Eher Gürkchen statt Gurke

Der Arbeitstag im Landtag beginnt wie für einen Plenarmittwoch üblich mit der Fraktionssitzung. Wir diskutieren über die verschiedenen Anträge, die bis Freitag im Plenum beraten werden. Außerdem planen wir unsere Teilnahme am Friedensfest an Point Alpha, das leider teilweise parallel zur Landtagssitzung stattfinden muss. Nicht zuletzt sprechen wir auch darüber, dass wir für Benno eine Abschiedsfeier organisieren wollen, so wie er selbst sie sich gewünscht und vorgestellt hat.

Nach der Fraktionssitzung treffe ich eine Gruppe von Gymnasiasten aus Eisenach, die mich im Landtag besuchen. Ich wurde vor einigen Wochen auf die jungen Leute aufmerksam, weil einer von ihnen regelmäßig bei Twitter schreibt. In der Diskussion erlebe ich Mädchen und Jungen, die mit großem Interesse politische Prozesse beobachten und dabei hellwach Inhalte einschätzen und bewerten. Dass sie das aus einem eigenen Blickwinkel machen, ist stimmig und insgesamt hinterlässt die Gesprächsrunde bei mir ein sehr positives Gefühl, weil es eben genau dem Bild der Politikverdrossenen Jugend widerspricht.

Wenn die Jungen und Mädchen schon mal da sind, lade ich sie gleich noch ein, den Beginn der Plenarsitzung von der Besuchertribüne aus zu verfolgen. Im Plenum haben wir dann eine Aktuelle Stunde, die so aktuell ist wie nie zuvor. Das Thema lautet Opel und ca. eine halbe Stunde vor Beginn der Debatte läuft über die Agenturen die Meldung, dass Opel auf alle Bürgschaften verzichten will. Diese Absage ist eine Folge des Umgangs mit Opel durch die politischen Verantwortungsträger im Bund. Erst gab es eine Ermutigung Unterstützung zu beantragen, dann wurde Opel öffentlich anderthalb Jahre lang schlecht geredet und schließlich verweigerte Wirtschaftsminister Brüderle die Bürgschaft. Das ist wirtschaftspolitisch völlig verantwortungslos, hält aber die Thüringer FDP nicht davon ab, heute im Landtag die Entscheidung zu verteidigen. Herr Barth, Herr Kemmerich und Co. hätten lieber eine Pleite von Opel gesehen und meinen, das Land müsse sich um Ersatzarbeitsplätze für die Eisenacher beschäftigten kümmern. In dieser Einschätzung steckt so viel Zynismus und Mangel an politischen Konzepten, dass die Gurke, die Minister Machnig heute als Sinnbild für die „Gurkentruppe“ mit in den Landtag gebracht hatte, eigentlich gar nicht richtig passt. Treffender wären wohl kleine Gürkchen, die nur eingelegt zu verzehren sind. Mit Frische hat das Angebot der FDP jedenfalls gar nichts zu tun.

Die Plenarsitzung endet mit der Wahl der Wahlfrauen und –männer für die Bundesversammlung in zwei Wochen. Da keine schriftliche Wahl beantragt ist, beschließt der Landtag in offener Abstimmung einstimmig die Entsendung aller Vorgeschlagenen. In unserem Fall sind das neben neben Birgit Klaubert, Knut Korschewsky und meiner Wenigkeit auch die Erfurter Pröpstin Elfriede Begrich, der Jenaer Soziologie-Professor Klaus Dörre und die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Weimar Andrea Wagner.