Jahrestag
Gleich mehrere schreckliche Ereignisse haben am 26. April Jahrestag: Die Zerstörung der Stadt Guernica, die Picasso zu seinem berühmten Bild veranlasste; die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl und der Amoklauf am Gutenberg-Gymnasium vor acht Jahren. Letzteres ist für mich noch immer ungeheuer präsent. Wenn ich daran denke, höre ich gleich wieder die Sirenen und sehe das Gesicht des damaligen Oberbürgermeisters vor mir, als er gerade aus dem Schulgebäude kommt. Das sind Erinnerungen, die einen wohl nie wieder loslassen. Zu den Menschen, die damals grausam getötet wurden, zählt auch unser Freund und Genosse Hans Lippe. Um ihn zu ehren, bin ich heute gemeinsam mit dem Erfurter Linke-Stadtvorsitzenden Steffen Kachel und drei Genossen aus seiner BO zum Grab von Hans gegangen.
Wenn wir uns fragen, was wir aus den Geschehnissen von damals lernen können, dann ist es wohl – einfach gesagt – dass wir uns als Gesellschaft um unsere Kinder kümmern müssen. Wir müssen ihnen Perspektiven zeigen und sie entsprechend ihren Fähigkeiten fördern. Andererseits gibt es auch beim Waffenrecht noch immer Handlungsbedarf: Wir brauchen ein bundesweites zentrales Waffenregister. So wie es in Flensburg ein Verkehrszentralregister gibt, brauchen wir etwas Vergleichbares für Schusswaffen.
Neben dem Gedenken an 2002 hat mich heute vor allem die Debatte um die „Kruzifix-Äußerungen“ von Aygül Özkan beschäftigt. Frau Özkan hat völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass Kruzifixe nicht in Klassenzimmer gehören und was ihr nun entgegenschlägt ist die typische Empörung, die aufflammt, wenn eines der vielen westdeutschen Tabus angetastet werden soll. Dabei hat das Bundesverfassungsgericht schon 1995 entschieden, dass es die Religionsfreiheit von Nicht-Christen beeinträchtigt, wenn sie im Schatten des Kreuzes die Schulbank drücken müssen. In unserer Gesellschaft leben Menschen mit unterschiedlichster Religionszugehörigkeit und auch Viele, die gar keiner Religion angehören. Daher muss die Trennung von Staat und Kirche auch praktisch umgesetzt werden. Die rot-rote Landesregierung in Berlin hat in dieser Frage Maßstäbe gesetzt und andere Länder könnten sich ein Beispiel daran nehmen.