Gebrauchter Wochenstart

Gestern saß ich in Berlin bei der großen Anhörung unserer Bundestagsfraktion zur Daseinsvorsorge in Ostdeutschland. Meine Aufgabe dabei war den Vorstandsvorsitzenden der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, über gemeinwohlorientierte Arbeit und Strukturentwicklung in Ostdeutschland zu interviewen. Wir waren uns einig, dass es ein Unding ist, wenn Betriebe nicht tarifgebunden bezahlen. Es ist ein spezifisch ostdeutsches Problem, dass hier viel Industrie kaputt gemacht wurde, und sich Branchen angesiedelt haben, die massiv mit Billiglöhnen arbeiten.

Was die Nachrichten angeht, war der Wochenstart gestern wirklich ein gebrauchter Tag. Als erstes kam die Meldung, dass Nikolaus Schneider als Ratsvorsitzender der EKD zurücktritt, um bei seiner erkrankten Frau Anne zu sein. Ich durfte die beiden bei einem gemeinsamen Frühstück beim Kirchentag in Dresden 2011 kennenlernen. Nikolaus Schneider hat sich im Gegensatz zu seinen Vorgänger immer sehr offen für Dialogangebote aus unserer Partei gezeigt, alleine schon deshalb – neben vielen anderen Gründen – ist der Rücktritt ein Verlust. Die Begründung ist aber hundertprozentig nachvollziehbar und ich drücke Anne Schneider ganz doll die Daumen, damit sie die Krankheit besiegt.

Dass Pfarrer Christian Führer gestorben ist, war die nächste schockierende Nachricht gestern. Ihn hatte ich beim Kölner Kirchentag 2007 zum ersten Mal getroffen. Es hat mich damals sehr berührt, als er gesagt hat, er habe schon lange darauf gehofft, mich mal persönlich kennenzulernen. Mir ging es natürlich genauso. Christian Führer hat sich immer für die Schwachen eingesetzt. Er hat in der DDR die Montagsdemos gegen Unrecht und eine selbstherrliche Staatsführung unterstützt. Und er hat vor zehn Jahren die Demonstrationen gegen Hartz IV angeführt. Sein Rezept war eine herzliche Offenheit, die auch durch die immer offenen Türen der Leipziger Nikolaikirche symbolisiert wurde.

Der Tag endete mit einer dritten schlechten Nachricht: Die drei entführten Jugendlichen in Israel sind tot. Das alleine wäre schon traurig genug, aber es ist auch klar, dass sich die Spirale der Gewalt dadurch noch weiter drehen wird. Ich will jetzt gar nicht weiter auf die vielfältigen Hintergründe des Konflikts eingehen. Wichtig wäre auf allen Seiten der unbedingte Wille zum Frieden, aber das schreibt sich so leicht.