Spannende Gespräche am Nil
Meine Wochenplanung gerät durcheinander als der Vorsitzende der Rosa-Luxemburg-Bundesstiftung, Heinz Vietze, mich bittet, ihn mit nach Kairo zu begleiten. Seit dem die Konrad Adenauer Stiftung beträchtliche Probleme bei ihrer Arbeit in Ägypten hat, steht auch das von unserer Stiftung dort geplante Büro auf dem Prüfstand.
Als Vorstandsmitglied begleite ich Heinz. Unser Büroleiter aus Ramallah, Peter Schäfer ,kommt auch zu dem Treffen geflogen. Peters Arbeit in der Westbank konnte ich ja beim Besuch der Fraktionsvorsitzenden im Januar schon erleben und ihn mit vielen Fragen löchern. Wenn man etwas vom Nahen Osten verstehen will, lohnt es sich hinzufahren und vor Ort mit möglichst vielen unserer Partner direkt zu sprechen. Wir wollten uns ein Bild machen und erst dann entscheiden, ob unsere RLS als NGO in Kairo arbeiten kann oder ob es besser ist nach Tunis auszuweichen. Am ersten Abend sehen wir schon bei der Fahrt vom Flughafen ein gigantisches Polizeiaufgebot an einem Gebäude direkt neben der Hauptmagistrale. „Gigantisch“ ist eine Untertreibung, denn die Polizeieinsätze von Heiligendamm (G8 Gipfel 2007) oder Dresden jedes Jahr im Februar sind hierzu kein Vergleich. Ich habe in meinem Leben schon viel Polizei gesehen, aber so ein Großaufgebot noch nicht.
Am nächsten Morgen erkundigen wir uns und erfahren das wir am Büro der Präsidentenwahl vorbeigekommen sind. Dort drohte an dem Abend, dass die Anhänger eines nicht zugelassenen Kandidaten sich gewaltsam Zutritt verschaffen wollten. Die Frage der Zulassung oder Nichtzulassung begegnet uns überall und jeder Gesprächspartner äußert seine Vermutungen. Man merkt die große Unsicherheit die überall, durch die noch nicht abgeschlossenen Präsidentenwahlen, herrscht. Ebenso spüren wir aber auch die mit der Wahl verbundenen Hoffnungen.
Am Tahrir-Platz besuchen wir dann die Zelte, sprechen mit Aktivisten und können die völlig zerstörte Parteizentrale der Mubarak Partei (NDP) betrachten. Kleingeschossen und ausgebrannt, ein Mahnmal für Parteien die glauben die ewige Wahrheit gepachtet zu haben. Ein paar Meter erleben wir dann noch eine Protestaktion vor dem Gerichtshof. Aktivisten der Revolution verlangen die Herausgabe einer ihrer Anführer. Eine beeindruckende Aktion. Schnell, laut und mobil. Sofort im Netz (Hier ein kurzes Video von der Aktion.). Es kommen einfach ständig Menschen dazu und machen mit. Hier ist Solidarität spürbar. Aber auch eine Besonderheit verblüfft mich. Frauen mit und ohne Kopftuch sind unter den Demonstrierenden. Auch eine voll verschleierte Frau reiht sich ein und skandiert die Rufe nach Freiheit mit.
Hier geht es zu den Bildern aus Kairo.