Jede Demokratie braucht eine handlungsfähige Opposition…

Noch vor wenigen Jahren keimte Hoffnung auf. Es schien so als gäbe es eine Chance auf Frieden in der Türkei und die Stärkung der Rechte der Kurdinnen und Kurden in der Türkei. Die letzten Wochen und Monate haben mich eines Besseren belehrt.

Die Ereignisse in der Türkei in den letzten Tagen müssen alle, die an einer demokratischen Entwicklung der Türkei interessiert sind, aufhorchen lassen.

Nach dem Putschversuch in der Türkei muss konstatiert werden, dass der amtierende Präsident alles tut, um die Lage zuzuspitzen. Im Südosten herrscht faktisch Bürgerkrieg, an Universitäten, Schulen und im öffentlichen Dienst gibt es Massenentlassungen, die Wiedereinführung der Todesstrafe wird diskutiert, die Pressefreiheit wird systematisch eingeschränkt, Abgeordnete und Bürgermeister werden verhaftet und nicht zuletzt griff die türkische Armee die kurdischen Kämpfer in Rojava an. Alles geschieht unter dem Motto des Kampfes gegen den Terrorismus.

Ich frage besorgt, ob die Ausschaltung der Presse, ob die Verhaftung von gewählten Abgeordneten und Bürgermeistern wirklich den Terror eindämmt? Besteht nicht eher die Gefahr einer weiteren Zuspitzung der innenpolitischen Lage? Die Verhaftung der Vorsitzenden der HDP Selahattin Demirtas und Figen Yüksekdag ist aus meiner Sicht inakzeptabel.

Ich fordere die Freilassung aller inhaftierten Abgeordneten, Bürgermeister und Journalisten.

In der jetzigen Situation, in der die Demokratie, die Rechtsstaatlichkeit und die Pressefreiheit immer mehr unter Druck geraten, müssen wir uns fragen, wie wir mit der Türkei künftig noch kooperieren wollen? Partnerschaft funktioniert nur auf Basis gemeinsamer Werte. Dazu gehören die Achtung der Menschenrechte, der Pressefreiheit und der Schutz gewählter Abgeordneter. Die Türkei ist offenbar derzeit nicht bereit, solche Mindeststandards zu garantieren. Unter diesen Umständen macht eine Partnerschaft keinen Sinn.

In mehreren Gesprächen mit Abgeordneten der HDP habe ich immer darauf verwiesen, dass ich sehr auf eine demokratische Türkei in Europa setze. In Deutschland leben viele Menschen aus der Türkei. Auch deshalb haben wir eine Verantwortung dafür, mit den Vertretern der Türkei deutliche Worte zu wechseln. Ich begrüße, dass der Außenminister den türkischen Gesandten einbestellt hat.

Für mich gilt heute aber vor allem:

Solidarität mit der HDP und Solidarität mit den Inhaftierten!