Erfurt für alle.
Als ich an diesem Freitag in den Pressespiegel schaue, fällt mir ein Artikel aus der TA auf, in dem es heißt, dass meine Partei durch den Parteitag im Herbst den „Erfurter Parteitag“ von 1891 für sich vereinnahme. Im Text werde ich auch mit dem Hinweis zitiert, dass wir der SPD ihre Wurzeln nicht streitig machen wollen. Aber ich denke, dass das schon noch etwas erklärungsbedürftig ist. In Erfurt war vor 120 Jahren noch nicht an eine Trennung in eine sozialistische und eine sozialdemokratische Partei zu denken. Die erfolgte erst nach der Zustimmung der Mehrheit der SPD zu den Kriegskrediten ab 1914. Insofern haben DIE LINKE und die SPD beide ihre Wurzeln auch in diesem Erfurter Programm und wir stehen als demokratische SozialistInnen gerne in dieser Traditionslinie. Der SPD wollen wir damit tatsächlich nicht wegnehmen, sondern fänden es sogar gut, wenn sie sich selbst deutlicher auf ihre ursprünglichen Ideale besinnen würde. Auch wenn Landtagssitzung ist, muss ich den Landtag zwischendurch kurz für einen Fototermin verlassen. Als Erfurter Abgeordnete lassen wir uns gemeinsam mit unserem Oberbürgermeisterkandidaten Michael Menzel für dessen Kampagnenstart fotografieren. Zufällig ist auch unsere Europaabgeordnete Gabi Zimmer in der Nähe und da machen wir natürlich auch mit ihr noch ein paar Bilder.
Am Nachmittag gibt es im Plenum leicht tumultartige Szenen. Es geht mal wieder um die Residenzpflicht und den Versuch, endlich diese unwürdige Regelung abzuschaffen. Katharina König spricht in ihrer Rede über die rassistische Kontrollpraxis, die aus der Residenzpflicht resultiert. Kollege Fiedler von der CDU nimmt das zum Anlass sich lautstark über eine angebliche Beleidigung der Thüringer Polizei zu empören und die CDU-Fraktion beantragt sogar eine Zusammenkunft des Ältestenrates. Hier wird ein Popanz aufgebaut, um damit eine falsche Entscheidung, nämlich die Beibehaltung der Residenzpflicht, zu rechtfertigen. Das ist schlechter Stil, denn Katharina hat keine Polizisten beleidigt, sondern eindeutig erklärt, dass durch die derzeitige Regelung ein Druck auf die Beamten aufgebaut wird, der zu einer Sortierung von Menschen nach äußeren Merkmalen und damit zu einer rassistisch wirkenden Praxis führt. Die Residenzpflicht abzuschaffen, das wäre eine Maßnahme, die der Polizei wirklich weiterhelfen würde, denn die Aufgabe der Kontrollen wird kaum jemand gern erledigen.