Alltag des Besonderen

Etwas Besonderes ist ja eigentlich etwas Außeralltägliches – so wie wenn man vom Großvater das Bonbon mit dem extra glänzenden Papier bekommt. Insofern hört sich „Sondersitzung“ des Landtags schon nach was an: Als gäbe es ein dringendes und großes Thema, das einer gesonderten Behandlung bedarf. Unsere Sondersitzung diente aber lediglich dem Zweck Liegengebliebenes aufzuarbeiten. Das ist grundsätzlich auch wichtig, nur sollten die Koalitionsfraktionen die Zeit nicht damit füllen, sich selbst für lange abgearbeitete Themen zu feiern. So geschehen bei der Anerkennung von Schulabschlüssen eines Spezialgymnasiums. Unsere Fraktion hatte das Problem schon vor einem Jahr in den zuständigen Ausschuss gebracht, wo eine schnelle Bearbeitung zugesagt wurde. Nun hatten es CDU und SPD noch einmal ins Plenum geholt, um sich dann selber auf die Schulter zu klopfen und einen Haken an die Sache zu machen. Toll.

Vielleicht braucht Schwarz-Rosa aber auch diesen Minimalerfolg gemeinsamer Anträge, denn bei den beiden Fraktionen ist längst Alltag, was eigentlich etwas Besonderes sein sollte: Interner Streit. Seit dem Jahreswechsel ist kein Tag vergangen, an dem man nicht in der Zeitung lesen konnte, dass die CDU etwas anderes will als die SPD und umgekehrt. Haushaltskonsolidierung, Gebietsreform, jetzt noch eine PKW-Maut – da fragt man sich, ob die überhaupt noch miteinander reden.

Besonderes und Alltägliches ist übrigens auch manchmal vom Aufenthaltsort abhängig. Wie ich jetzt gelesen habe, wurde nämlich im britischen Parlament das Twittern verboten. Ich könnte mir das gar nicht vorstellen, darauf zu verzichten. So sehr gehört Web 2.0 schon zum Alltag. Aber in Anbetracht der britischen Zustände kann ich es auch wieder als ein besonderes Privileg schätzen. Fast wie ein golden verpacktes Bonbon.