Berlin, bitte übernehmen sie.
Es ist wieder ein Tag mit Überraschungen. Am Morgen bin ich im Landtag und erfahre dort, dass um zehn eine Solidaritätskundgebung für „Emmely“ stattfindet, die heute ihren Prozess vor dem Bundesarbeitsgericht hat. Als ich die Info bekomme, ist es allerdings schon fünf vor zehn, also heißt es Beine in die Hand nehmen und den Tag umplanen. Zum Umplanen gehört, dass ich ausgerechnet am heißesten Tag des Jahres meinen Termin mit Herrn Frost um eine Stunde verschieben muss. Von unterwegs muss ich auch noch mit Herrn Winter telefonieren, wobei das ebenso wenig gegen das Schwitzen hilft. Zum Glück schaffe ich es noch rechtzeitig zum Arbeitsgericht und kann Emmely viel Erfolg für die Verhandlung wünschen.
Zurück im Landtag treffe ich Herrn Frost zu unserem jährlichen Termin, bei dem er mir wieder viele neue spannende Projekte vorstellt und auch über den Fortgang bereits bestehender Unternehmungen (ein Gründer-Netzwerk, die Thüringer Wald-Card und vieles mehr) berichtet. Er erzählt mir auch von einem echten Schildbürgerstreich im Zusammenhang mit dem Spezialgymnasium für Sprachen in Schnepfental. Dort legen die Schüler bereits nach dem 10. Schuljahr ihre Abi-Prüfung in Englisch ab und lernen anschießend muttersprachliches Englisch auf Hochschulniveau. Das ist alles hervorragend nur taucht dann am Ende der 12. Klasse auf dem Abiturzeugnis keine Englisch-Note auf. Das ist in dem Zeugnisformular schlicht nicht vorgesehen. Dabei müsste es sich doch einfach regeln lassen, dass die vorhandenen Kenntnisse auch formal bescheinigt werden.
Nach dem Gespräch eile ich zur Vorstellung des Buches unseres früheren Landtagsdirektors Joachim Linck. Es trägt den Titel „Wie ein Landtag laufen lernte“ und präsentiert wird es von Bernhard Vogel. Die Veranstaltung ist sehr gelungen, denn die Vorstellung ist unterhaltsam und es ist eine gute Gelegenheit viele Abgeordnete der ersten Stunde zu treffen, die alle gespannt sind, was da aufgeschrieben wurde. Meine Wenigkeit kommt auch darin vor und im persönlichen Gespräch bescheinigt mir Joachim Linck eine große Ehrlichkeit. Das wiederum ehrt mich.
Am Nachmittag melden die Nachrichtenagenturen die schöne Überraschung, dass das Arbeitsgericht tatsächlich zu Gunsten von Emmely entschieden hat. Eine derartige Bagatelle kann nicht das Vertrauen von 30 Jahren seriöser Arbeit zerstören. Auf dem Anger findet spontan eine Solidaritätsfeier mit und für Emmely statt, denn erst ihre bewundernswerte Ausdauer hat diesen Erfolg möglich gemacht. Jetzt gilt es aber auch die Konsequenzen zu ziehen. Alle, die dieses heutige Urteil begrüßen, müssen sich auch in Berlin dafür einsetzen, dass wir ein Arbeitsgesetzbuch bekommen, dass solche willkürlichen Bagatellkündigungen grundsätzlich untersagt. In Sachen Arbeitnehmerschutz gibt es in der Bundesrepublik viel Nachholbedarf und der Bundestag muss sich jetzt endlich des Themas annehmen.