabbau leben. Und natürlich gilt es auch, die ökologischen Interessen zu wahren und zu stärken. Kaliabbau bedeutet eben auch einen massiven Eingriff in die Natur, bedeutet Einleitung von Abwässern in Gewässer und das Entstehen großer Halden. Der Rohstoff Kali ist endlich und ich möchte, dass wir den Übergang so gestalten, dass niemand auf der Strecke bleibt, dass die Natur nicht weiter über Gebühr geschädigt wird und die Region mittelfristig weiter auf das wirtschaftliche Standbein „Kali“ setzen kann. Wir reden über Konversion und daraus resultierend eine Perspektive von 50 oder gar 70 Jahren für Abbau, Arbeit und Umweltschutz.
Dabei gibt es viele Herausforderungen. Es sind technologische, etwa wie wir Rückstände aus dem Abbau besser verwerten können, welche weiteren Lagermöglichkeiten es gibt und wie wir die dafür notwendige Energie preisgünstig bereitstellen können. Es sind ökologische Fragen, wie wir die Belastung der Umwelt weiter verringern können und wie wir Schäden durch den Bergbau beheben.

Viele Themen und ich habe in den zwei Jahren meiner Amtszeit festgestellt, dass die verschiedenen Akteure eher über- als miteinander reden.

Deswegen habe ich die Initiative ergriffen und Unternehmen, Betriebsräte, Kommunen, Wissenschaftler und Politiker zu einem Fachkolloquium „Zur Zukunft der Kaliindustrie in Thüringen“ eingeladen. Fast 100 Gäste konnte ich zu dieser Veranstaltung im Thüringer Wirtschaftsministerium begrüßen. Es war beeindruckend zu hören, welche Ideen es gibt, wo überall geforscht wird und was schon konkret passiert. So hat K + S inzwischen eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um die Einleitung von Abwasser in die Werra weiter zu verringern. Verschiedene Verfahren wurden vorgestellt, wo und wie auch Rückstandslösungen aufbereitet oder zwischengelagert werden können. Spannend war auch ein Vortrag aus dem Fraunhofer-Institut wie regenerative Energie zur Behandlung von Abwässern aus dem Salzbergbau genutzt werden können.

Sechs Stunden Vorträge und Debatte und alle Teilnehmer begrüßten, dass die Landesregierung zu dieser Veranstaltung eingeladen und den Dialog und Austausch ermöglicht hat. O.k. ich muss sagen, fast alle: Ein CDU-Abgeordneter meinte mir unterstellen zu müssen, das ganze sei „eine politische Inszenierung ohne konkrete Ergebnisse“ gewesen. Aber ich bin ja nachsichtig. Nicht jedem ist bewusst, was „Kolloquium“ meint. Gern helfe ich nach. Der Begriff kommt aus dem Lateinischen und bezeichnet ein Gespräch. Ich wollte genau dieses fachliche Gespräch und die Chance zur Vernetzung. Ich habe für mich viel mitgenommen, auch Themen, die wir im Land weiter begleiten und befördern müssen. Zu meinen, eine Veranstaltung würde zum großen Urknall führen, das würde ich eher für eine Inszenierung halten. Da ist mir der offene und ehrliche Austausch dann doch lieber.

Den Menschen an der Werra wie auch den Beschäftigen bei K+S kann ich aber sagen: Ich bleibe dran am Thema „Kali“.

Glück auf!