Post aus Karlsruhe

Mein Anwalt hat mir Post aus Karlsruhe weitergeleitet. Am Bundesverfassungsgericht ist vor drei Tagen die Klageerwiderung von Bundesregierung und Bundesinnenministerium wegen meiner Beobachtung durch den Verfassungsschutz eingegangen. Es überrascht nicht, dass die Anwälte der Bundesregierung nicht mit mir übereinstimmen, dass die Beobachtung durch den Verfassungsschutz nicht zulässig ist. Sie argumentieren vielmehr, dass meine Klage dagegen nicht zulässig sei.

Schön ist, dass durch das Schreiben der ganze Prozess wieder ein Stückchen vorwärts geht und es hoffentlich im Herbst zur Verhandlung in Karlsruhe kommt. Schön ist auch, dass im Text der Anwälte von Frau Merkel und Herrn Friedrich alle Punkte des bisherigen Rechtsstreites noch einmal schön zusammengefasst haben. Da kann jede und jeder nachlesen, warum das Bundesamt für Verfassungsschutz meint, Zeitungsausschnitte über mich sammeln zu müssen und warum ich die sorgsam ins Album eingeklebten Artikel nicht vollständig einsehen darf, sondern nur mit geschwärzten und herausgenommenen Seiten. Hier ist das komplette Schreiben herunterladbar. Hinweise dazu gerne in der Kommentarfunktion oder per Mail.

In einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags wurde inzwischen übrigens eingeschätzt, dass auch das Sammeln von Zeitungsausschnitten durch den Bundesverfassungsschutz nicht grundlos erfolgen darf. Und als Grund reicht da nicht einfach die Mitgliedschaft eines Abgeordneten in der LINKEN, sondern wenn man diesen Punkt anführt, dann muss ein nachvollziehbares Ziel dahinter stehen. Bei Politikern, so heißt es in dem Gutachten, könnte dieses Ziel eigentlich nur sein, Material für ein mögliches Verbot der entsprechenden Partei zu sammeln. Da bin ich ja wirklich auf die Verhandlung in Karlsruhe gespannt, ob die Bundesregierung dann sagt, dass sie LINKE-Abgeordnete beobachten lässt, weil sie die ganze Partei verbieten lassen will. Bisher kannte ich solche Äußerungen nur vom CSU-Generalsekretär Dobrindt und den habe ich ehrlich gesagt noch nie ernst genommen.

Das Schreiben der Anwälte hat mich jedenfalls gestern schön an meinem Schreibtisch beschäftigt. Trotzdem habe ich es mir nicht nehmen lassen, gestern Abend noch nach Weimar zum TLZ-Weinfest „Auf einen Schoppen bei Goethe“ zu fahren. Das ist immer eine sehr gelungene Veranstaltung und man trifft viele bekannte Gesichter. So hatte ich unter anderem noch ein nettes Gespräch mit dem Thüringer Innenminister Geibert. Nur gut, dass die TLZ das nicht dokumentiert hat. Wenn die Kollegen vom Verfassungsschutz, das in der Zeitung gelesen hätten, wären sie doch völlig verunsichert gewesen, ob sie das ausschneiden und einkleben dürfen – oder eben nicht. In deren Haut möchte man auch nicht stecken.