Immer locker bleiben
Mit meiner Reflektion des gestrigen Tages fang ich mal hinten an, nämlich mit der letzten Nacht. Da erreicht mich die Meldung „Ramelow erwägt Austritt aus Partei“. Ja, ich habe immer gesagt, eine Partei, die sich im weltanschaulichen Sinne als laizistisch oder atheistisch versteht – somit intolerant gegenüber Religionen auftritt – kann nicht meine Partei sein. Ich möchte, dass DIE LINKE auch weiterhin eine plurale Partei ist, in der verschiedene Weltanschauungen, Glauben und Nicht-Glauben ihren Platz haben. Insofern will ich mich von dem Interview gar nicht distanzieren. Aber nach dem Wochenende und der Parteivorstandssitzung habe ich keinerlei Befürchtungen mehr, dass es auf dem Parteitag Beschlüsse geben könnte, die aus der LINKEN eine Weltanschauungspartei machen. Insofern ist das Interview – zum Glück – von der realen Entwicklung überholt. Ich hatte ja gestern schon hier geschrieben, dass Gesine Lötzsch und Klaus Ernst die Parteivorstandssitzung perfekt gemanagt haben und wir mit einem sehr guten Leitantrag in den Parteitag gehen, für den ich auch an jeder möglichen Stelle Werbung mache. Anders als es die Schlagzeile vom möglichen Parteiaustritt suggeriert, gehe ich mit sehr großer Zuversicht in das Parteitagswochenende. Wir werden einen fröhlichen, sonnigen Parteitag in unserem schönen Erfurt haben, davon gehe ich nach allem, was ich zuletzt von Genossinnen und Genossen gehört habe aus. Deshalb gilt: Immer locker bleiben.
Im Landtag, das will ich noch erwähnen, beschäftigt mich auch ganztägig die Parteitagsvorbereitung. Da geht’s vom einem Hintergrundgespräch ins nächste Vordergrundgespräch und wieder ins Hintergrundgespräch. Zwischendurch freue ich mich sehr über Post, die mich erreicht. Einmal bedankt sich Mobit (siehe Foto) für meinen Beitrag zur Jubiläumsfeier. Und dann erklärt sich Verdi ausdrücklich solidarisch mit mir wegen der Aufhebung meiner Immunität und sendet den Brief auch an die anderen Fraktionen im Haus. Danke für diese Unterstützung, die mir sehr wichtig ist!
Schließlich hier der am Wochenende im Parteivorstand einhellig verabschiedete Vorschlag zum Programmabschnitt Religion, den ich mittragen kann und daher hoffe, dass er so beschlossen wird:
„Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften
DIE LINKE verteidigt das Recht aller Menschen auf ein Bekenntnis zu einer Weltanschauung oder Religion. Sie tritt ein für den Schutz weltanschaulicher und religiöser Minderheiten. Laizismus bedeutet für uns die notwendige institutionelle Trennung von Staat und Kirche. [51.19.7. – TÜ; PR.232.1. sinngemäß; PR.68.1. entfällt durch Streichung.]
Wir stellen uns unserer historischen Verantwortung und haben die Lehren aus dem in der DDR begangenen Unrecht gegenüber Gläubigen gezogen. Bereits im Jahr 1990 hat der Parteivorstand der PDS sich zur Verantwortung an einer verfehlten Politik der SED bekannt, die tragische Schicksale, Benachteiligung, Verdächtigung und ohnmächtige Betroffenheit auslöste und die Gläubigen, Kirchen und Religionsgemeinschaften um Versöhnung gebeten. [PR.89. – TÜ]
DIE LINKE achtet die Kirchen und Religionsgemeinschaften, ihre soziale Tätigkeit und ihre Unabhängigkeit.
Allerdings müssen die Grundrechte und Arbeitnehmerrechte auch in den Kirchen und Religionsgemeinschaften und in deren Einrichtungen Geltung haben, auch das Streikrecht und das Betriebsverfassungsgesetz [PR.93.3.].
Niemand, der sich nicht bekennt, darf in irgendeiner Weise benachteiligt werden. Wir wenden uns gegen jeglichen politischen Missbrauch von Religion. Schulen sollen Wissen über Religionen vermitteln und die wechselseitige Toleranz der Glaubensgemeinschaften fördern. Der Unterricht ist im Rahmen des Bildungsauftrags des Staates durch staatlich anerkannte Lehrkräfte zu leisten, unabhängig von kirchlicher oder religionsgemeinschaftlicher Einflussnahme. [PR.120., PR.232.3.]“