Sinti und Roma Dokumentationsstätte in Heidelberg

Den Grund meiner Reise nach Heidelberg hatte ja schon meine Pressemitteilung vom Sonntag gut beschrieben. Bevor jedoch das Treffen mit Romani Rose, dem Vorsitzenden des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma und unsere Bundestagsabgeordnete Kathrin Senger-Schäfer stattfindet, habe ich noch Zeit meinem Wahlkreismitarbeiter kurz die schöne Heidelberger Altstadt zu zeigen. Unserem Fahrer und den freien Straßen sei dank für den kurzweiligen Rundgang.

Zum Treffen hat uns Herr Rose persönlich begrüßt und uns durch die in Heidelberg ansässige Gedenkausstellung geführt und uns diese erklärt. So erfahren wir komprimiert beeindruckende Informationen. Zum Beispiel wurden die letzten rassistischen Erfassungsmerkmale bei der Polizei erst Anfang der 80er abgeschafft. Wir bekommen einen Einblick in die Nichtaufarbeitung nach 1945. So war beispielsweise Eva Justin nach dem Krieg als Kriminalpsychologin und Jugendpsychiaterin für die Stadt Frankfurt am Main tätig. Während des II Weltkrieges hat sie in der katholischen St. Josefspflege in Mulfingen an 40 Sinti- und Romakindern rassistisch-grausame Experimente durchgeführt,  von denen nur vier den Krieg überlebten.

Das sind nur zwei Beispiele der sehenswerten Ausstellung. Dieses Kapitel der NS-Geschichte wird oft genug übersehen, totgeschwiegen oder einfach übergangen.
Das hat sich deutlich am 50. Jahrestag der Befreiung Buchenwalds gezeigt, zu der Romani Rosi nicht eingeladen war. Erst meine heftige Intervention hat eine offizielle Teilnahme ermöglicht.

Mit dem Mitarbeiter der Sinti- und Roma Gedenk- und Kulturstätte, Silvio Peritore, der uns ebenfalls begleitet, sind wir uns einig, dass es nicht reicht nur die Geschichte aufzuarbeiten, sondern es muss uns eine Warnung sein, dass das Demokratiedefizit nicht immer größer wird. Vertreibung und Schikane, die aktuell wieder gegenüber Sinti und Roma passiert ist besorgniserregend. Der Antiziganismus in Ungarn ist erschreckend. Die Kaltschnäuzigkeit, mit der in Frankreich und Italien durch Bruch von internationalen Verträgen diese Volksgruppe rechtlos gestellt wird und einfach per Flugzeug abgeschoben wird ist alarmierend.

Herr Rose erzählt mit aktuellem Bezug zum NSU-Terror, dass nach der Hinrichtung der Thüringer Polizistin Michèle Kiesewetter in Heilbron, sofort der ungeheuerliche Verdacht ausgesprochen wurde, dass diese Hinrichtung eventuell von „Zigeunern“ oder Personen aus dem „Zigeunermilieu“ begangen wurde. Diese abscheuliche Belastung zog sich durch, bis die wahren Täter identifiziert wurden.

Den rassistischen Charakter der Morde konnten oder wollten die staatlichen Sicherheitsbehörden nicht erkennen. Täterzuordnungen mit rassistischen Merkmalen waren damals jedoch schnell formuliert. Es geht nicht nur um Naziterroristen, sondern es geht auch um rassistische Urängste, die offenbar noch tief verankert sind.

Romani Rose wird uns über dieses Thema für unser Buch über den NSU-Terror ein Kapitel beisteuern. Vielen Dank dafür schon einmal im voraus.

Nachdenklich fahren wir nach Ludwigshafen, wo ich am Abend einer Einladung von Kathrin Senger-Schäfer folge. Auch wenn der Termin vorher harter Toback war, freue ich mich doch, dass ich  dem „verspäteten Neujahrsempfang“ der Abgeordnetenkollegin beiwohnen kann. Vor mehr als 50 Gästen hatte ich gleich die Möglichkeit auf auf das eben besuchte Dokumentationszentrum der Sinti und Roma hinzuweisen. Der NSU-Terror war ein weiteres Thema, dem ich der Zuhörerschaft aus Thüringer Sicht berichten konnte. Auch die beiden hochaktuellen Themen kamen zur Sprache. Einerseits ging es um den für mich unwählbaren „Präsidenten der kalten Herzen“, Joachim Gauck. Andererseits um die 130 Milliarden Euro die der Bundestag gerade den Banken zur Verfügung gestellt hat. Dabei ist Griechenland nicht das Problem, sondern dass wir 20 Jahre auf dem Rücken ganz Europas gelebt haben, weil z.B. die Löhne der Arbeitnehmer nicht hoch genug sind und die Steuern für den Kapitalverkehr zu niedrig sind. In Griechenland werden aktuell immer mehr Kinder in Kinderheime gegeben, weil die Eltern diese nicht mehr ernähren können. Das ist eine Schande für alle Europäer.