Pubertierende Partei
Der Dienstag beginnt im Landtagsbüro mit einer Besprechung zur Nachbereitung unserer Energiekonferenz. Wir müssen einerseits klären, wie wir die Ergebnisse geschickt kommunizieren – im Web und in analoger Form – und andererseits besprechen, welche Folgedebatten unbedingt geführt werden müssen. Schließlich wollen wir die herausgearbeitete Kompetenz weiterentwickeln und nicht stehen bleiben. Außerdem beschäftigt mich auch noch der Beschluss des „Kampfhundegesetzes“. Die Bürgerreaktionen, die ich dazu in den letzten Tagen bekommen habe, machen unglaublich deutlich, dass das Thema noch lange nicht vorbei ist und viele Menschen emotional berührt. Also werden auch wir uns weiter damit beschäftigen. Nach dem Mittag habe ich ein Gespräch mit zwei Redakteuren. Ursprünglich war ich um ein Essay für deren Blatt gebeten worden, und weil es zu lang war, sollte es nun in Interviewform laufen. Im Gespräch merken wir aber, dass die Erwartungen, die beide Seite an die Zusammenkunft haben, doch zu unterschiedlich sind, um daraus ein verwertbares Produkt zu machen. Mir geht es um den Entwicklungsstand der Partei und unseren Weg von der formalen Parteibildung zur Parteiwerdung, die noch lange nicht abgeschlossen ist. Ich würde es so ausdrücken, dass wir im Vergleich zur menschlichen Entwicklung gerade eine Art Pubertät durchmachen. Und wie im richtigen Leben finden da Auseinandersetzungen und Abgrenzungsprozesse statt, durch die man einfach durch muss, wenn man erwachsen werden will.
Bei Spiegel online lese ich dann, dass Dieter Graumann scharf mit unserer Partei ins Gericht geht, auch wenn er mich persönlich und einige andere von der Kritik ausnimmt. Auch hier denke ich, dass es einerseits Punkte gibt, die bei uns eindeutig und in der Zukunft auch schneller geklärt werden müssen. Andererseits nehme ich auch wahr, dass sich verkürzte Behauptungen zu einem Gesamtbild unserer Partei zusammensetzen, dass überhaupt nicht der Realität entspricht. Die einzelnen negativen Vorfälle müssen gewichtet und eingeordnet werden und dann wird deutlich, dass es beispielsweise keinen Parteibeschluss gibt, auch nicht in Bremen oder Duisburg, der auch nur annähernd als antisemitisch interpretiert werden kann.
Den Abend verbringe ich beim Jahresempfang der IHK, wo ich einen sehr spannenden Vortrag von Prof. Klemens Skibicki über soziale Netzwerke höre. Ich nutze die Chance die Ausführungen über das Web 2.0 gleichzeitig im Web 2.0 zu kommentieren. Dabei kann ich feststellen, dass Prof. Skibicki ein bisschen flunktert, was die Online-Kommentare zu seinem gerade geäußerten Bemerkungen angeht. Offensichtlich ist es unter den Empfangsbesuchern noch nicht so verbreitet, die digitale Welt immer gleich mitzudenken. Aber da gibt es bei uns in der Partei ja auch noch Entwicklungsbedarf ;-).