Wagnis Demokratie

Als Willy Brandt vom „mehr Demokratie wagen“ gesprochen hat, hatte er sich bestimmt genau überlegt, was er sagt. Ein Wagnis ist etwas, das auch schief gehen kann. Das hieße im einfachsten Fall, dass nicht das erhoffte Ergebnis „hinten rauskommt“ – was ja laut Helmut Kohl das Entscheidende sei. Ich bleibe lieber bei Brandt als bei Kohl und sage, es ist richtig, dass in Griechenland nun endlich das Volk entscheiden darf, wie es mit ihm weitergehen soll. Und angesichts der Aufregung an den Finanzmärkten und der damit begründeten Kritik am Referendum, erleben wir eine anschauliche Demonstration des Phänomens, dass wohl zurecht als „Diktatur der Märkte“ bezeichnet wird. Umso wichtiger ist es, endlich die Menschen in diesem Prozess zu aktiv handelnden Bürgern zu machen, als ihnen lediglich Entscheidungen zu verkaufen. Die Griechenland-Frage spielt auch in unserer Fraktionssitzung eine Rolle. Wir nehmen die Debatte zum Ausgangspunkt, um unsere Forderung zu erneuern, dass auch in Thüringen Volksentscheide zulässig sein sollten, auch wenn sie finanzielle Folgen haben. Wir handeln schließlich mit dem Geld der Steuerzahler, da ist es doch Quatsch ausgerechnet bei Finanzthemen zu sagen, „Wir klären das ohne dich, lieber Bürger“.

Nach der Fraktionssitzung habe ich den Mittwoch im Landtag mit Schreibtischarbeit verbracht, wozu die Nachbereitung des letzten Samstags und einiger Verwaltungskram gehört. Mittwochabend war ich bei einer Veranstaltung der Friedrich Ebert Stiftung mit dem Titel „Marx.Macht.Markt – Wohin geht die Linke?“. Da diskutierte der Erfurter SPD-Abgeordnete Carsten Schneider und offensichtlich interessierte das eine Menge Leute, denn der Veranstaltungsort – die Schotte – war sehr gut besucht. Weil beide Diskutanten Finanzpolitiker sind, ging es natürlich auch um Griechenland und die Zukunft des Euros. Insgesamt war es ein guter Ansatz für einen rot-roten Diskurs und ein wirklich gelungener Abend.