Ein Schwergewicht verabschiedet sich
Gestern Abend war ich beim Chanukka-Ball der Jüdischen Landesgemeinde und wie jedes Mal seit 17 Jahren hält Wolfgang Nossen die Eröffnungsrede. Die Anwesenden erwarten die Rede mit Spannung, schließlich gibt es jedes Jahr auch in eine oder mehrere Richtungen sehr kritische Bemerkungen. Diesmal aber überraschte Wolfgang Nossen in anderer Form: Er kündigte seinen Rückzug von der Spitze der Jüdischen Landesgemeinde an.
Damit verabschiedet sich ein echtes Schwergewicht von der gesellschaftspolitischen Bühne im Freistaat. Unter der Führung von Wolfgang Nossen ist die Jüdische Gemeinschaft in Thüringen von 50 auf 800 Mitglieder gewachsen. Vor allem aber verstand er es, das Judentum – seine Existenz und Tradition – wieder in das alltägliches Bewusstsein unseres Landes zu bringen. Er hat hervorragende Arbeit geleistet und es bleibt zu hoffen, dass er sich auch ohne Amt weiterhin in gesellschaftliche Debatten einmischt. Für die Nicht-Erfurter hier noch eine kleine Anekdote, die anscheinend typisch für die Landeshauptstadt ist. Nachdem vor einiger Zeit schon Bernd das Brot aus der Innenstadt entführt wurde, gab es nun einen ähnlichen Vorfall der allerdings (noch stärker) an Blasphemie grenzt. Aus der Krippe auf dem Weihnachtsmarkt wurde das Christuskind mitsamt zwei der heiligen drei Könige gestohlen. Da hat offensichtlich jemand hemmungslos zum Akkuschrauber gegriffen, denn ungeschützt lag das Kind sicher nicht in der Wiege. Während die Könige in der Nähe der Krippe gefunden wurden, tauchte das Christuskind erst nach 48 Stunden wieder auf. Es passieren wirklich eigenartige Dinge in der Weihnachtszeit.