Für ein Europa der Solidarität statt der Märkte
Am 21. Juni hielt Friedhelm Hengsbach, einer der bekanntesten Sozialethiker der Bundesrepublik, einen Vortrag beim Sommerfest der politischen Stiftungen in Brüssel. Dieses Fest durfte in diesem Jahr von der Rosa-Luxemburg-Stiftung organisiert werden und nun ist sein Vortrag in der redigierten Fassung als neues Standpunkte-Papier der RLS veröffentlicht worden. Ich möchte den Text sehr zum Lesen empfehlen, weil Hengsbach darin deutlich macht, welche Risiken aber auch welche Chancen sich aus dem Versagen der Märkte ergeben. Europa muss endlich wieder als politisches, soziales und kulturelles Projekt angegangen werden und nicht nur als wirtschaftliches. Die Stärke der EU muss darin bestehen, den Menschen Chancen zu eröffnen, die sich auf nationalstaatlicher Ebene nicht erreichen lassen – direktdemokratische Elemente, ein europäischer Mindestlohn, ein Hochschulausbildung, die auch Zeit lässt für Austauschprogramme. Es gibt viele Ansätze für ein Europa der Solidarität, wir müssen es nur angehen. Von der Lektüre des Hengsbach-Textes abgesehen, war der Montag auch spannend, weil Al-Dschasira für ein Interview bei mir im Landtagsbüro zu Gast war. Es ging um zwanzig Jahre Wiedervereinigung, die Erfahrungen des Umbruchs, Entwicklungen vor und nach der Wende, usw. – wirklich interessante zwei Stunden. Auch sprachlich war es spannend, denn die drei Journalisten kamen alle aus unterschiedlichen Ländern (England, USA und arabischer Raum) und die Deutschkenntnisse waren unterschiedlich gut ausgeprägt. Ich muss aber auch gestehen, dass ich bei solchen Anfragen, den Westerwelle mache und das Interview lieber in Deutsch gebe, als dass ich mich komplett auf Englisch einstelle. Das Resultat war, dass es ein munterer Mischmasch wurde, wo wir uns gegenseitig ergänzen und weiterhelfen, was wie gemeint war.